- HWWI berechnet, wo Käufer*innen in Deutschland noch gute Bedingungen finden
- 37 Regionen bieten moderate Kaufpreise und prognostizierte Preiszuwächse bis 2035
- Ein Drittel der Landkreise und Städte weist bereits ein sehr hohes Preisniveau auf
Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland bleiben auf hohem Niveau: 2022 mussten Käufer*innen in neun von zehn Landkreisen und kreisfreien Städten für eine durchschnittliche Eigentumswohnung erneut mehr ausgeben als im Vorjahr. In 60 Prozent der Regionen ist der Kaufpreis auch im Vergleich zu den Jahresnettokaltmieten für eine gleichgroße Wohnung gestiegen, ergibt eine Analyse des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) für die Postbank. Mit Blick nach vorne erwarten die Expert*innen reale, also inflationsbereinigte, Preisanstiege bis 2035 insbesondere in den größten sieben Metropolen und ihrem Umland, in vielen weiteren Großstädten sowie in Landkreisen im Süden und Nordwesten. Mit sinkenden Preisen rechnen die Fachleute dagegen in weiten Teilen Ostdeutschlands.
Investitionen Eigentumswohnungen können sich dem Postbank Wohnatlas zufolge trotz des generell hohen Preisniveaus in Deutschland noch lohnen – unter zwei Voraussetzungen: verhältnismäßig moderate Kaufpreise im Vergleich zur Nettokaltmiete und die Aussicht auf weitere reale Wertsteigerungen. Beide Bedingungen erfüllen derzeit vor allem 37 Regionen in Deutschland, haben Expert*innen des HWWI für den Investitionschancen-Index im „Postbank Wohnatlas 2023“ berechnet.
Der seit Jahren bestehende Trend, dass die Kaufpreise stärker als die Mieten steigen, hat sich 2022 deutlich abgeflacht: Die Nettokaltmieten 2022 verteuerten sich im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt aller Landkreise und kreisfreien Städte nominal um 4,5 Prozent, das Plus bei den Kaufpreisen lag mit 6,2 Prozent nur noch leicht darüber. Im Vorjahr hatten die Kaufpreise noch 12,4 Prozentpunkte stärker als die Mietpreise zugelegt.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch im sogenannten Vervielfältiger wider, der abbildet, wie viele Jahresnettokaltmieten für eine gleich große Eigentumswohnung zu zahlen wären. Er blieb 2022 weitgehend stabil auf hohem Niveau und stieg binnen Jahresfrist im Durchschnitt über alle Landkreise und kreisfreien Städte um 0,4 auf 29 Jahresnettokaltmieten. Zwischen 2020 und 2021 hatte er sich noch um 2,7 Jahresmieten erhöht. Ein Drittel der Regionen weist mit einem Vervielfältiger größer als 30 ein sehr hohes Preisniveau auf. Dies betrifft die Küstengebiete, die Big 7, viele weitere Großstädte und weite Teilen Bayerns. Auch das Umland einiger Metropolen wie Berlin und München, aber auch Frankfurt und Stuttgart weist hohe Werte auf. Niedrige Vervielfältiger unter 22,5 sind überwiegend im ländlichen Raum der Bundesländer Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu finden, teilweise auch in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.
Hohe Diskrepanz zwischen Miete und Kauf an Küsten, in Bayern und in den Big 7
Wer sich eine Eigentumswohnung an den Küsten und auf den Inseln der Nord- und Ostsee kaufen möchte, muss derzeit sehr viel investieren – sowohl absolut als auch in Jahresnettokaltmieten ausgedrückt. 2022 wies der Landkreis Nordfriesland mit den Ferieninseln Amrum, Föhr und Sylt den größten Vervielfältiger (89,3) auf. In den Top Ten liegen auch die an der mecklenburg-vorpommerschen Ostsee gelegenen Landkreise Rostock (57,1) und Vorpommern-Rügen (57,3) sowie die Landkreise Aurich und Leer mit den ostfriesischen Inseln an der niedersächsischen Nordseeküste sowie Dithmarschen und Ostholstein in Schleswig-Holstein. Daneben laufen auch in den bayrischen Ferienregionen mit den Landkreisen Miesbach (53,7), Garmisch-Partenkirchen (48,0) und Starnberg (42,4) die Kaufpreise den Mieten davon.
Von einer hohen Diskrepanz zwischen Miete und Kaufpreis waren 2022 auch viele Großstädte betroffen. Den höchsten Vervielfältiger unter den Big 7-Metropolen hatte Hamburg mit 43,5 – ein Anstieg um 0,3 im Vergleich zu 2021. Auch in München und Berlin müssen Käufer*innen mehr als 40 Jahresnettokaltmieten für eine gleich große Eigentumswohnung zahlen. Allerdings ging der Vervielfältiger – anders als in den Vorjahren – hier leicht zurück: In München sank er um 1,2 Jahresnettokaltmieten, in Berlin um 1,0. In Düsseldorf nahm der Vervielfältiger im Vergleich zum Vorjahr/ binnen Jahresfrist um 0,7 auf 37,7 ab. Auch jenseits der Big 7 weisen Städte wie Potsdam (39,6) in Brandenburg, Rosenheim (39,2), Landshut (37,3) und Regensburg (35,3) in Bayern sowie Rostock (36,3) in Mecklenburg-Vorpommern mit Werten über 35 sehr hohe Vervielfältiger auf. Während er in den drei bayrischen Städten gegenüber dem Vorjahr um 2,9, 3,1 und 1,8 weiter zulegte, ging er in Rostock um 3,3 und Potsdam um 1,7 zurück.
„In immerhin vier von zehn deutschen Regionen sind die Kaufpreise in Relation zu den Nettokaltmieten in 2022 gesunken, das macht Eigentumswohnungen dort attraktiver als ein Jahr zuvor. Für Selbstnutzer*innen kann sich der Kauf einer Eigentumswohnung im Vergleich zur Miete somit früher rentieren“, sagt Manuel Beermann, verantwortlich für das Immobiliengeschäft der Postbank. „Aber auch bei dieser positiven Entwicklung bedarf der Immobilienkauf in Regionen mit hohem Vervielfältiger einer sorgfältigen Prüfung. Denn er birgt immer das Risiko, dass künftige Preissteigerungen bereits in die aktuelle Bewertung eingeflossen sind und beim Wiederverkauf Verluste entstehen.“
Wo sich der Kauf noch lohnt
Wer ein potenzielles Kaufobjekt bewertet, sollte neben dem Verhältnis von Preis und Miete auch die künftige reale Preisentwicklung unter Berücksichtigung der Kaufkraft heranziehen. Die Ertragschancen für Selbstnutzer*innen sind umso höher, je niedriger der regionale Vervielfältiger ist und je höher die erwartete künftige reale Preissteigerung ausfällt. Für Vermieter*innen gelten die gleichen Kriterien, da die anfängliche Mietrendite umso höher ausfällt, je niedriger sich der Vervielfältiger darstellt. Für 134 Regionen in Deutschland errechneten sich 2022 Vervielfältiger von mehr als 30 – was ein sehr hohes Preisniveau bedeutet. Darunter befinden sich einige Gebiete, für die das HWWI eine negative Preisentwicklung vorhersagt. In diesen Regionen würden Käufer*innen Eigentumswohnungen zu einem sehr hohen Preis erwerben und müssen künftig voraussichtlich Wertverluste hinnehmen. Für 41 der hochpreisigen Regionen prognostiziert das Institut hingegen reale Wertzuwächse zwischen 0,5 und 1 Prozent pro Jahr und für 36 Landkreise und kreisfreie Städte sogar mehr als 1 Prozent pro Jahr bis 2035. Die Städte Potsdam, Leipzig und München sowie der Landkreis Erding liegen mit erwarteten realen Wertzuwächsen von mehr als 2 Prozent an der Spitze des Feldes.
37 Regionen mit guten Investitionschancen, darunter sieben mit moderatem Kaufpreis
Im Investitionschancen-Index hat das HWWI aus allen 400 deutschen Regionen die 37 Gebiete herausgefiltert, die aktuell noch gute Bedingungen für Kaufinteressierte bieten. Die sieben Großstädte, drei Mittelstädte und 27 Landkreise in elf Bundesländern hatten 2022 vergleichsweise moderate Vervielfältiger von unter 27,5 und versprechen zugleich steigende Werte der Eigentumswohnungen bis 2035. Mehr als die Hälfte davon befindet sich im nordwestlichen Teil Deutschlands – mit allein zwölf Regionen aus Niedersachsen sowie dem Stadtstaat Bremen. Sechs Gebiete liegen in Nordrhein-Westfalen.
Wer den Fokus auf einen möglichst geringen Kaufpreis gemessen an den örtlichen Nettokaltmieten legt, findet unter den 37 Regionen sechs Landkreise und eine kreisfreie Stadt mit einem Vervielfältiger von maximal 25. Gleichzeitig sind die realen Wertzuwächse bis 2035 dort positiv.
Der Regionalverband Saarbrücken im Saarland wies 2022 dabei unter den sieben Top-Regionen mit 22,1 den niedrigsten Wert auf (2021: 23,1). Das erwartete reale Preisplus beträgt dort 0,37 Prozent pro Jahr, das zweithöchste in dieser Gruppe. Für die Stadt Delmenhorst in Niedersachsen mit dem zweitniedrigsten Vervielfältiger von 23,4 rechnet das HWWI hingegen nur mit einem Preiszuwachs von 0,03 Prozent. Den stärksten Anstieg der Kaufpreise erwarten die Fachleute mit 0,62 Prozent in der Grafschaft Bentheim, die ebenfalls in Niedersachsen liegt.
„Der Investitionschancen-Index wirft ein Schlaglicht auf Regionen mit einer günstigen Kombination von erwarteten Kaufpreisrenditen und einem moderaten Verhältnis von Kaufpreis zu regionalen Mieten. Für Interessent*innen rücken so Landkreise und kreisfreie Städte ins Blickfeld, die zuvor bei der Suche noch nicht im Fokus standen“, sagt Beermann.
Weitere vielversprechende Städte und Kreise mit leicht erhöhten Kaufpreisen
Kaufinteressierte, die bereit sind, für positive Wertzuwächse größer als 0,5 Prozent pro Jahr leicht erhöhte Vervielfältiger bis maximal 27,5 in Kauf zu nehmen, könnten in vier Landkreisen und drei Städten fündig werden. Für die Stadt Jena erwartet das HWWI ein Plus bei den Kaufpreisen von 1,23 Prozent pro Jahr, denen ein Vervielfältiger von 26,8 gegenübersteht. Ebenfalls noch relativ gute Bedingungen bescheinigen die Expert*innen den Landkreisen Oldenburg und Gifhorn in Niedersachsen, Tuttlingen und Waldshut in Baden-Württemberg sowie den kreisfreien Städten Worms und Frankenthal (Pfalz) in Rheinland-Pfalz.
Insgesamt bieten 37 Regionen die für Investoren günstige Kombination von Vervielfältigern bis 27,5 und steigenden Kaufpreisen in den kommenden Jahren. Neben den bereits genannten 14 Regionen fallen darunter 23 Landkreise und Städte mit Vervielfältigern zwischen 25 und 27,5 und einer realen Wertentwicklung zwischen 0 und 0,5 Prozent. Die Städte Wolfsburg (Niedersachsen) und Ludwigsburg am Rhein (Rheinland-Pfalz) kombinieren etwa einen Vervielfältiger von knapp über 25 mit einem prognostizierten Kaufpreiswachstum von 0,44 Prozent pro Jahr.
Kaufinteressiere, für die ein noch höherer Vervielfältiger zwischen 27,5 und 30 in Frage kommt, können in weiteren sieben Regionen eine positive Preisentwicklung von mehr als 0,75 Prozent pro Jahr erwarten. Die beste Kombination innerhalb dieser Parameter bietet der Landkreis Groß-Gerau in Hessen: Wohnungsbesitzer*innen können dort mit einem Wertzuwachs von 1,17 Prozent pro Jahr rechnen, bei einem Vervielfältiger von 28,1. Einen gleich hohen Vervielfältiger zusammen mit einem prognostizierten Preiswachstum von 1,08 Prozent bietet der Landkreis Lörrach in Baden-Württemberg. Auch der Landkreis Biberach in Baden-Württemberg lässt auf Wertzuwächse von 1,16 Prozent hoffen – allerdings mit einem recht hohen Vervielfältiger von 29,5.
Wohneigentum für Selbstnutzer*innen trotz leichter Wertverluste?
In 109 Regionen müssen Interessierte beim Kauf einer Eigentumswohnung mit Wertverlusten von mehr als 0,75 Prozent pro Jahr bis 2035 rechnen – daher ist dort große Vorsicht geboten.
Für Selbstnutzer*innen, die keinen Wiederverkauf anstreben, oder sehr langfristig orientierte Vermieter*innen könnte jedoch ein Investment in sechs Regionen mit leicht negativer prognostizierter Preisentwicklung, aber einem Vervielfältiger von weniger als 25 interessant sein. Wer in diesen Regionen derzeit eine Wohnung gemietet hat, könnte als Eigentümer*in auf längere Sicht günstiger fahren. Denn je geringer der Vervielfältiger ausfällt, desto kürzer ist der Zeitraum, bis sich ein Kauf gegenüber Miete rechnet. So bietet die Stadt Emden in Niedersachsen bei einem leicht negativen erwarteten Preistrend von minus 0,16 Prozent pro Jahr einen im Vergleich niedrigen Vervielfältiger von 21,3. Für den niedersächsischen Landkreis Nienburg (Weser) und die schleswig-holsteinische Stadt Neumünster prognostiziert das HWWI mit 0,08 und 0,05 Prozent die geringsten Wertverluste dieser Kategorie bei Vervielfältigern von knapp über 23.
„Für langfristig orientierte Selbstnutzer*innen kann eine Eigentumswohnung trotz prognostizierter leichter Wertverluste Vorteile bieten – etwa im Rahmen einer Vorsorgestrategie oder für mietfreies Wohnen im Alter“, sagt Beermann. „Das gilt aber nicht pauschal. Objekte in den Regionen können sich stark in Lage, Ausstattung, Energiestandard und Bausubstanz unterscheiden – und sollten daher genau geprüft werden.“
Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2023
Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse, die den dritten Studienteil des diesjährigen Wohnatlas darstellt, wurde unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Immobilienpreisentwicklung in den 400 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten untersucht.
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