von Prof. Götz Piwinger
Schnell eine Suche im World Wide Web und schon ist die Unsicherheit perfekt. Da gibt es Angebote von IHKs und den üblichen privaten Akademien und ja, da wird eine Menge Quatsch angeboten. Es schleicht sich der Verdacht in das Herz des Betrachters, dass die angebotenen Inhalte ein Sammelsurium bestehender Inhaltsmodule sind, die zum Zwecke der Vermarktung zusammengeflickt werden. Es geht sogar so weit, dass die Inhalte nur noch wenig mit der HR und schon gar nicht mit der Organisationsentwicklung zu tun haben. Doch im Kern ist das People & Culture Management vereinfacht eine Aufgabe Mischung aus Personal (People) – und Organisationsentwicklung (Culture). Aus der Organisationslehre wissen wir, dass eine Organisation mit der Summe aller Entscheidungen definiert wird. Daher ist es von fundamentaler Bedeutung, wie Entscheidungen getroffen werden und vor allem, in welcher Form in der Konsequenz das Handeln erfolgt.
Selbstverständlich sollte das Thema People & Culture unbedingt im Lichte der Agilität verstanden werden. Deshalb könnte das Mindset im Hintergrund des Handeln sein, dass
Lernen – Entscheiden – Handeln
auf den drei Ebenen
Organisation – Teams – Person
in selbstorganisierter Weise geschehen. Das bedeutet ohne starre Hierarchien im Sinne der Organisation. ”Im Sinne der Organisation” bedeutet in diesem Fall, dass alle nach verbindlichen Werten und Prinzipien handeln.
In der Konsequenz destillieren sich daraus zwei Handlungsfelder für den P&O Manager:
Werte- und Kompetenzentwicklung. Wenn etwas entwickelt werden soll, so muss es messbar sein. Deshalb benötigen transformationsbereite Organisationen Kompetenzmodelle, Wertemodelle, IT-Systeme zur Erfassung und kluge Köpfe zur Ermittlung der Handlungsempfehlungen auf allen Ebenen. Was ist Kompetenz? Im Gegensatz zur rein intellektuellen Fähigkeit ist Kompetenz die Bereitschaft, auf der Basis bestimmter Werte zu handeln. Sie setzt sich grundsätzlich aus den drei Komponenten
Qualifikation (Fachliches Lernen)
Emotionale Erfahrung (Erfahrung erleben)
Werte (Prinzipien verinnerlichen)
zusammen. Um Werte zu entwickeln, sind -genau wie in der Kompetenzentwicklung- praktisch-emotionale Erfahrungen durch reale oder realitätsnahe Projekte notwendig. Diese werden praktischerweise in die Kompetenzentwicklung eingebaut. Dies wird beispielsweise bei der interkulturellen Integration erwartet, beispielsweise dann, wenn Abteilungen oder Unternehmen zusammengeführt werden oder wenn internationale Teams konstruktiv kooperieren sollen. All dies bleibt nur mit der Nutzung kluger IT-Lösungen skalierbar, was uns zum nächsten Problem bringt.
Wir erleben immer wieder, dass Kompetenzmessungen mit Persönlichkeitstests verwechselt werden. Diese grobe Fehler erklärt sich am leichtesten dadurch, dass Persönlichkeitstest nur das Verhalten der Menschen messen. Doch das tief innewohnende Verhalten lässt sich nur durch langwierige psychologische Arbeit verändern und taugt deshalb nicht zur wirklichen Entwicklung. Die Kompetenzmessung erfasst das Handeln des Menschen. Und es ist tatsächlich so, dass man aus dem Handeln in der Vergangenheit auf das Verhalten der Zukunft schließen kann. Gute Kompetenzmessungen sind holistisch nach dem 360 Grad Prinzip und erfassen die Selbsteinschätzung, Fremdeinschätzung durch Kollegen*Innen, Fremdeinschätzung durch Führungskräfte und Einschätzungen durch Kunden oder Partner. Nur so kann die optimale Qualität der oftmals automatisierten Handlungsempfehlung erreicht werden. Einmal mehr wird klar, warum Methoden und IT-Systeme eng miteinander abgestimmt sein müssen.
Der People & Culture Manager braucht also auch die Bereitschaft, IT-Systeme von der Planung bis zum Alltagsbetrieb steuern zu können. Im Idealfall sollten folgende IT-Komponenten in einem Learning Experience Ecosystem verbunden sein:
Wissensmanagement
Das digitale Merkmal “Sharing” muss Einzug in die Unternehmenskultur finden. Es geht hier nicht um ein Wiki, sondern um eine KI gestützte Knowledge Communication Platform mit unmittelbarer Integration eines
Learning Management Systems incl. Skill Management
Das wertvolle Wissen in einem Unternehmen sollte in verschiedenen Formaten verfügbar sein. Für alle Lerntypen und Arbeitsrollen, vom Topmanager bis zur Hilfskraft. Auch hier empfehlen sich KI-gestützte Content-Tools.
Mitarbeiter*Innen Gesprächsmanagement Tool
Das Jahresgespräch war gestern. In der heutigen Kommunikation finden kurze, anlassbezogene Feedbacks statt, wo immer auch die aktuelle Entwicklung fokussiert wird. Um den Fortschritt zu messen, und auch ohne persönliche Begegnung und auch über Kontinente mit Zeitverschiebung hinweg, müssen diese Entwicklungsgespräche zielführend und konstruktiv gestaltbar sein.
Kompetenz Management Tool
Da Kompetenzen ja etwas anderes sind als Qualifikationen, müssen diese auch entsprechend gemessen werden, um die passenden Handlungsempfehlungen zur Entwicklung empfehlen zu können.
Werte Management Tool
Auf der Basis eines organisationsweit gültigen Wertesystems basiert das Ziel, dass alle Stakeholder: Organisation, Teams und Personen nach den gleichen Werten handeln und damit eine gemeinsame Kultur verkörpern. Dieses wichtige Element ist ebenfalls nur mit IT-Unterstützung zu bewältigen.
Nach dieser kurzen Analyse kann gesagt werden, dass ein People & Culture Professional tatsächlich eine ganze Menge an Muskelkraft mitbringen muss, um diese Aufgaben zu bewältigen. Doch sind diese IT-Tools erst einmal auf Basis der Modelle im Einsatz, wird das People & Culture Management zum Selbstläufer.
Zurück zur Ausgangsfrage: Was taugen die Seminare und Kurse für People & Culture Management? Dieser Beitrag sollte bereits eine Antwort geben können. Und so richtig schön wäre es doch, wenn ein People & Culture Kurs kompetenzorientiert wäre und zusätzlich mit ECTS Studiencredits auf den Master angerechnet würde. Ein solches Angebot haben wir beispielsweise an der jungen HEX Hochschule für Exzellenz entdeckt.
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