Die Muse Euterpe bleibt in München

Der Staatlichen Graphischen Sammlung München ist ein für die Kunstsammlungen des Freistaats Bayern außerordentlicher Ankauf von historischer Bedeutung gelungen: ein Hauptblatt des am Münchner Hof tätigen Niederländers Peter Candid (Brügge um 1548–1628 München). Die Meisterzeichnung mit der Muse Euterpe ist der einzig erhaltene Entwurf für die Ausschmückung des einstigen Tempels im südlichen Garten der Münchner Residenz. Es ist ein Glücksfall ersten Ranges, dass dieses wertvolle Zeugnis aus der künstlerischen Blütezeit unter dem Wittelsbacher Kurfürsten Maximilian I. für den Freistaat gesichert werden konnte.

Euterpe war eine der neun Musen, die die Decke des Gartentempels zierten. Bekrönt wurde der Tempel von einer Pegasus-Statue. Das Lusthaus verschwand um 1730 im Zuge von baulichen Veränderungen der Münchner Residenz. Weitere Zeichnungen Peter Candids für den Tempel sind bis heute nicht bekannt geworden.

In lose flatterndem Gewand steht die bekränzte Euterpe auf einem Wolkenkissen und spielt die Syrinx. Zu ihren Füßen begleitet sie ein Engelsensemble mit Blasinstrumenten. Die Schrifttafel weist sie aus: „Euterpe entlockt der Flöte wohltuenden Hauch.“ Candid führte die Zeichnung in Feder aus, lavierte sie in Grau und setzte die für ihn so charakteristischen weißen Glanzlichter auf die Hauptfigur, die ihr nicht nur Plastizität verleihen, sondern sie auch spielerisch umschmeicheln. Die Leichthändigkeit von Candids Federstrich ergänzt sich vortrefflich mit der grazilen Anmut der Figuren. Das Blatt ist trapezförmig zugeschnitten und mit einem Quadrierung versehen, was sich aus seiner Bestimmung als Entwurf für die Tempeldekoration erklärt.

Es ist eine überaus glückliche Fügung, dass sich das Blatt mit Euterpe als einziges künstlerisches Dokument zu diesem historischen Baudenkmal erhalten hat, und dass die Zeichnung nun für München gesichert werden konnte. Der Direktor der Staatlichen Graphischen Sammlung München, Dr. Michael Hering, freut sich über den Coup, der mit dem Erwerb für die Sammlung gelungen ist: „Es gibt auf dem Kunstmarkt glückliche Momente, da muss man mutige Entscheidungen treffen. Wir werden in der Zukunft die Bürde der pekuniären Belastung vergessen und die Erwerbung als absoluten Glücksfall für den Freistaat betrachten können.“

Künstlerisch ist die Zeichnung ein Glanzlicht selbst im hoch bedeutenden Candid-Bestand der Staatlichen Graphischen Sammlung München. Neben einigen herausragenden Blättern (wie dem ingeniösen Entwurf für ein Altargemälde in der Münchner Jesuitenkirche Sankt Michael) werden hier viele Skizzen zu Ausstattungsprojekten der Münchner Residenz aufbewahrt, mit denen Candid und seine Werkstatt beauftragt waren – bislang jedoch kaum eine so schöne wie die neu hinzugewonnene Euterpe.

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