„Die führenden Zentralbanker der EZB haben es zuletzt vermieden, einen klaren Hinweis auf den Zinsentscheid im September zu geben. Isabel Schnabel, die deutsche Vertreterin im EZB-Direktorium, betonte jedoch, dass die wirtschaftliche Entwicklung schwächer als erwartet verläuft, während gleichzeitig die Inflation hartnäckig hoch bleibt“, berichtet Schmidt. Sowohl die Kerninflation als auch die Gesamtinflationsrate liegen derzeit mit 5,3 Prozent weiterhin deutlich über der Zielmarke der Zentralbank von 2 Prozent. „Dies spricht klar für eine weitere Zinserhöhung.“
EZB: Anhebung der Inflationsprognose macht Zinsschritt wahrscheinlicher
Andererseits sei laut dem Portfolio-Manager absehbar, dass die Inflationsrate in den kommenden Monaten aufgrund von Basiseffekten deutlich auf etwa 3,5 Prozent zurückgehen dürfte. Vor einem Jahr seien die Strom- und Gaspreise in Europa explodiert, inzwischen liegen sie deutlich unter den Vorjahreswerten. Auf der anstehenden EZB-Sitzung am 14. September 2023 stellt die Zentralbank ihre neue Inflationsprognose vor. Im Juni prognostizierte die EZB noch eine durchschnittliche Gesamtinflation von 3 Prozent für das Jahr 2024 sowie 2,2 Prozent für das Jahr 2025. „Jede Anhebung dieser Prognose macht weitere Zinsschritte wahrscheinlicher. Da die Inflation ‚hartnäckig hoch‘ ist, können wir uns eine leichte Anhebung der Prognose und damit einen weiteren Zinsschritt gut vorstellen“, lautet die Einschätzung von Schmidt
Fed: Erstmal Pause, dann sehen wir weiter
Anders beurteilt Schmidt die Situation vor der Fed-Sitzung am 20. September: Nachdem die Fed in ihrer Juli-Sitzung den Leitzins auf den höchsten Stand seit 22 Jahren angehoben hatte, ließen die Zentralbanker die Tür für weitere Zinserhöhungen offen, falls die US-Wirtschaft an Fahrt gewinnen sollte. „Die Wirtschaftsleistung scheint für eine positive Überraschung gesorgt zu haben: Das Prognosemodell GDPNow der Federal Reserve von Atlanta hat Mitte August überraschend seine Schätzung für das jährliche BIP-Wachstum auf 5,9 Prozent angehoben, was etwa dem Dreifachen der geschätzten neutralen Wachstumsrate entspricht. Und das nach einem der kürzesten Zinserhöhungszyklen in der US-Geschichte, der mit dem Ziel durchgeführt wurde, die Wirtschaft zu stabilisieren.“
Da die Fed ihren Fokus auf die Bekämpfung der Inflation sowie auf das Ziel der Vollbeschäftigung legt, wurden die jüngsten Kennzahlen aus dem amerikanischen Arbeitsmarkt mit großer Spannung erwartet. „Es gibt Anzeichen dafür, dass diese langersehnte Abkühlung möglicherweise eingetreten ist“, so Schmidt. Denn die Zahl der Neueinstellungen hat sich verlangsamt: Die Arbeitgeber haben in den letzten 12 Monaten 3,1 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen, davon 187.000 im August. „Unter dem Strich zeigen die jüngsten Zahlen, dass sich die Auswirkungen der geldpolitischen Straffung allmählich auf dem US-Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Da sich wieder mehr Menschen arbeitssuchend melden, die zuvor dem Arbeitsmarkt den Rücken gekehrt hatten, ist auch die Arbeitslosenquote wieder gestiegen. Zusätzlich könnte die sinkende Anzahl von Kündigungen seitens der Arbeitnehmer die Wahrnehmung verstärken, dass es künftig nicht mehr so einfach sein dürfte, den Arbeitsplatz zu wechseln“, führt Schmidt aus. Zudem ist die Inflation auf rund 3 Prozent gesunken. Sein Fazit: „Mehr braucht die Fed nicht, um bei den Zinserhöhungen eine Pause einzulegen. Schließlich liegt der Zentralbankzins bereits deutlich über der Inflationsrate. Wir gehen daher davon aus, dass wir im September keinen weiteren Zinsschritt sehen werden.“
Allerdings schränkt der ETHENEA-Portfolio-Manager mit Blick auf eine mögliche Zinserhöhungs-Pause der Fed ein: „Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Diskussion innerhalb der Fed über eine mögliche weitere Zinserhöhung im November oder Dezember abgeschlossen ist. Neben dem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts zeigen auch andere Daten, dass die Gesamtwirtschaft in den USA weiterhin stark ist.“ So seien beispielsweise die Verbraucherausgaben – die größte treibende Kraft der US-Wirtschaft – im Sommer stark gestiegen. „Zusammen mit steigenden Rohstoffpreisen – vor allem für Öl – könnte dies inflationsfördernd wirken und die Debatte über weitere Zinserhöhungen zum Ende des Jahres anheizen.“
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