Zulieferer blicken mit Optimismus auf den Wandel zur E-Mobilität – trotz großer Herausforderungen

 

  • Automobilzulieferer reduzieren ihre Verbrenner-Abhängigkeit – dennoch erwarten viele Unternehmen auch im Jahr 2030 eine erhebliche Bindung an den konventionellen Antrieb.
  • Branche sieht sehr optimistisch auf die E-Mobilität und erwartet einen positiven Einfluss auf die Umsatz- und auf die Profitabilitätsentwicklung.
  • Kurzfristig hält die Transformation für die Branche viele Stolpersteine bereit, zu denen geringe Stückzahlen, kurze Innovationszyklen, hohe Ressourcenbedarfe, starker Preisdruck und niedrige Margen gehören.
  • E-Mobilität bietet erst langfristig signifikantes Potenzial für Zulieferer. Sie müssen zunächst die umfangreichen Problemstellungen bewältigen – nur wenn dies gelingt, zeigt sich, ob der Optimismus berechtigt war.

Die diesjährige Berylls Zuliefererstudie Top 100 zeichnet ein dramatisches Bild der Branche. Zwar wachsen die Umsätze, aber die Margen gehen erneut zurück, gleichzeitig drücken neue Spieler in den Markt, vorzugsweise aus Korea und China, viele von ihnen mit großer Expertise im Bereich der E-Mobilität. Berylls Strategy Advisors hat vor diesem Hintergrund ein Stimmungsbild der Branche erstellt, die durch den Schwenk weg vom klassischen Antriebsstrang (ICE – internal combustion engine), hin zur E-Mobilität vor ihrem größten Bruch in der jahrzehntelangen Geschichte steht.

Die Berylls-Zulieferer-Experten um Dr. Jan Dannenberg, Dr. Alexander Timmer und Dr. Jürgen Simon befragten Führungskräfte von 44 europäischen Automobilzulieferern, die Unternehmen verschiedener Sektoren leiten. Die Zuliefererbetriebe, die hinter der Umfrage stehen, sind von ganz unterschiedlicher Größe, einige gehören zu den TOP 100-Zulieferern der jährlichen Umfrage. Bei allen Unterschieden eint sie ein Charakteristikum: sie sind zu einem erheblichen Teil ihres Umsatzes vom konventionellen Verbrennungsmotor abhängig.

Auch in fünf Jahren noch starke Abhängigkeit vom ICE

Aktuell erzielen 70 Prozent der Befragten mehr als ein Viertel ihres Umsatzes mit dem ICE-Geschäft. Die Unternehmen erwarten jedoch, dass dieser Anteil in den nächsten fünf Jahren von 70 auf 51 Prozent sinken wird.

Daraus lassen sich zwei wesentliche Schlussfolgerungen ziehen, die Dr. Jan Danneberg erläutert:

„Die Zulieferindustrie befindet sich bereits in einem tiefgreifenden Wandel, wobei die meisten befragten Unternehmen ihre ICE-Abhängigkeit durch eine Änderung ihres Produktportfolios verringern. Aber trotz des sich ändernden Angebots, erwarten viele Zulieferer, dass sie auch in fünf Jahren noch stark vom ICE-Geschäft abhängig sein werden.“

Grundsätzlich sind die Zulieferer optimistisch

Diesen Umstand sieht die Branche, vor dem Hintergrund, der Chancen, die die E-Mobilität bietet, aber nicht als problematisch an. Fast 80 Prozent der Befragten erkennen in der Elektrifizierung des Antriebsstrangs viel Potenzial für ihr Unternehmen. Weniger als zehn Prozent sehen in der E-Mobilität ein Risiko. Eine überwältigende Mehrheit von 95 Prozent glaubt, dass sie strategisch gut oder ziemlich gut auf diese Herausforderung vorbereitet ist.

Die vorherrschende Stimmung der Befragten ist daher optimistisch. Eine Mehrheit erwartet, dass die E-Mobilität die Einnahmen und die Rentabilität steigern wird. 75 Prozent sehen einen positiven Einfluss auf das Wachstum ihres Unternehmens in den nächsten fünf bis zehn Jahren, und nur 13 Prozent gehen davon aus, dass die Umwandlung negative Auswirkungen auf die Gewinnspannen haben wird.

Erwartungen und Realität sind nicht deckungsgleich

Dr. Alexander Timmer: „Die meisten befragten Zulieferer sind zwar optimistisch, was die langfristigen Auswirkungen der E-Mobilität angeht, aber es liegt noch ein langer Weg vor ihnen. Bei Berylls erkennen wir eine ganze Reihe von Herausforderungen, mit denen die Branche heute konfrontiert ist, sofern sie einen Anteil am E-Mobilitätsmarkt gewinnen will.“

Die wichtigsten sind:

– Anhaltend niedrige Stückzahlen, durch den langsamen Hochlauf der E-Mobilität
– Hohe F&E-Investitionen
– Starke Nachfrage nach Ressourcen
– Starker Preisdruck durch starken Wettbewerb und neue Konkurrenten
– Erheblicher Anstieg der Risikoexposition

 

„Diese Herausforderungen gelten nicht für alle Anbieter“ erläutert Dr. Jürgen Simon. „Einige Produktgruppen, wie sie zum Beispiel von den Zellherstellern geliefert werden, entwickeln sich sehr gut. Nichtsdestotrotz zeigt unsere Untersuchung, dass die Herausforderungen sicherlich für die Mehrheit der Zulieferer gelten, die ihr Geschäft in Richtung E-Mobilität umstellen wollen.“

Das Auftragsvolumen bleibt zunächst niedrig

Trotz der Ankündigungen fast aller OEMs, ihre Modellpaletten im nächsten Jahrzehnt vollständig auf elektrisch umzustellen, bleiben die BEV-Stückzahlen im Vergleich zu den gewohnten ICE-Produktionsmengen noch lange sehr niedrig. Viele der angekündigten Modelle befinden sich noch in der Entwicklung.

Den aktuell noch geringen Stückzahlen, stehen hohe Entwicklungskosten gegenüber. Denn während die konventionellen Benzin- und Diesel-Antrieb sehr ausgereift sind, stehen die elektrifizierten Antriebssträngen noch am Anfang ihrer Möglichkeiten. Um ihr Potenzial zu heben, sind in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen notwendig.

Problematisch ist auch, dass Fachkräfte ein knappes und damit teures Gut sind. So werden die F&E-Kosten der Zulieferer durch die wachsende Nachfrage nach Hardware-, Software- und Mechatronik-Ingenieuren getrieben. Und dieser Kampf um die besten Köpfe wird nicht nur innerhalb der Automobilindustrie geführt. Vielmehr gibt es auch in anderen Branchen steigende Bedarf an Fachleuten für Spezialgebiete wie Hochvolt Hardware-Layouts, mechatronische Systeme und Software.

Ressourcen sind extrem stark nachgefragt

Angesichts der prognostizierten Volumina für Elektrofahrzeuge ist es klar, dass es zu einem dramatischen Produktionsanstieg kommen wird. Dr. Jürgen Simon: „Nicht nur die Forschung und Entwicklung wird mehr Ressourcen und Investitionen benötigen. Auch verschiedene andere Funktionen nehmen mit dem Anstieg der BEV-Volumina zu. Sogar die Umrüstung bestehender ICE-Produktionsanlagen bindet Ressourcen, beispielsweise um den kommenden Euro VII-Abgasstandard erfüllen zu können.“

Außerdem kann der Auftrag, BEV-Komponenten zu produzieren, bedeuten, dass ein völlig neuer Produktionsstandort geschaffen werden muss. So entstehen zusätzliche direkte Kosten für den Bau, die maschinelle Ausstattung, die Einstellung von Mitarbeitern, um nur einige zu nennen sowie indirekte Kosten für die Verwaltung und Qualitätskontrolle, allein um den Betrieb aufzunehmen. Insgesamt sind die Zulieferer mit einem multiplen Bedarf an mehr Ressourcen konfrontiert, um ihren Übergang zur E-Mobilität zu gestalten.

Feindliches Umfeld für die Gewinnspanne

Diese Herausforderungen wirken sich offensichtlich auf die Rentabilität aus. Niedrige Produktionsmengen, hohe F&E-Investitionen und Preisdruck aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs schaffen ein feindliches Umfeld für die Erzielung durchschnittlicher oder gar überdurchschnittlicher Gewinnspannen. Viele Automobilzulieferer sind davon betroffen, wie die große TOP 100 Studie zeigt. In der aktuellen Situation muss das konventionelle Geschäft mit nicht-E-relevanten Komponenten vielfach die E-Mobilitätssegmente subventionieren, was zu Reibungen innerhalb und zwischen den Geschäftsbereichen führen kann.

All diese Faktoren setzen die Anbieter erheblichen strategischen und operativen Risiken aus, und das in einer Zeit, in der der Großteil des Sektors aufgrund schwieriger Marktbedingungen niedrige oder negative Margen aufweist. Dazu kommt die schlechter werdende Planbarkeit der Produktion. Dass ein Zulieferer relativ verlässliche Prognosen vom OEM erhält und seine Produktionskapazität für Jahre im Voraus planen kann, ist aktuell kaum noch möglich. Heutzutage schwanken die Mengen ständig, da der Markterfolg von BEV-Modellen weit weniger vorhersehbar ist.

E-Mobilität erhöht die Risikoexposition

Planung und Preisgestaltung für die Lieferanten sind somit zu komplizierten Problemstellungen geworden, nicht zuletzt durch große Gewährleistungsrisiken, insbesondere bei hochwertigen BEV-Komponenten und -Modulen, die ihre Qualität und Haltbarkeit noch nicht langfristig auf der Straße nachweisen konnten.

Insgesamt erhöht die E-Mobilität offenbar die Risikoexposition der Zulieferer, die in einigen Fällen weit über das Gewinnrisiko hinausgehen und ihr Überleben bedrohen kann.

Als zentrale Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Transformation sieht Berylls Strategy Advisors daher vor allem eine klare und durchdachte Strategie, die Vergrößerung der Produktionsvolumina, den Aufbau von Fähigkeiten zur Skalierung, die Sicherstellung operativer Exzellenz und ein vorausschauendes Ressourcenmanagement, um das nötige Wachstum überhaupt zu ermöglichen und den momentan in der Branche herrschenden Optimismus zu rechtfertigen.

Alle Informationen zur Umfrage und viele weitere Informationen finden Sie unter: https://www.berylls.com/e-mobilitaet-und-zulieferer-ist-ein-optimistischer-blick-in-die-zukunft-angebracht/

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Mit Experten in Deutschland, China, Großbritannien, Südkorea, Nordamerika und in der Schweiz deckt Berylls alle Zukunftsthemen ab, um im Ökosystem der Automobilität erfolgreich, zukunftsfähig und digital zu sein. Unsere Experten vernetzen sich dabei über fünf spezialisierte Einheiten, um unseren Kunden End-to-End-Unterstützung von der Strategie bis zur finalen Umsetzung anzubieten. Wir nennen das unser Berylls Quintett. 

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