Verpasste Chance für den Standort Europa: Rohstoffgesetz bleibt weit hinter den strategischen Notwendigkeiten zurück

Die Europäische Kommission hat im Rahmen des Green Deal Industrial Plans den Critical Raw Materials Act vorgelegt. Die Gesetzesinitiative bleibt weit hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück.

„Für einen erfolgreichen Industriestandort der Zukunft und für das Gelingen der Jahrhundertaufgabe der Transformation müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen von Anfang an mitgedacht und entsprechende Strategien entwickelt werden. Im internationalen Wettlauf um Rohstoffe und Energie sind Deutschland und Europa zunehmend abgehängt – mit entsprechend deutlichen Effekten für die Wettbewerbsfähigkeit.

Mit dem Critical Raw Material Acts hätte Europa die Chance gehabt, hier aufzuholen und neue Standards zu setzen. Die notwendige politische Entschlossenheit und zukunftsweisende Strategie für eine rohstoffsichere Zukunft bleibt allerdings – neben einigen richtigen Impulsen – weitestgehend aus; und damit ausdrücklich weit hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück“, erklärt VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Insgesamt hat die Strategie Stärken und Schwächen: „Die Konzentration auf eine Liste für strategische Rohstoffe ist grundsätzlich richtig – so wird der Fokus auf die Rohstoffe für die dringend benötigten Klimatechnologien gelenkt. Auch dass ein Critical Raw Materials Board strategische Rohstoffprojekte identifizieren soll, die dann von schnelleren Zulassungsverfahren und einer einfacheren Finanzierung profitieren, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, so Müller.

Neben diesen positiven Teilaspekten bleibt der Vorschlag darüber hinaus aber leider weit hinter dem zurück, was ursprünglich angekündigt wurde:

„In Teilen schwächt es sogar die Position Europas auf dem weltweiten Rohstoffmarkt. Konkret: Die Forderung nach einer europäischen Agentur für strategische Rohstoffprojekte, die direkt in entsprechende Projekte investieren und das Angebot so stärken würde, bleibt von der Kommission in ihrem Vorschlag genauso ungeachtet wie die Einrichtung eines Rohstofffonds zur Finanzierung der identifizierten strategischen Rohstoffprojekte. Damit werden zwei zentrale Forderung von Experten und Industrie ignoriert – und eine große Chance vertan. Stattdessen werden für 2030 vollkommen unrealistische Ziele der Selbstversorgung, Recycling und Importquote definiert. Ziele, die aufgrund der langen Vorlaufzeiten von Rohstoffprojekten (bis zu 10 Jahren) oder der langen Lebensdauer von Produkten (bei Fahrzeugen mindestens 15 Jahre), bereits aus heutiger Sicht nicht erreicht werden können“, so Müller.

Müller weist darauf hin, dass weitere wichtige Instrumente nicht Teil der Initiative sind: „Auch eine direkte finanzielle Unterstützung auf EU-Ebene in Form von Steuergutschriften oder direkten Subventionen ist für die strategische Rohstoffprojekte nicht vorgesehen. Stattdessen werden die Mitgliedsstaaten aufgefordert, strategische Projekte bei der Finanzierung zu unterstützen, gegebenenfalls mit UFK-Garantien, Versicherungen oder direkten finanziellen Mitteln. Das kann zu einem Wettbewerb unter den einzelnen Mitgliedsstaaten führen – ein Wettbewerb an der falschen Stelle: Mit Blick auf die geopolitische Situation und die wirtschaftlichen und strategischen Herausforderungen verpasst die EU die Chance, Stärke und Einfluss durch Geschlossenheit und gemeinsames Handeln zu demonstrieren."

Nahezu abwegig ist das digitale Dashboard, das öffentlich Ergebnisse von Stresstests anzeigen soll: „Das ist kontraproduktiv und fahrlässig: Eine Offenlegung der Europäischen Vulnerabilitäten führt zu einer schwächeren Verhandlungsposition bei Rohstoffimporten, auf die Europa weiterhin angewiesen sein wird“, so Müller.

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