8. Lymphkliniktag Wolfsberg

Am 14. und 15. April 2023 fand der 8. Lymphkliniktag Wolfsberg unter der wissenschaftlichen Leitung von em. Prim. Dr. med. Walter Döller, Wolfsberg, Österreich, statt. Der diesjährige Lymphkliniktag stand unter dem Leitthema „Lymphödem – Lipödem – Adipositas – Der Wert biometrischer Daten“. Wie Kongressleiter und Abteilungsvorstand der Lymphklinik im Landeskrankenhaus Wolfsberg, Österreich, Prim. Dr. med. Christian Ure, in seinem Programm-Vorwort bereits angekündigt hatte, sei der Nachweis einer Effizienz der eingesetzten Mittel aufgrund der Herausforderungen bei der Versorgungsqualität und der Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems eine durchaus nachvollziehbare Forderung an die Gesundheitsdienstleister. Leider sei der Wert biometrischer Daten, die für die Diagnostik und Outcome-Dokumentation bei Lymphödem, Lipödem und Adipositas erhoben würden, nicht immer eindeutig woraus sich ein breites Diskussionsspektrum ergibt.

Unterteilt war der im Wolfsberger Veranstaltungszentrum Kuss stattfindende Kongress in die Abschnitte Diagnostik und Messmethoden, Konservative Therapiekriterien und Chirurgische Therapiekriterien. Im Anschluss an die Vorträge folgten eine Führung durch die Lymphklinik und ein Workshop zur Sichtbarmachung der Lymphgefäße mittels ICG (Indocyaningrün)

1. Diagnostik und Messmethoden

Vorsitz des ersten Themenblocks hatten Prof. Jean-Paul Belgrado, PhD, Brüssel, Belgien, und Dr. med. Klaus Schrader, Hof.

Bereits hier wurde die Notwendigkeit einer Standardisierung bei Messungen von Lymphödemen aufgezeigt.

Prof. Jean-Paul Belgrado, PhD, Brüssel, Belgien, eröffnete die Vortragsreihe mit dem Thema „Technische Neuerungen in der Messung biometrischer Daten“ und erläuterte, dass diverse Faktoren ausschlaggebend für das Ergebnis bei einer Lymphfluoroskopie seien. Dazu gehörten Kriterien wie z. B. die Injektionsstelle des Fluoreszenzmittels, die anschließende Aktivität des/der Patient*in – ruhig sitzen oder schnell gehen – sowie die Umgebungstemperatur. Diese Faktoren müsse man standardisieren, um die Resultate dieser bildgebenden Methode seriös vergleichen und dokumentieren zu können.

Der Humangenetiker und Arzt Dr. rer. nat. Dr. med. René Hägerling, Berlin, widmete sich der „Bedeutung molekulargenetischer Diagnostik für Diagnose und Therapie primärer Lymphödeme“. Anhand der Genetik zeigte er, dass „primäres Lymphödem nicht gleich primäres Lymphödem“ sei. Er betonte, wie wenig wir über mögliche Ursachen lymphatischer Dysfunktionen wüssten. Das menschliche Erbgut habe 46 Chromosomen, etwa 23.000 Gene und 3,27 Mrd. Basenpaare. In der Zytogenetik mache man sich auf die Suche nach einer Strukturveränderung, in der Molekulargenetik nach einem „Tippfehler“ – sprich nach einer Sequenzveränderung. Sowohl die Stufendiagnostik als auch die Differenzialdiagnostik sei von großer Bedeutung, auch bei der Einschätzung eines Wiederholungsrisikos zum Beispiel bei einem weiteren Kinderwunsch.

„Sonoelastographie: ein neues Werkzeug zum Nachweis der Gewebeelastizität bei Lymphödemen?“ – dies diskutierte Dott. Alberto Onorato, PhD, Udine.

Sein Kollege PD Dr. med. Claus C. Pieper, Bonn, ging näher auf die Bedeutung der MR Lymphangiographie im Vergleich zur Lymphszintigraphie beim Lymphödem zur Differentialdiagnostik, der Therapieplanung und Therapieerfolgskontrolle ein. Er plädierte für eine Etablierung eines Koordinatensystems zur besseren Evaluation.

In seinem Vortrag „Zielorientierte Rehabilitation: Der Stellenwert biometrischer Daten zur Erfassung der Funktionsfähigkeit nach ICF“ zeigte EOA Dr. med. Klemens Fheodoroff, Hermagor, Österreich, den Stellenwert biometrischer Daten auf, um das gesamte Spektrum von Rehabilitationsinterventionen abzubilden. Das gelte fürs Messen, Planen und Unterstützen.

II. Konservative Therapiekriterien

Der zweite Tag startete mit den konservativen Therapiekriterien unter dem Vorsitz von Prim. Dr. med. Christian Wiederer, Baden, Österreich, und Kongressleiter Prim. Dr. med. Gert Apich, Klagenfurt, Österreich.

Ao. Univ. Prof. Dr. med. univ. Erich Brenner, Innsbruck, Österreich, ging dem Thema „BMI vs. WHtR (waist-to-height ratio) – Bedeutung und Widersprüchlichkeit bei unkritischer Anwendung biometrischer Daten“ auf den Grund. Er erläuterte die Vorteile der WHtR-Messung gegenüber herkömmlicher BMI-Werten.

Spannend war auch der Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Tim Hucho, Köln, über den „Schmerz beim Lipödem – eine grundlegende, quantitativ sensorische Analyse“. Nach der Begriffserklärung der Weltschmerzorganisation sei Schmerz ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit einer tatsächlichen oder drohenden Gewebeschädigung verknüpft sei oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben werde. Schmerz sei eine Emotion und entstehe im Gehirn, so der Schmerzforscher. Schmerz stamme aus den drei Quellen: die äußere physikalische, innere physiologische und psychosoziale Welt. Der Schmerz bleibe als gemeinsamer Nenner bei Lipödemen. In der QST Analyse hätte es keine Hinweise auf generelle entzündliche Veränderungen gegeben, aber es seien ein höherer Druckschmerz (PPT) und eine niedrigere Detektionsschwelle für Vibrationen (VDT) festzustellen.

Gesundheitspsychologin und klinische Psychologin Katharina Loibnegger-Traußnig, MSc, Wien, Österreich, schloss den zweiten Themenabschnitt mit einem Einblick in die aktuelle Studienlage zu „Psychometrische Daten – notwendige Ergänzung zu biometrischen Daten (Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile)“ ab. Nur so könne die Lebensqualität positiv beeinflusst werden. Die psychologische Behandlung sei kein „nice to have“. Eine fachlich fundierte und geprüfte Erfassung von psychischer Belastung sei dafür notwendig.

III. Chirurgische Therapiekriterien

Dem dritten und letzten Teil zu den chirurgischen Therapiekriterien saßen em. Prim. Dr. med. Walter Döller, Wolfsberg, Österreich, und Assoc.-Prof. PD Dr. med. Chieh-Han John Tzou, MBA, Wien, Österreich, vor.

Im ersten Vortrag beleuchtete Univ. Prof. Dr. med. Gerhard Prager, Wien, „Adipositas-assoziierte Lymphödeme – Entscheidungskriterien für Bariatrische Chirurgie“. Im Hinblick auf biometrische Daten bekräftigte er, „den Patienten in seiner Gesamtheit zu erfassen und nicht auf seinen BMI zu reduzieren!“

Dr. med. Jeremias Schmidt, Bad Belzig, widmete seinen Vortrag dem Thema „Potential, Bedeutung und Anwendung biometrischer Daten bei der Indikationsstellung zur Liposuktion“.

Mit den „Entscheidungskriterien zur Lymph-Chirurgie und Indikatoren der Outcome-Daten“ befasste sich Assoc.-Prof. PD Dr. med. Chieh-Han John Tzou, MBA, Wien, Österreich.

Zum Abschluss der Vortragsreihe gab Dr. med. Michael Oberlin, Hinterzarten, einen Einblick in die Bedeutung und Grenzen der Erfassung biometrischer Daten in der Lymphologie.

Die Tagung wurde mit der Möglichkeit zur Besichtigung der Lymphklinik Wolfsberg beendet. Die Veranstaltung überzeugte durch namhafte Referent*innen aus Deutschland, Österreich, Italien und Belgien. Sie ließen mehr als 200 internationale Teilnehmende aus Österreich, Deutschland, Slowenien, Belgien, Italien, Tschechien, Polen, Kroatien, Slowakei und Ungarn den Lymphkliniktag als praxisrelevante Fortbildung erleben. Mit großer Freude kündigten die Kongress-Verantwortlichen den 9. Lymphkliniktag am 19. und 20. April 2024 mit dem Thema „Physikalische Therapie – komplex – complete – additiv – neue Trends“ an.

Mehr zu den Veranstaltungen der Juzo Akademie finden Sie unter juzo.de/akademie.

 

Über die Julius Zorn GmbH

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