Die Kraft zwischen den Zeilen
Nach dem Tod ihres gemeinsamen Kindes treffen sich ein Mann und eine Frau 9 Jahre später in einer Friedhofshalle wieder – und sprechen über all das, was bisher unausgesprochen blieb.
Was an der Oberfläche aussieht wie ein konventionelles Stück mit hervorragenden Dialogen, ist in Wahrheit ein Verwirrspiel, in dem schnell verschwimmt, was gemeinsame Erinnerung der beiden ist und was Erfindung, um den anderen zu verletzen. Beide möchten den Menschen wiedersehen, den sie geliebt haben, aber sie sehen nur das Scheitern einer großen Liebe. Erst kurz vor Schluss keimt so etwas wie neue Zuneigung auf. Lot Vekemans 2009 geschriebenes Stück gehört mit mittlerweile über 90 Inszenierungen zu den meistgespielten Stücken an deutschen Bühnen.
Viele Identifikationsmöglichkeiten
Vekemans schafft es dabei die Feinheiten des zwischenmenschlichen Umgangs treffend und scharf zu analysieren. Die Figuren sind nahbar, sehr zugänglich und schaffen viele Wiedererkennungsmöglichkeiten für Zuschauer:innen. Wie im Brennglas schaut die Inszenierung von Barish Karademir aber auch auf das, was zwischen den Zeilen steht.
«Jedes traumatische Erlebnis bedeutet Brandmarkungen.», sagt Regisseur Barish Karademir, «Jeder Schicksalsschlag macht etwas mit den Menschen und das hat auch Auswirkungen auf ihre Umwelt.» Wie auf dem Seziertisch werden die Figuren untersucht. Dabei haben sich Karademir und Ausstatter Walter Schütze vom oft inszenierten Realismus gelöst, um mehr Allgemeingültigkeit und Variabilität zu schaffen und so eine Formel zu finden, die anwendbar und übertragbar ist für unterschiedliche Menschen unterschiedlicher Herkunft oder sozialer Klassifizierungen. «Die Geschichte ist etwas, das uns alle menschlich miteinander verbindet», so der Regisseur.
Nah am Puls der Zeit
Es ist eine psychorealistische Sprache, die Vekemans Stück ausmacht. Die Sätze, die gesprochen werden, kennen wir alle. Und doch nähert sich das Team mit den Mitteln des Theaters. «Manchmal ist die Stille lauter als das gesprochene Wort.» Da, wo die Sprache zum Stillstand kommt, kommt auch Video und Ton ins Spiel. Alexander Jopke und Petra Pausch ergänzen das Team in diesem Bereich.
Entstanden ist ein runder, intensiver Abend, der sich mit ernsten Gefühlen befasst, lebensbejahend endet und dem man sich auch visuell hingeben kann.
GIFT
von Lot Vekemans
Regie: Barish Karademir
Bühne & Kostüme: Walter Schütze
VIDEO & SOUNDDESIGN: Alexander Jopke, Petra Pausch
DRAMATURGIE: Elisabeth Kerschbaumer
SIE: Ulrike Fischer
ER: Henning Bäcker
PREMIERE
4. März 2023, 19:30 Uhr // Kleines Haus
Weitere Termine: 12.03.2023 (15 Uhr) / 15.03.2023 / 18.03.2023 / 23.03.2023 / 29.02.2023 / 22.04.2023
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