Gerichtsentscheidung mit bundesweiter Wirkung: Sämtliche Pläne zur beschleunigten Bebauung des Außenbereichs nach § 13b BauGB sind rechtswidrig – auch in Thüringen

Am 18.07.2023 hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden, dass § 13b des Baugesetzbuches (BauGB) mit dem Umweltrecht der Europäischen Union nicht vereinbar ist. Da dieses Urteil bundesweit greift, ist mit massiven Auswirkungen, auch in Thüringen, zu rechnen.

Der Landesverband Baden-Württemberg des Bund für Umwelt und Naturschutz e.V. hat einen unter Anwendung des § 13b BauGB zustande gekommenen Bebauungsplan bis hin zum Bundesverwaltungsgericht einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen lassen. Das Bundesverwaltungsgericht gibt in seinem Urteil dem BUND als Kläger, der bereits im Bebauungsplanverfahren unter anderem auf mangelnde Vereinbarkeit eines Verzichts auf die Umweltprüfung mit den Vorgaben der SUP-Richtlinie der EU über die Strategische Umweltprüfung hingewiesen hat, nun recht.

Sebastian König, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen: „Wir fordern die Aufsichtsbehörden des Freistaates auf sicherzustellen, dass die Gemeinden aus dem Urteil Konsequenzen ziehen. Noch nicht abgeschlossene Verfahren nach § 13b BauGB müssen eingestellt bzw. in das ‚Regelverfahren‘ der Bebauungsplanung gemäß §§ 1 ff. BauGB überführt werden – das bedeutet, dass fehlende Prüfungen und Planungen durchgeführt sowie in einem ordnungsgemäßen Verfahren behandelt und neu beschlossen werden müssen“.

Auch bereits abgeschlossenen Verfahren können betroffen sein, dazu König weiter: „Wir werden als BUND die Verfahren der vergangenen Jahre nochmals auf Rechtswidrigkeit prüfen und behalten uns im Einzelfall, soweit die Aufsichtsbehörden nicht tätig werden, rechtliche Schritte vor“. 

Zunächst gilt es zu ermitteln, wie viele B-Pläne in Thüringen betroffen sind, hierzu wird der BUND Thüringen eine Anfrage an die zuständige Aufsichtsbehörde im Thüringer Landesverwaltungsamt stellen. Da beschlossene B-Pläne zwar rechtlich unwirksam sind, aber nicht automatisch außer Kraft treten, bedarf es einer Entscheidung der Gemeinde oder eines Normenkontrollantrages.

„Auch wenn die Bauleitplanung prinzipiell die Möglichkeit eröffnet, Außenbereichsflächen zu Bauland umzuwidmen, darf es schon im Hinblick auf die Inanspruchnahme naturnaher oder landwirtschaftlicher Flächen den Gemeinden nicht zu leicht gemacht werden. Eine Überprüfung der Möglichkeiten einer baulichen Entwicklung im Innenbereich und die vollständige Ermittlung und Berücksichtigung der Umweltbelange gehört dabei zwingend zu einem ordnungsgemäßen Verfahren. Im Übrigen gibt es auch im „Landesentwicklungsprogramm Thüringen 2025“ Vorgaben zu einer Begrenzung der Siedlungsentwicklung bis zum Jahr 2025, auf die sich die Aufsichtsbehörden bei der Durchsetzung des Urteils jetzt besinnen sollten.“ endet König.

Hintergrund:

Der Paragraf 13 b des Baugesetzbuches ermöglichte unter bestimmten Voraussetzungen die Überbauung von Außenbereichsflächen in einem beschleunigten Verfahren, wobei eine Umweltprüfung und auf Maßnahmen zum Schutz von Natur und Umwelt im Falle der Realisierung von Wohnbebauung verzichtet werden kann. Die baurechtlichen Regelungen waren von Umweltverbänden sowohl im Gesetzgebungsverfahren als auch anlässlich einzelner Pläne vielfach kritisiert worden, weil ohne die Umweltprüfung Umweltbelange unbeachtet blieben und im Einzelfall zum Teil hochwertige Lebensräume überplant und zerstört würden, ohne dass ein Ausgleich erfolgt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Klageverfahren zu einem Einzelfall den Bebauungsplan aufgehoben, weil das Verfahren nicht den Vorgaben der SUP-Richtlinie der Europäischen Union entspricht. Dieser Mangel haftet nach den Ausführungen in der Pressemitteilung des BVerwG zum Urteil nicht allein dem beklagten Bebauungsplanverfahren an, sondern ergibt sich schon aus der Art, wie der Bundesgesetzgeber die Verfahrensvorschriften in § 13b BauGB formuliert hat. Das Urteil hat deshalb auf alle nach diesem Verfahren zustande gekommenen Bebauungspläne Auswirkungen, diese sind rechtswidrig. Allerdings können solche Verfahrensmängel nach § 215 BauGB nur innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Veröffentlichung der Satzung gerügt werden – danach hat auch der rechtswidrige Bebauungsplan Bestand.

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