Blick in die Zeit. Altern und Alter im photographischen Porträt kuratiert von Gabriele Conrath-Scholl und Claudia Schubert

Die Stiftung Schloss Neuhardenberg zeigt in einer Sonderausstellung fotografische Porträts, die sich der Vielfalt und Schönheit des Alterns und Alters widmen. Die Ausstellung mit über 170 Fotografien unter anderem von Christian Borchart, August Sander und Cindy Sherman wird kuratiert von der Photographischen Sammlung / SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn und erst in Neuhardenberg und anschließend in Köln gezeigt.

Über die Zeiten und Kulturen hinweg zeigt sich der letzte Lebensabschnitt des Menschen, das Alter, als vielfältige Phase voller Widersprüche, die immer wieder anders bewertet und ausgefüllt wird. Für manche stellt das Alter einen Möglichkeitsraum dar, in dem noch einmal Neues erlebt und erlernt werden kann, andere nehmen es als Belastung wahr, weil Gesundheit und Fähigkeiten abnehmen. Ganz gleich, wie man als Individuum darauf blickt: Dem Altern als existentiellem Phänomen kann sich niemand entziehen. Diese Gemengelage aus kulturellen, sozialen und gesundheitlichen Faktoren macht das Thema zum interessanten Feld für künstlerische Betrachtungen, besonders auf dem Gebiet der Fotografie: Altersspuren des Körpers werden unter dem scheinbar objektiven Blick der Kameralinse dokumentiert, und Bildserien, die über längere Zeiträume entstehen, lassen den eigentlich schleichenden Alterungsprozess auf einen Blick sichtbar werden.

Die umfangreiche Ausstellung Blick in die Zeit auf Schloss Neuhardenberg zeigt die Vielfalt des fotografischen Blicks auf den Themenkomplex „Alter und Altern“. Sie präsentiert 18 fotografische Serien der letzten einhundert Jahre von internationalen Superstars wie Cindy Sherman bis hin zu ostdeutschen Fotografen wie Christian Borchart, dessen Bilder teilweise in der unmittelbaren Nachbarschaft von Neuhardenberg entstanden. Dabei legt die Ausstellung den Fokus auf das Porträt, wird doch das Gesicht traditionell als Spiegel der Seele betrachtet, als Verbindung zwischen Körper und Geist. Es ist aber auch der Teil des Körpers, der die Spuren des Lebens unverhüllt zeigt.

Die frühsten Bilder der Ausstellung stammen von August Sander, einem Chronisten seiner Zeit, der im frühen 20. Jahrhundert Vertreter fast aller Bevölkerungsschichten abbildete. Seine zahlreichen Bilder betagter Menschen zeigen, was es damals bedeutete, alt zu sein. Zugleich verwei sen die Fotografien auf Biografien in einer Epoche, die schon zu Sanders Lebzeiten der Vergangenheit angehörte. Aus dem Jahr 2007 stammt ein Selbstporträt von Cindy Sherman, die in ihren Werken immer in fremde Rollen schlüpft und dabei Geschlechterrollen und Identitäten hinterfragt. In der ausgestellten Arbeit präsentiert sie sich selbst als alternde Dame der Oberschicht. Mit Perlenketten, großen Ohrringen und stark geschminkt stellt sie eine Frau dar, die mit großem Aufwand, aber letztlich vergeblich, dem Alter zu entkommen sucht. John Coplans hatte bereits eine lange Karriere als Maler hinter sich, als er im Alter von Mitte 60 mit dem Fotografieren begann. Als Motiv wählte er ausnahmslos seinen eigenen, alternden Körper, den er in großformatigen Detailaufnahmen schonungslos zeigt. Die Falten und Furchen werden in seinen Schwarzweißfotografien zu Landkarten eines gelebten Lebens, gleichzeitig strahlen seine Bilder Intimität und Verletzlichkeit aus. Den Alterungsprozess nicht am Ende, sondern in der Mitte des Lebens und im Kontext einschneidender lebensverändernder Ereignisse zeigt Christian Borchert. Mitte der 1980er Jahre porträtierte er Familien in der DDR. Zehn Jahre später besuchte Borchert die Fotografierten erneut – diesmal nach der Wende. Nicht nur der Zeitgeschmack hatte sich offensichtlich inzwischen stark verändert, auch Berufe, Partner und Wohnorte wurden gewechselt. Die Wende wurde für einige der Familien zum Schleudergang in ein neues Leben, andere veränderten sich kaum.

Diese vier Positionen verdeutlichen beispielhaft die Bandbreite der Beschäftigung mit Alter und Altern, die in der Ausstellung geboten wird.

Im Rahmen des Begleitprogramms gibt es neben zwei Führungen durch die Ausstellung eine Sonderführung mit Prof. Dr. Clemens Tesch-Römer, dem Leiter des Deutschen Zentrums für Altersfragen. Beim gemeinsamen Gang durch die Ausstellung spricht er über den aktuellen Stand der Altersforschung, über die Repräsentation alter Menschen in unserer Gesellschaft und wie Altern gut gelingen kann.

An der Ausstellung beteiligte Künstler:

Christian Borchert, John Coplans, Imogen Cunningham, Deanna Dikeman, Jess T. Dugan, Albrecht Fuchs, Katja Kerstin Hock, Manfred Jade, Evi Lemberger / Maria Göckeritz, Andreas Mader, Helga Paris, Natalya Reznik, Martin Rosswog, August Sander, Cindy Sherman, Daniel Schumann, Wilhelm Schürmann und Larry Sultan

Blick in die Zeit. Altern und Alter im photographischen Porträt
kuratiert von Gabriele Conrath-Scholl und Claudia Schubert
9. 9. bis 17. 12.
Ausstellungshalle
Eintritt: € 5,- / ermäßigt € 3,-
Laufzeit der Ausstellung in Köln: 1. März bis 30. Juni 2024

Eröffnung
Sa, 9. 9., 15 Uhr, Orangerie
Eintritt frei

Führungen
So, 10. 9., und Sa, 16. 12., jeweils 16 Uhr
Ausstellungshalle
Preis inkl. Eintritt zur Ausstellung: € 5,-

Expertenführung
Die Schönheit des Alters
mit Prof. Dr. Clemens Tesch-Römer
Sa, 28. 10., 14 Uhr, Ausstellungshalle

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