Zehn Jahre Jahrhunderthochwasser in Mitteleuropa: Vom Hochwasser zur Dürre

Viele Menschen in Thüringen werden sich dieser Tage an das Jahrhunderthochwasser vor zehn Jahren erinnern. Tagelange Regenfälle führten im Frühsommer 2013 in Deutschland und weiten Teilen Europas zu katastrophalen Überflutungen. Auch Thüringen blieb vom Hochwasser nicht verschont. Besonders schlimm traf es Ostthüringen, die Großräume Jena, Gera, Greiz. Dutzende Orte standen dort unter Wasser, über 2.500 Menschen mussten evakuiert werden. 2021 folgte eine weitere Flutkatastrophe, die vor allem im Westen Deutschlands gravierende Spuren hinterließ. Mehr als 180 Menschen starben. Der Schaden wird auf etwa 30 Milliarden Euro geschätzt. Zur selben Zeit dörrte in anderen Regionen die Landschaft aus, Trockenheit und Hitze führten großflächig zum Baumsterben, Gewässer trockneten aus und mit ihnen verschwanden Fische, Frösche, Vögel und Insekten. Angesichts von Dürren und Extremwetterereignissen braucht es deutschlandweit jetzt ein Wassermanagement, so der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Hierzu erklärt Sebastian König, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen: „Hochwasser und Wassermangel sind zwei Gesichter der Klimakrise. Es ist Zeit, endlich umzudenken und die Widerstandskraft unserer Landschaft zu stärken sowie den natürlichen Wasserrückhalt zu erhöhen. Mit der Nationalen Wasserstrategie hat die Bundesregierung entscheidende Weichen für ein nachhaltiges Wassermanagement gestellt. Damit gibt es einen Rahmen. Maßnahmen müssen nun schnellstmöglich umgesetzt werden. Die Klimakrise duldet kein Zögern und Zaudern.“

Mehr Raum für Flüsse

80 Prozent der Gewässer in Thüringen sind in keinem guten Zustand. Wesentlicher Grund hierfür sind stark begradigte Flüsse, Nährstoffeinträge und Abwassereinleitungen. Dies hat neben der Wasserqualität einen starken Einfluss auf die Lebensbedingungen der Gewässerorganismen, wie Fische und Wasserpflanzen. “Thüringens Gewässer sind oftmals in ein zu schmales Korsett gezwängt. Dieses lässt ihnen kaum Luft zum „Atmen“ – also mit dem Ufer und der Aue in Wechselwirkung zu kommen. Allerdings spielt genau das in Zeiten von Extremwetterereignissen eine wichtige Rolle für den Hochwasserschutz“, sagt König.

Frei fließende Gewässer, die sich in Mäandern durch die Landschaft ziehen und breite Auen zur Verfügung haben, reduzieren die Hochwassergefahr und die Höhe von Hochwasserwellen. Auen speichern zudem bis zu 30 Prozent mehr Kohlenstoff und damit klimaschädliches CO2, reinigen das Wasser und geben es bei Trockenheit nach und nach wieder an die Landschaft ab. Auch im Kampf gegen das Artensterben sind intakte Auen unerlässlich.  

„Intakte Auen sind enorm wichtig im Kampf gegen die Klima-, Wasser- und Biodiversitätskrise. Lebendige Flusslandschaften sind vorsorgender Hochwasserschutz als auch Wasserspeicher in der Landschaft. Deichrückverlegungen insbesondere zur Beseitigung von Engstellen an Flüssen schaffen Win-win-Situationen für Mensch und Umwelt“, ergänzt König.

Im Jahr 2009 wurde der Zustand der Thüringer Flüsse, Seen und des Grundwassers erstmals bewertet. 2016 hat das Umweltministerium das „Thüringer Landesprogramm Gewässerschutz 2016 – 2021“ veröffentlicht. 2022 ist das Folgeprogramm mit ca. 3.000 Maßnahmen und einem Gesamtvolumen von über 380 Mio. Euro in Kraft getreten. „Wasser ist Grundlage allen Lebens. Der gute Zustand unserer Gewässer ist daher keine überzogene Forderung. Potenziale an den Flüssen zum Schutz von Mensch, Klima und Natur müssen konsequenter genutzt werden. Um Hochwassern und Wassermangel gleichermaßen zu begegnen, ist zudem die Umsetzung von naturverträglichen dezentralen Wasserrückhaltemaßnahmen in der Landschaft unerlässlich. Gleichzeitig muss der Katastrophenschutz gestärkt werden. Denn auch mit einem natürlichen Hochwasserschutz werden wir mit Situationen konfrontiert, in denen Schäden entstehen“, schließt Sebastian König, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen.

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