Familiärer Erfolgsdruck
Kennedy ist vor allem eins: sein Leben lang krank. Und das schon als Kleinkind. Mehrfach wäre er fast gestorben. Alles, was dem Image schadet, wird so gut wie möglich klein gehalten, darin sind die Kennedys meisterhaft. Die Kennedys sind so etwas wie die Kardashians ihrer Zeit: eine sehr wohlhabende Familie, die die Medien geschickt für sich zu nutzen weiß. Alles dient einem Zweck: Ansehen und Ruhm der Familie zu mehren. Liebe und Zuneigung der Mutter dagegen, das kennen John Fitzgerald Kennedy – privat Jack genannt – und seine acht Geschwister nicht. "Sie wurden dazu erzogen, niemals zu weinen. Sie wurden jeden Abend am Esstisch dazu gedrillt, über jedes aktuelle Ereignis Bescheid zu wissen. Rose Kennedy war keine liebevolle Mutter. Ich glaube nicht, dass sie ihre Kinder jemals umarmt hat." (Alyson Holland, Podcasterin "Kennedy Dynasty")
Zwielichtige Geschäfte
Dass die Kennedys sehr reich sind, das verdanken sie dem Familienpatriarchen Joseph Kennedy – der hatte mit geschickten Geschäftspraktiken und dubiosen Machenschaften ein Millionenvermögen angehäuft, ziemlich sicher auch unterstützt von der Mafia. Und Joseph Kennedy ist es auch, der für seine Familie Großes im Sinn hat: Der älteste Sohn soll Präsident werden. Gemeint ist nicht Jack, sondern Joe jr. – der Golden Boy, der Liebling der Familie, der seinen kleinen, kränklichen Bruder Jack bei jeder Gelegenheit mobbt. Aber Joe jr. kommt im Zweiten Weltkrieg um. Und so wird ganz plötzlich das Kriegsjahr 1944 zu einem Schicksalsjahr für Jack. Als zweitältester Sohn ist es jetzt seine Aufgabe, die Träume des dominanten Vaters zu erfüllen. Dass er in der Lage ist, trotz seiner Gesundheitsprobleme Großes zu vollbringen, das hatte er bereits im Zweiten Weltkrieg bewiesen. Nachdem sein Patrouillenboot bei einem Zusammenstoß mit einem japanischen Kriegsschiff im Pazifik gesunken war, rettete er a
ls junger Leutnant fast die gesamte Besatzung. Er wird – auch dank geschickter Vermarktung – als Kriegsheld gefeiert und steigt mit tatkräftiger Unterstützung seines Vaters in die Politik ein.
Eine Ehefrau, unzählige Geliebte
Diana de Vegh, eine seiner vielen Affären ist überzeugt: "Das hat auch etwas Trauriges an sich. Ich glaube, er war ein Mann, der die Rolle erfüllte, die für ihn vorgesehen war." Zu dieser vorgesehenen Rolle gehört eine adäquate Ehefrau. 1953 wird Jacqueline Lee Bouvier dafür auserkoren. Die junge, modebewusste Journalistin aus gutem Haus passt perfekt zum Masterplan von Kennedys Vater. Aber wollte sein Sohn überhaupt heiraten? Historikerin Barbara Perry meint: "Ich glaube, Jack Kennedy wäre glücklich gewesen, wenn er für immer Junggeselle geblieben wäre. Aber sein Vater, der großen Einfluss ausübte, sagte zu ihm: `Die Leute werden denken, du bist homosexuell, wenn du nicht heiratest.`" Nach außen gibt sich Jack als liebender Ehemann und Familienvater, aber die Ehe wird durch seine zahlreichen Affären schwer belastet. Auch sie sei eine der Geliebten gewesen, sagt Diana de Vegh. Die damalige Studentin lernt Kennedy Ende der 1950er Jahre bei einer Wahlkampfveranstaltung kennen und begin
nt eine Beziehung mit ihm, über die sie in der Serie sehr offen spricht. Jackie will sich wegen der vielen Affären zwischenzeitlich sogar von ihrem Mann scheiden lassen, bleibt aber dann doch – offenbar bestochen von Kennedys Vater – bei ihm.
Präsident mit Strahlkraft
1960 kandidiert Kennedy für die Präsidentschaft. Sein positives Image verdankt er dabei seinem Charme und der für die Kennedys oft so typischen medialen Inszenierung. Nach einem spektakulären Kopf-an-Kopf-Rennen schafft er es – auch dank der vielen Millionen, die sein Vater in den Wahlkampf steckt – ins Weiße Haus. Jack erfüllt seines Vaters Traum. Die Herausforderungen sind groß, die Erwartungen an den jüngsten jemals gewählten Präsidenten auch. Der Kalte Krieg spitzt sich zu und die Bürgerrechtsrechtsbewegung verlangt ein Ende der Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung. Doch Kennedy geht zunächst nur zögerlich auf die Forderungen der Black Community ein. Nialah Edari, eine junge Bürgerrechtsaktivistin, sieht ihn heute kritisch: "Viele afroamerikanische Familien hatten ein Bild von Präsident Kennedy, Martin Luther King und Jesus in ihrem Haus. Sie glaubten, dass Kennedy mit ihnen und der Bewegung sympathisierte, auch wenn ich und viele aus meiner Generation seine Bemühun
gen als das absolute Minimum ansehen."
Visionen und Fehleinschätzungen
Seine zurückhaltende Reaktion auf den Bau der Berliner Mauer bringt ihm viel Kritik ein, und die Invasion Kubas 1961 wird zum militärischen Fiasko. Erst im Laufe der Jahre wird aus dem charismatischen Lebe- ein angesehener Staatsmann. Mit Hartnäckigkeit und Besonnenheit gelingt es ihm, während der Kuba-Krise 1962 einen Atomkrieg zu vermeiden. Er forciert das US-Mondprogramm, ebnet dem Civil Rights Act den Weg und wird nach seiner berühmten Berlin-Rede zum Liebling der westdeutschen Bevölkerung. Der Historiker Thomas Gijswijt: "Berlin war für Kennedy ein Höhepunkt seiner Präsidentschaft. Er hat danach im Flugzeug gesagt: ,Einen Tag wie diesen werde ich nie wieder erleben.´"
Tragischer, ikonografischer Held
Er ist auf dem Höhepunkt seiner Macht, als vor 60 Jahren, am 22. November 1963 die Schüsse in Dallas fallen und aus dem strahlenden Hoffnungsträger die Legende JFK wird. Er hinterlässt eine große Lücke. "Ich denke, dass Kennedy in vielerlei Hinsicht der unvollendete Held ist. Er war kein Schauspieler. Aber ich betrachte ihn dennoch als den größten amerikanischen Filmstar. Die Amerikaner lieben diesen Mythos so sehr, dass sie ihn nicht aufgeben werden, egal wie sehr an ihm gekratzt wird." (John Hellmann, Medienforscher)
Produktion
"Kennedy – Schicksalsjahre eines Präsidenten" ist eine Produktion von Looks Film im Auftrag von SWR (Federführung) und NDR.
Weitere Informationen unter: http://swr.li/…
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