„Unser Aufruf an die politisch Verantwortlichen ist klar: Nutzen Sie das pflegefachliche Potenzial, sonst wird die Reform nicht gelingen“, so DBfK-Präsidentin Christel Bienstein. „Wir sehen deutlich, dass wir neben dem gravierenden Personalmangel in allen Gesundheitsberufen mit einer Fehlversorgung konfrontiert sind. Diese gefährdet eine sichere Versorgung der Bevölkerung. Im OECD-Vergleich geben wir für die Gesundheitsversorgung das meiste Geld aus, erzielen aber nur mittelmäßige Ergebnisse. Dies ist einerseits auf einen Mangel in der Primärversorgung zurückzuführen, der parallel mit einer echten Strukturreform angegangen werden muss. Andererseits wissen wir, dass die Pflegepersonalausstattung und die Quote akademisch ausgebildeter Pflegefachpersonen in den Kliniken direkt mit den Komplikations- und Mortalitätsraten zusammenhängen. Ein Ausbau der Primärversorgung und höhere Personalschlüssel mit mehr akademisch ausgebildeten Pflegefachpersonen sind dringend erforderlich, wenn die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung wirklich verbessert werden soll.“
Im nun vorliegenden Positionspapier „Krankenhausstrukturreform: Pflegefachliches Potenzial nutzen“ stellt der DBfK daher die folgenden zehn Forderungen auf:
- Level-Ii-Krankenhäuser müssen geschaffen und so konzipiert werden, dass sie kurzzeitige stationäre Behandlung ermöglichen und je nach regionalem Bedarf auch als Primärversorgungszentrum aufgestellt sein können.
- Die Qualitätskriterien in den Leistungsgruppen müssen die pflegerische Leistung spiegeln und einen bedarfsgerechten Personalschlüssel sowie den notwendigen Qualifikationsmix für die Pflegeberufe beinhalten. Ein sinnvoller Personalschlüssel ergibt sich zum Beispiel aus der PPR 2.0 und der assoziierten Instrumente. Außerdem ist eine pflegewissenschaftlich begründete Quote für akademisch ausgebildete Pflegefachpersonen für die jeweiligen Leistungsgruppen notwendig.
- Es wird ein Pflegeforschungsprogramm in Deutschland benötigt, um Pflegequalität wissenschaftlich zu fundieren. Die Disziplinbildung von Pflegewissenschaft in Deutschland muss gefördert werden, um auch in diesem Fach wissenschaftliche Exzellenz entwickeln zu können.
- Pflegerische Berufsbilder wie Advanced Practice Nurses (APN) mit unterschiedlichen Schwerpunkten im Krankenhaus, in der stationären und ambulanten Langzeitpflege sowie Community Health Nurses (CHN) in der Primärversorgung müssen etabliert werden.
- Eine pflegerische Notfallversorgung, wie sie im vierten Gutachten der Regierungskommission skizziert ist, muss geschaffen werden und durch auf Masterniveau ausgebildete APN mit entsprechender Handlungskompetenz ausgeübt werden.
- Level-Ii-Krankenhäuser spielen eine zentrale Rolle für die regionale akutpflegerische Versorgung. Sie verbinden den stationären und ambulanten Bereich miteinander, wenn sie beispielsweise den Übergang in die Häuslichkeit organisieren. Damit haben die Level-Ii-Krankenhäuser einen starken pflegerischen Auftrag, der pflegefachliche Kompetenzen auf hohem Niveau voraussetzt. Sie müssen daher auch unter fachlicher Leitung von APN stehen können.
- Rechtliche Weichen im Heilberufs- und Leistungsrecht müssen gestellt und das Pflegeberufegesetz an die neuen Anforderungen angepasst werden. Die Ausübung von Heilkunde ist im Sinne von Substitution in einem Heilberufegesetz auf Pflegefachpersonen zu übertragen.
- Vorbehaltsaufgaben müssen ernst genommen werden und Raum für die Ausführung erhalten. Dazu gehört zuvorderst die Ermächtigung zur eigenständigen Verordnung von Pflege und der dazu erforderlichen Heil- und Hilfsmittel.
- Investitionen in Pflegebildung sind notwendig – in primärqualifizierende Bachelor- und spezialisierende Masterstudiengänge – außerdem in die Bildung des dafür notwendigen Lehrpersonals. Pflegewissenschaft und Forschung sind zu stärken.
- Die bedarfsgerechte Pflege im Krankenhaus ist vollständig zu refinanzieren. Die pflegerischen Leistungen im Sinne der Primärversorgung in Level-Ii-Krankenhäusern sind über ein Leistungsrecht zu finanzieren. Pflegebewertungsrelationen und ein Pflege-DRG-System sind kategorisch abzulehnen.
„Wir können es uns schon lange nicht mehr leisten, die Kompetenz der Pflegefachpersonen brach liegen zu lassen“, so Bienstein. „Wer weiterhin den Stellenwert professioneller Pflege ignoriert, verschärft das Problem und gefährdet die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung.“
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