Organspende: Nach dem eigenen Tod anderen Menschen helfen

Schneller als gedacht kann jede:r durch einen Unfall oder eine Erkrankung in die Situation kommen, auf ein Spenderorgan angewiesen zu sein oder selbst zum Organspender:in zu werden. Warum Organspenden Leben retten, was man schon zu Lebzeiten tun kann, um seine Einstellung zur Organspende zu dokumentieren und wie eine Organspende abläuft, erklären Dr. Gerold Söffker, Transplantationsbeauftragter des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und Priv.-Doz. Dr. Florian Grahammer, Leiter des Universitären Transplantations Centrum des UKE, anlässlich des Tags der Organspende am 3. Juni.

Wieso ist das Thema Organspende so wichtig?

Dr. Gerold Söffker: Organspende ist deshalb wichtig, weil jede:r von uns eine Erkrankung oder einen Unfall erleiden kann, der eine Organtransplantation notwendig macht oder ihn gar zum Organspender:in werden lässt. Daher sollte jede:r zu Lebzeiten eine Entscheidung treffen, ob sie oder er nach dem Tod Organe spenden möchte. Als Transplantationsbeauftragter sehe ich oft, wie schwer es für Angehörige sein kann, diese Entscheidung für einen nahestehenden Menschen zu treffen, wenn er dies nicht selbst getan hat. Gäbe es keine Organspende, gäbe es auch keine Hoffnung für die vielen Menschen, die derzeit dringend auf ein Spenderorgan warten.

Wie hoch ist der Bedarf an Spenderorganen und welche Organe können nach dem Tode gespendet werden?

Priv.-Doz. Dr. Florian Grahammer: In Deutschland warten aktuell mehr als 8.500 Patient:innen auf ein Spendenorgan. Der Bedarf an Organen ist dabei deutlich höher: Im letzten Jahr wurden bundesweit nur 2.662 Organe gespendet, was die Lücke zwischen Bedarf und Angebot deutlich macht. Gespendet werden können die Organe Leber, Niere, Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse und der Dünndarm.

Wer kommt für eine Organspende infrage?

Dr. Söffker: Die Frage sollte eher lauten, wer kann keine Organe spenden, denn es gibt kaum absolute Kontraindikationen, insbesondere gibt es keine Altersgrenze. Menschen, die unter Volkserkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes leiden, können ebenfalls als Spender:in infrage kommen. Nur wenige Menschen können nicht spenden, beispielsweise mit seltenen Erkrankungen wie metastasierte Tumorerkrankungen, mit einer schweren Sepsis oder einem Multiorganversagen. So bitter es klingt, auch Kinder können Organe spenden. Ihre Organe kommen in erster Linie auch Kindern zugute.

Wer trifft die Entscheidung zur Organspende?

Dr. Söffker: Es dürfen nur Organe zur Spende entnommen werden, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten einer Organspende zugestimmt hat. Am besten ist es, wenn man seinen Willen entweder schriftlich dokumentiert im Organspendeausweis, in einer Patientenverfügung oder ab nächstes Jahr auch im Online-Register. Mindestens aber sollte man das mündlich mit seinen nächsten Angehörigen besprechen. Bei Kindern müssen die gesetzlichen Vertreter:innen ihre Zustimmung geben.

Was hat es mit der Widerspruchsregelung auf sich?

Priv.-Doz. Dr. Grahammer: Die Widerspruchslösung bedeutet, dass davon ausgegangenen wird, dass alle Menschen bereit sind, ihre Organe zu spenden. Es sei denn, sie widersprechen dem ausdrücklich. Über die Widerspruchslösung wurde in der Vergangenheit schon mehrfach debattiert und leider scheiterte 2020 die Reform der bisherigen Regelung. Seit Jahren geht die Zahl der Spender:innen deutlich zurück und viele Patient:innen versterben, weil sie nicht rechtzeitig transplantiert werden können. Ich würde es sehr begrüßen, wenn es politisch einen erneuten Anlauf geben würde, um über die Widerspruchslösung abzustimmen.

Wie läuft die Organspende ab?

Dr. Söffker: Die Voraussetzung für eine Organspende ist der Hirntod, also der unumkehrbare Funktionsausfall des gesamten Gehirns der Person. Dieser wird von zwei Fachärzt:innen unabhängig voneinander nach einer Richtlinie der Bundesärztekammer diagnostiziert. Durch intensivmedizinische Maßnahmen kann die Lungenfunktion und das Herz-Kreislauf-System künstlich aufrechterhalten werden, sodass die restlichen Organe weiterhin durchblutet und gespendet werden können.

Priv.-Doz. Dr. Grahammer: Dann wird geprüft, welche Organe zur Entnahme in Frage kommen. Eurotransplant in Leiden vermittelt die Organe und die Deutsche Stiftung Organtransplantation kümmert sich in Deutschland darum, wie die Organe von Spender:in zu Empfänger:in kommen. Das Empfängerkrankenhaus, beispielswiese das UKE, wird informiert, dass für eine:n Patient:in ein entsprechendes Spenderorgan zur Verfügung steht. Dann wird die Transplantation von unseren Transplantationskoordinator:innen organisiert. Der Organempfänger wird informiert und ins UKE geholt, sofern sie oder er sich nicht bereits im Klinikum befindet. Parallel dazu fährt oder fliegt ein Entnahmeteam des UKE zum Spenderkrankenhaus.

Weitere Informationen: www.organspende-info.de

Über Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Das 1889 gegründete Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eine der modernsten Kliniken Europas und mit rund 14.400 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Pro Jahr werden im UKE rund 497.000 Patient:innen versorgt, 90.000 davon stationär und 407.000 ambulant. Zu den Forschungsschwerpunkten des UKE gehören die Neurowissenschaften, die Herz-Kreislauf-Forschung, die Versorgungsforschung, die Onkologie sowie Infektionen und Entzündungen. Über die Medizinische Fakultät bildet das UKE rund 3.400 Mediziner:innen, Zahnmediziner:innen und Hebammen aus.

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