Experteninterview: Inklusion und Fortschritt in der Behandlung von Querschnittlähmung

Heute ist Internationaler Tag der Querschnittlähmung, besonders im Fokus steht dieses Jahr das Thema Inklusion. Im Rahmen eines Experteninterviews haben wir mit Chefarzt Dr. Axel Hempfing, dem Leiter des Zentrums für Rückenmarkverletzte an der Werner Wicker Klinik, sowie mit Alexander Huber, einem Patienten der Klinik, über die Aspekte der Inklusion und den medizinischen Fortschritt bei der Behandlung von Querschnittlähmung gesprochen.

Die Kernbereiche des Zentrums für Rückenmarkverletzte

Interviewer: Dr. Hempfing, könnten Sie uns bitte zu Beginn einen Einblick in die Kernbereiche des Zentrums für Rückenmarkverletzte geben?

Dr. Hempfing: Unser Zentrum legt den Fokus auf eine umfassende Behandlung von Menschen mit Querschnittlähmung. Wir spannen den Bogen von der akuten Erstversorgung bis hin zur Bewältigung der mit Lähmungen verbundenen Herausforderungen. Hier kommen operative und konservative Therapien zum Einsatz. Unser Anspruch ist es, nicht nur die körperliche Genesung zu unterstützen. Mit unserem ganzheitlichen und interdisziplinären Behandlungsansatz fördern wir zusätzlich die soziale und psychische Integration unserer Patienten.

Die Bedeutung von Inklusion in der Werner Wicker Klinik

Interviewer: Dr. Hempfing, wie setzen Sie das Konzept der Inklusion in Ihrer Abteilung und Klinik um?

Dr. Hempfing: Inklusion ist für uns ein zentraler Wert. Wir möchten unsere Patienten nicht nur behandeln, sondern ihnen auch ermöglichen, aktiv am gesellschaftlichen, familiären und beruflichen Leben teilzunehmen. Unsere Einrichtung und Behandlungsansätze sind darauf ausgerichtet, soziale Integration zu fördern und Barrieren zu beseitigen. Wir handeln mit medizinischem Weitblick, um nach der Entlassung eine bestmögliche Teilnahme am Leben zu ermöglichen.

Persönliche Erfahrungen mit Inklusion

Interviewer: Herr Huber, könnten Sie uns näher erzählen, was Inklusion für Sie persönlich bedeutet?

Alexander Huber: Seitdem ich Rollstuhlfahrer bin, hat sich meine Perspektive auf Inklusion natürlich im wahrsten Sinne des Wortes verändert. Nach meiner Verletzung fühlte ich mich oft isoliert und abgeschnitten, aber die Klinik hat mir gezeigt, dass ich noch immer ein erfülltes Leben führen kann. Ich lebe nicht mit der Querschnittlähmung, sondern die Querschnittlähmung mit mir. Die verschiedenen Therapieangebote in der Werner Wicker Klinik von psychologischer Unterstützung über praxisnahes Rollstuhltraining oder das Üben von Alltagssituationen und individuelle Anpassung meines Rollstuhls mit den Ergotherapeuten haben mir geholfen, wieder in Bewegung zu kommen, meine persönlichen Ziele zu erreichen und mein Selbstvertrauen zurückzugewinnen. Selbst kleine Gesten können einen erheblichen Einfluss auf die Inklusion von Menschen haben. Ein wichtiger Schritt ist das Beachten der Barrierefreiheit in öffentlichen Bereichen, wie das Freihalten von Parkplätzen für Menschen mit Behinderungen. Darüber hinaus ist es entscheidend, Hindernisse auf Gehwegen zu vermeiden. Z. B. beim Abstellen von Fahrrädern oder E-Scootern. Inklusion wird auch gefördert, indem sich viele für inklusive Aktivitäten und Veranstaltungen in Ihrer Gemeinde engagieren. Zusammen tragen diese Maßnahmen dazu bei, eine inklusivere Gesellschaft zu schaffen, in der Menschen mit Mobilitätseinschränkungen gleichberechtigt teilhaben können.

Forschung für eine bessere Lebensqualität bei Querschnittlähmung

Interviewer: Dr. Hempfing, könnten Sie uns abschließend etwas über die Forschung in Ihrer Klinik erzählen?

Dr. Hempfing: In der Werner Wicker Klinik arbeiten wir auf verschiedenen Ebenen intensiv daran, die Behandlung von Querschnittlähmung kontinuierlich zu verbessern. Als anerkanntes und durch die Deutschsprachige Medizinische Gesellschaft für Paraplegiologie e. V. (DMGP) zertifiziertes Zentrum nehmen wir aktiv an allen wichtigen sogenannten Registerstudien teil. Hierbei werden sämtliche Daten querschnittgelähmter Patienten deutschland- und europaweit anonymisiert zentral erfasst. Dies ermöglicht, die Qualität der medizinischen Versorgung und sozialen Teilhabe zu erfassen.

Zusätzlich betreiben wir in unserer Klinik aktive Forschungsprojekte, darunter die Untersuchung genetischer Faktoren für die Entstehung von Druckgeschwüren (Dekubitus). Ebenso führen wir einige klinische Anwendungsstudien durch, um innovative, neue Konzepte der Wundversorgung zu begutachten. Diese vielfältigen Projekte- und Forschungsansätze spiegeln unser starkes Engagement für die kontinuierliche Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Querschnittlähmung wider.

Zudem unterstreichen sowohl WHO-Berichte als auch die German Spinal Cord Injury Survey (GerSCI-Studie) zur Lebens- und Versorgungssituation von Menschen mit Querschnittlähmung in Deutschland die Notwendigkeit politischer Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit in öffentlichen Bereichen. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen darüber hinaus den dringenden Bedarf an verstärkten Anstrengungen zur Förderung und Erweiterung der Teilhabe im öffentlichen Personennahverkehr, in Wohnungen und am Arbeitsleben.

Gemeinsam setzen wir uns dafür ein, diese Erkenntnisse in konkrete Maßnahmen umzusetzen und die Lebensqualität von Menschen mit Querschnittlähmung nachhaltig zu verbessern.

Die Werner Wicker Klinik

Die Werner Wicker Klinik ist Teil der Wicker-Gruppe. Als orthopädisches Schwerpunktklinikum für Erkrankungen von Rückenmark und Wirbelsäule betreibt die Klinik am Standort Bad Wildungen ein Wirbelsäulen- und Skoliosezentrum sowie ein Zentrum für Rückenmarkverletzte. Mit den Abteilungen Neuro-Urologie, Viszeralmedizin, Neurochirurgie sowie Anästhesie und Intensivmedizin. Sie eröffnet den Patienten ein spezialisiertes und breitgefächertes Behandlungsspektrum. Mehr als 50 Ärztinnen und Ärzte, über 900 Mitarbeitende und pro Jahr fast 1.000 große Wirbelsäulenoperationen zeugen von dem enormen Leistungsvermögen und der Fachkompetenz der Werner Wicker Klinik.

 

Über die Wicker-Gruppe

Die Wicker-Gruppe umfasst unter privater Trägerschaft neun Rehabilitationskliniken – davon eine mit einer Krankenhausabteilung für Psychosomatik – und drei Akut-Krankenhäuser in Hessen und Nordrhein-Westfalen. Die Medizinischen Versorgungszentren an der Werner Wicker Klinik und der Hardtwaldklinik I verfügen über Versorgungsangebote in den Indikationen Radiologie, Neurologie und Orthopädie. Aus- und Weiterbildungen im Bereich Pflege bietet das Bildungszentrum an der Werner Wicker Klinik an. Zum Unternehmen gehören ebenfalls zwei Thermalbäder, die Kurhessen Therme in Kassel – Bad Wilhelmshöhe und die Taunus Therme in Bad Homburg v. d. Höhe. Das Hotel Hochsauerland 2010 im upländischen Willingen rundet das Angebot im Bereich Wellness und Erholung ab.

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