Trotz der Möglichkeit, die einschlägigen Motive bereits unter die „menschenverachtenden“ Beweggründe in § 46 Abs. 2 S. 2 StGB zu fassen, berücksichtigte die Rechtspraxis diese bislang nur defizitär oder uneinheitlich. Durch die Erweiterung des § 46 StGB sollen Rechtsanwender*innen im gesamten Strafverfahren – einschließlich der Ermittlungsbehörden – für die genannten Motive sowie in einem weiteren Schritt für intersektionale Diskriminierungsformen sensibilisiert werden. Nur so können Gerichte die Motive auch angemessen in der Strafzumessung berücksichtigen.
Erforderlich sind neben einem breiteren Fortbildungsangebot für Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt eine gesetzliche Verankerung der Fortbildungspflicht für die Justiz.
„Diese Gesetzesänderung kann nur einer von vielen Schritten zur Verhinderung und Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt sein. Der Fokus sollte jetzt auf präventiven Maßnahmen liegen“, so die Vorsitzende der Kommission Strafrecht Prof. Dr. Leonie Steinl. Unerlässlich sind beispielsweise der Ausbau und die gesicherte, dauerhafte Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen und ihre diskriminierungsfreie Ausgestaltung und Ausstattung. Bundesweit ist außerdem ein interdisziplinäres Fallmanagement notwendig, das die bei verschiedenen Einrichtungen vorhandenen Informationen über eine individuelle Bedrohungslage zusammenführt. Ferner sollten die flächendeckende Täterarbeit und ihre Finanzierung ausgeweitet werden. Für die Identifizierung weiterer Präventionsmaßnahmen muss außerdem die Daten- und Forschungslage zu geschlechtsspezifischer Gewalt verbessert werden. Diese Gesetzesänderung stellt daher nur einen Anfangsschritt dar, geschlechtsspezifische Gewalt zu verhindern und zu bekämpfen.
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