Arbeitgeber erhöhen Angebot deutlich und signalisieren damit Abschlusswillen

In der zweiten Runde der diesjährigen Tarifverhandlungen unterbreiteten die Arbeitgeber am heutigen Mittwoch ein abschlussfähiges Angebot. Die Arbeitgeber bieten an, die Löhne und Gehälter in den nächsten 24 Monaten in drei Schritten um insgesamt 7,5 % zu erhöhen. Zudem sind sie bereit, eine Inflationsausgleichsprämie (IAP) in Höhe von insgesamt 1.000 Euro zu zahlen, die bei den Mitarbeitern „Brutto für Netto“ ankommt. Als absolutes Novum eröffnen sie die Möglichkeit für ein tarifliches Basisentgelt, demzufolge die Stundenlöhne unmittelbar mit der ersten Lohnerhöhung auf mindestens 13 Euro angehoben werden sollen.

„Wir befinden uns nach intensiven internen Abstimmungen im Zeitraffer-Modus und setzen mit diesem Angebot alles daran, schnell eine Verhandlungslösung herbeizuführen. Unser Ziel war es, die Abschlussfähigkeit noch im Mai zu erreichen. Darum haben wir trotz der massiv gestiegenen Kosten für den Einzelhandel und der extrem schwierigen wirtschaftlichen Ausgangslage unser Angebot so erheblich erhöht, dass es bei etwas gutem Willen zu einer Tarifeinigung führen sollte. Dafür investieren wir erheblich in eine nachhaltige und dauerhaft wirkende Erhöhung der Tarifentgelte und bieten mit der sofort wirkenden Inflationsausgleichsprämie eine zusätzliche attraktive, weil abgabenfreie Komponente an. Für den unteren Lohnbereich ist die sofortige Anhebung der Stundenlöhne auf den tariflichen Basiswert von 13 Euro ein neues und interessengerechtes Gestaltungsinstrument. Am Ende der Laufzeit wird sich der unterste tarifliche Stundenlohn nach unserem Angebot auf 13,59 Euro entwickelt haben. Damit ist er auch nach Gewerkschaftsvorstellungen armutsfest. Das könnte insgesamt eine tragfähige Lösung auch für die anderen Einzelhandles-Tarifgebiete in der Republik werden“, sagte Philip Merten, Vorsitzender der Tarifkommission.

„Noch nie in der Tarifgeschichte haben wir uns so schnell von allen Ritualen verabschiedet und haben uns mit ungeheurer Geschwindigkeit auf unseren Sozialpartner zubewegt. Das tun wir insbesondere deshalb, weil wir die Dringlichkeit für unsere Belegschaften spüren. Wir gehen bereits einen Schritt über die Schmerzgrenze vieler Händlerinnen und Händler hinaus, aber die ungewöhnliche Ausgangslage erfordert jetzt mutiges Handeln. Das Blatt darf indes nicht überreizt werden, wenn man nicht Betriebe und Unternehmen in ihrer Existenz gefährden will. Jetzt ist es an ver.di, ebenfalls die Rituale über Bord zu werfen und sich mit uns auf den Weg einer Lösung zu machen. Diese Haltung konnten wir bedauerlicherweise aber in der zweiten Verhandlungsrunde nicht feststellen. Wir können uns nicht vorstellen, dass die Gewerkschaft dauerhaft mauert und noch beharrlich an der unrealistischen Ausgangsforderung festhält. Wir sind bereit und warten auf einen Partner für lösungsorientierte Verhandlungen. Bei uns bleiben alle Türen offen“, so Merten weiter.

Aktuelle Umsatzzahlen des Statistischen Bundesamtes unterstreichen die schwierige Lage im Einzelhandel. So lagen die Einzelhandelsumsätze im März 2023 real 8,6% unter den Umsätzen des Vorjahresmonats. Der Lebensmitteleinzelhandel verzeichnete gar den stärksten Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahresmonat seit 1994.

„Die Umsatzzahlen sprechen eine deutliche Sprache. Der Einzelhandel befindet sich aktuell in einer historisch schwierigen Situation. Dies muss auch die Arbeitnehmerseite anerkennen. Überzogene Lohnforderungen können die Händlerinnen und Händler in der aktuellen Situation nicht stemmen. Wird der Einzelhandel überfordert, hätte das auch dramatische Auswirkungen für die gesamte Gesellschaft. Unsere Innenstädte leben von unserer einzigartigen Handelsvielfalt in Baden-Württemberg. Stirbt diese Handelsvielfalt, dann veröden unsere Innenstädte, die aktuell noch einen wichtigen Platz für Austausch und Begegnung verschiedenster Gesellschaftsgruppen darstellen. Dieser Verantwortung muss sich auch die Arbeitnehmerseite bewusst sein. Eine Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) ist für uns auch deshalb keine Option. Ein Tarifabschluss mit Erhöhungen wie beispielsweise im öffentlichen Dienst ist utopisch und würde ganz konkret das Aus zahlreicher Handelsgeschäfte in Baden-Württemberg bedeuten. Dies muss allen klar sein“, sagte Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg (HBW).

Die Verhandlungen wurden auf den 23.06.2023 vertagt. Sollte zwischenzeitlich Bewegung in die Verhandlungen kommen, sind die Arbeitgeber für schnellere Terminierungen offen.

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