Internationale Expertenempfehlungen zu Brustkrebs im Frühstadium: Unnötige Entfernung der Lymphknoten vermeiden

Forschende des Universitätsklinikums Heidelberg und der Universität Luzern sowie internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Patientenvertreterinnen und europäische Krebsgesellschaften haben wissenschaftliche Daten und ihr Expertenwissen zum operativen Management der Lymphknoten bei Brustkrebs gebündelt / Empfehlungen sollen unnötige Entfernungen der Lymphknoten vermeiden und den Patientinnen chronische Lymphödeme ersparen / Publikation im Open Access Journal eClinicalMedicine von The Lancet

Die präoperative Chemotherapie bei Brustkrebs kann die Größe des Tumors und metastatische Lymphknoten bis zur Operation deutlich schrumpfen. Die Brustchirurgie hat dadurch die Möglichkeit, die komplette Ausräumung der Lymphknoten in der Achselhöhle zu vermeiden und das Risiko für belastende Nebenwirkungen wie ein Lymphödem des Armes zu reduzieren. Ein multidisziplinäres Konsortium aus europäischen Krebsgesellschaften, internationalen medizinischen Einrichtungen mit Heidelberger Beteiligung sowie Patientenvertretern, hat sich mit den Herausforderungen des klinischen axillären Lymphknotenmanagements bei Brustkrebs im Frühstadium befasst. Führende Experten und Expertinnen haben über alle wesentlichen Fragen abgestimmt und Empfehlungen für die klinische Anwendung formuliert.

Insgesamt wurden fünf Arbeitspakete entwickelt, die dem Weg der Patientin von der Diagnose bis zur lokalen Therapie der Achselhöhle folgen und sich mit spezifischen klinischen Szenarien befassen. „Die Vorteile der präoperativen Chemotherapie bei Brustkrebs werden nicht immer ausreichend genutzt. Publizierte Daten beschreiben, dass Brustamputationen und eine komplette Lymphknotenentfernung noch zu häufig durchgeführt werden. Eine reduzierte chirurgische Entfernung der Lymphknoten wird selbst bei guten präoperativen Ergebnissen nur teilweise umgesetzt", berichtet Professor Dr. Peter Dubsky, Leiter des Brustzentrums am Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern, Titularprofessor an der Universität Luzern und federführende Leitung des Konsortiums. „Wer weniger Lymphknoten in der Achsel entfernt, vermindert die Gefahr, dem Lymphabfluss aus dem Arm zu schaden. Die internationale Arbeitsgruppe hat daher in Ergänzung zu vorhandenen Leitlinien ein neues medizinisches Konzept mit praxisnahen Empfehlungen erstellt, das unnötige operative Entfernungen der Lymphknoten verhindern soll und schnell in die klinische Anwendung integriert werden kann", sagt Dr. André Pfob vom Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) und gemeinsamer Erstautor der Publikation mit Dr. Orit Kaidar-Person aus Tel Aviv, Israel.

Bei einer Konferenz im September 2022 in Luzern ist es gelungen, in einer bisher kontroversen Debatte Einigkeit herzustellen und einen weitreichenden praxisnahen Wegweiser zu entwickeln. Die teilnehmenden Fachexperten stimmten über 72 Aussagen ab und erreichten in 52,8 Prozent einen Konsens (Zustimmung von 75 Prozent oder mehr), in 43,1 Prozent eine Mehrheit (51 Prozent bis 74 Prozent Zustimmung) und in 4,2 Prozent keine Entscheidung. „Den Abstimmungsergebnissen zufolge soll eine Bildgebung und eine standardisierte Pathologie der Lymphknoten Voraussetzung für die Planung der lokalen und systemischen Therapie bei den Brustkrebspatientinnen sein. Die Entfernung aller Lymphknoten der Achsel könnte in der Mehrzahl der im Konsortium besprochenen Szenarien durch eine gezielte Entfernung weniger Lymphknoten, beispielsweise der Wächterlymphknoten, ersetzt werden", fasst Dr. Pfob die Ergebnisse zusammen. „Das Ergebnis der Lymphknoten-Operation hat komplexe Auswirkungen auf die nachfolgende Bestrahlung sowie Chemo- oder Hormontherapie. Diese sollten an die einzelne Patientin angepasst werden." Um den Erfolg der Empfehlungen für die einzelnen Frauen zu überprüfen, werden das Risiko für ein Neuauftreten der Krebserkrankung und die Nebenwirkungen erfasst und ausgewertet.

Die Zusammenfassung der Empfehlungen trägt die Bezeichnung „The Lucerne Toolbox". Das Projekt wurde gefördert von der Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern. Bereits 2021 wurde die erste Ausgabe der Luzerner Toolbox veröffentlicht, die sich mit der Fragestellung der Brustamputation beschäftigt hat.

Literatur

O. Kaidar-Person, A. Pfob, O. D. Gentilini, et al. The Lucerne Toolbox 2 to optimise axillary management for early breast cancer: A Multidisciplinary Expert Consensus. eClinicalMedicine, 2023, https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2023.102085

Weitere Informationen im Internet

P. Dubsky et al. Breast conservation and axillary management after primary systemic therapy in patients with early-stage breast cancer: the Lucerne toolbox. Lancet Oncology, 2021, https://doi.org/10.1016/S1470-2045(20)30580-5

Brustzentrum der Frauenklinik am Universitätsklinikum Heidelberg
Brustzentrum am der Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern

Über Universitätsklinikum Heidelberg

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für Patientinnen und Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit rund 2.500 Betten werden jährlich circa 86.000 Patientinnen und Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.100.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) hat das UKHD das erste Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg etabliert. Ziel ist die Versorgung auf höchstem Niveau als onkologisches Spitzenzentrum und der schnelle Transfer vielversprechender Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik. Zudem betreibt das UKHD gemeinsam mit dem DKFZ und der Universität Heidelberg das Hopp Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), ein deutschlandweit einzigartiges Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) rund 4.000 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion. www.klinikum.uni-heidelberg.de

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