Bayerns Ministerpräsident Markus Söder warnt Kirche vor Rückzug

Mit einem Appell, die Gemeinschaft der Kirche zu stärken, hat sich der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder in einem Grußwort an die Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) gewandt. „Wir müssen die frohe Botschaft des Christentums wieder stärker nach außen tragen“, sagte er. „Die Arbeit der Laien ist dabei unersetzlich.“ Der Auslöser für den Synodalen Weg – der Missbrauchsskandal – müsse weiter die Gemüter beunruhigen: „Die Missbrauchsfälle müssen vollständig aufgeklärt werden. Grundsatz muss sein: Helfen, zuhören, Frieden stiften.“

Bayern unterstütze alle Opfer von Missbrauch und Gewalt und richte eine zentrale, unabhängige Anlauf- und Lotsenstelle ein. Das Christliche in der Gesellschaft dürfe nicht verschwinden. Lebensschutz, Caritas und das kirchliche Bildungswesen seien präsente Zeichen. Er halte es für tragisch, wenn jetzt Bistümer ihre kirchlichen Schulen abwickelten. Ein Rückzug sei die falsche Reaktion auf Krisen und Finanzknappheit: „Das kann doch nicht der Weg der Kirche sein!“

Dr. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des ZdK, danke dem bayerischen Ministerpräsidenten und versicherte: „Wir gehen auf dem Synodalen Weg um des Evangeliums willen“, die froh machende Botschaft sei immer Leitschnur. In ihrem anschießenden Bericht zu aktuellen Entwicklungen machte sie klar, wie sehr in kirchenpolitisch bewegten Zeiten darauf achtzugeben sei, sich nicht in der Kirche zu verlieren.  Es gebe freilich zwingende Gründe, sich mit Kirchenreform, gelingender und misslingender Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs, mit den Abgründen der jüngsten Vergangenheit zu beschäftigen. „Wir erleben in den letzten Wochen eine Kirche, die auf mehreren Ebenen von Männern geprägt ist, die ihre Macht zementieren, Entwicklungen verweigern und die Gräben zwischen der Kirche und der Welt weiter vertiefen.“ Aus dem Vatikan kämen weiter kritische Stimmen zu den Reformanliegen des Synodalen Weges in Deutschland. „Wir stehen an einem Scheideweg“, sagte die Präsidentin. Jetzt gehe es darum zu beweisen, „dass diese Kirche ihrem Auftrag entsprechend eine Kirche für die Menschen sein kann“.

Die kirchenpolitische Agenda dürfe aber nicht vergessen machen, dass die organisierte katholische Zivilgesellschaft in Deutschland eine gesellschaftspolitische Aufgabe habe. Diese leide unter dem Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche. Dennoch sei es möglich, Themen wie Menschenrechte, Selbstbestimmung, Wahrung menschlicher Würde im politischen Raum Gehör zu verschaffen. Ein Beispiel dafür sei das sich entwickelnde Selbstbestimmungsgesetz in Deutschland. Die Vollversammlung des ZdK hatte zu diesem Punkt im Dezember einen bahnbrechenden Beschluss gefasst. Auf dessen Basis sei es möglich, vonseiten des ZdK mit einer klaren Haltung pro Selbstbestimmung in die politischen Gespräche zu gehen, sagte Stetter-Karp. „Ich gehe davon aus, dass das ZdK am Prozess der Verbandsanhörung beteiligt sein wird.“ Im Bundesfamilienministerium lägen aber auch weitere Themen, zu denen das ZdK eine klare Haltung habe: „Wir wollen eine Kindergrundsicherung, so schnell wie möglich. Wir wollen Respekt für das menschliche Leben in besonders sensiblen Phasen, am Anfang und am Ende des Lebens. Und wir sind bereit, dafür zu streiten.“

Die Präsidentin wies außerdem darauf hin, dass das ZdK sich neu und intensiv mit friedensethischen Fragen beschäftige. Der Krieg in der Ukraine sei deshalb Thema eines Podiums am heutigen ersten Tag der Vollversammlung. Auch der nächste Katholikentag in Erfurt 2024 stehe mit seinem Leitwort „Zukunft hat der Mensch des Friedens“ stark unter dem Eindruck einer seit Jahrzehnten nicht dagewesenen Lage in Europa: „Es gilt, den Frieden im Krieg vorzubereiten“, so Irme Stetter-Karp.

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