„Als Kunstform kann Zirkus unfassbare Gräben überwinden“

Am 28. Juni 2023 endet im Chamäleon Berlin ein einzigartiges Residenzprogramm, während sich ein neues Kapitel für den Zeitgenössischen Zirkus weiter öffnet. Nach einer einmonatigen Recherchetour mit Stationen beim Circus Dance Festival in Köln, dem Circus Hub München und dem Tollhaus Karlsruhe präsentiert die junge finnische Künstlerin Vilhelmiina Sinervo auf der Chamäleon-Bühne die Ergebnisse ihrer Reise und den aktuellen Stand ihres Solo-Stückes „Tonton“. Das geladene Fachpublikum wird dabei so gebannt zuschauen wie zuhören. Denn ein derartiges internationales Vernetzungsprojekt – initiiert vom Bundesverband Zeitgenössischer Zirkus, gefördert unter anderem vom Goethe-Institut München und Helsinki, dem Finnland-Institut Berlin sowie der Circus Dance Info Finland – das hat es in der Zirkuswelt noch nicht gegeben. 

So wird es neben der Abschlusspräsentation von Akrobatin Sinervo auch Wortbeiträge und Diskussionen über den Zeitgenössischen Zirkus in Deutschland und Finnland geben. „Ich hoffe und glaube, dass es in Zukunft noch viel mehr internationale Austauschprogramme dieser Art gibt“, sagt Politz. „Sowohl für die Künstler:innen wie auch für die Produktions- und Spielstätten sind grenzübergreifende Vernetzung und die weltweite Suche nach jungen Talente überlebenswichtig – so entstehen künstlerische Ideen, Produktionsprozesse können gemeinsam neu gedacht werden.“

Denn für mehr Anerkennung des Zeitgenössischen Zirkus in der Kulturpolitik kämpft Anke Politz als Intendantin seit Jahren. Mit Geschäftsführer Henrik Frobel hat sie das Chamäleon auch auf internationaler Ebene zu einer einmaligen Produktions-, Spiel- und Experimentierstätte gemacht: ein Forum für renommierte Kompanien wie Gravity and Other Myths aus Australien oder Circo Aereo aus Finnland; und genauso für künstlerisch herausragende Künstler:innen und Talente wie die mexikanische Clown-Solistin Gabriela Muñoz („Julieta“) oder das Berliner Akrobatinnen-Kollektiv still hungry („Raven“).

Zudem engagiert sich Politz im Namen des BUZZ beim Aktionsbündnis Darstellende Künste und der Allianz der Freien Künste, ist als Intendantin des Chamäleon Teil des Kuratoriums des Fonds Darstellende Künste und leitet die internationale Arbeitsgruppe The Utopians im Rahmen der MICC Konferenz des TOHU Montréal. Dort hat sie ein Mentoringprogramm mitgestartet, das weltweit Talente finden soll und sie ein Jahr lang bei der Projektentwicklung begleitet. „Wir möchten damit Kreative unterstützen, die nicht mit den großen Zirkus-Institutionen vernetzt sind oder aus verschiedenen Gründen keinen Zugang zu den Schnittstellen unseres Bereiches haben“, sagt sie. „Die nicht wissen, an wen sie sich wenden können, auch wenn ihre Idee möglicherweise den Nerv der Zeit trifft.“ 

Am 20. April 2023 hat sie ihre jahrelange Mitarbeit im Bundesverband Zeitgenössischer Zirkus (BUZZ) offiziell werden lassen und wurde einstimmig zur zweiten Vorsitzenden neben Jenny Patschovsky gewählt. Sie freue sich auf die zusätzliche Position, sagt Politz. „Ich möchte weiterhin dafür eintreten, dass unsere Ideen Gehör finden und unsere Anliegen noch stärker den Weg in die verschiedenen Foren der Kulturpolitik finden.“ 

Politz plant, ihren Fokus darauf zu legen, neue Netzwerke zu schmieden; mehr Raum für internationale Allianzen zu schaffen, wie sie etwa gerade durch das Projekt mit Vilhelmiina Sinervo entstanden sind. Vor allem aber will sie Projekten des Zeitgenössischen Zirkus endlich auch auf Länderebene mehr Zugang zu öffentlichen Fördermitteln ermöglichen – denn die gibt es für die Szene trotz der stetig wachsenden künstlerischen Relevanz des Genres flächendeckend kaum. 

Einerseits hat die Kulturministerkonferenz gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erst vor kurzem bestätigt, dass Zirkus als eigenständige Form der Darstellenden Künste künftig zum Immateriellen Kulturerbe in Deutschland gehört. Gleichzeitig sind öffentlichen Subventionen nach den vorübergehend eingerichteten Corona-Fonds für die freie Szene mittlerweile wieder auf Vorpandemie-Niveau angekommen oder noch darunter gesunken. „Viele Künstler:innen und Produzent:innen stehen vor einem Gefühl der Ohnmacht oder der Optionslosigkeit“, sagt Politz. „Dabei kann der Zirkus als Kunstform aufgrund seiner Formensprache, Vielfalt und spartenübergreifenden Arbeitsweise nachweislich helfen, die unfassbaren Gräben in unserer Gesellschaft zu überwinden.“ Es gebe wenig Einstiegsbarrieren und nahezu jeder Mensch finde Zugang. „So entstehen Brücken, die Begegnung und Austausch ermöglichen.“ 

Im Chamäleon kann man live Teil dieser Begegnungen sein, wenn das Ensemble von Circo Aereo noch bis zum 30. Juli 2023 das poetisch-verträumte Stück „in_between“ präsentiert. Nach einer kurzen Sommerpause übernimmt Ende August wieder die Kompanie Gravity and Other Myths mit einer Weiterentwicklung ihres gefeierten Erfolgs „The Mirror“ die Bühne. Im kommenden Jahr feiert das Chamäleon 20-jähriges Bestehen, gerade wird der Spielplan fertiggestellt und im Herbst veröffentlicht. Was das Jubiläum für das Programm bedeutet, wird bis dahin nicht verraten. Fest stehe für das gesamte Team, dass der Fokus dabei nicht auf Konfettiregen oder Beweihräucherung des Hauses liegen werde, sagt Politz. „Stattdessen möchten wir in die Zukunft des Zeitgenössischen Zirkus blicken, mit all seinen Herausforderungen und Aufgaben.“ 

Und wird die Finnin Vilhelmiina Sinervo ans Chamäleon zurückkehren, vielleicht sogar mit einer vollendeten Fassung von „Tonton“? „Wir werden sehen“, sagt Politz. „Residenzprogramme wie dieses sollen an keine folgenden Bedingungen für die Künstler:innen geknüpft sein, sie sollen sich frei entfalten können.“ Das Schöne sei aber, dass es jetzt einen direkten Weg zueinander gebe. 

„Und genau von diesen Wegen brauchen wir mehr.“

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