„Kommunen sind Partner bei der Integration – es braucht jetzt Zusagen des Bundes“

Ohne den kommunalen Pragmatismus wären die Herausforderungen des letzten Jahres bei der Aufnahme von Menschen nicht so gut gemeistert worden. Ohne den überragenden Einsatz von Kommunalverwaltungen und Ehrenamtlichen hätten Geflüchtete aus der Ukraine und Asylbewerber nicht so schnell Schutz und Hilfe bekommen, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr: „Die Städte waren und sind stets konstruktive und verlässliche Partner, um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu schultern. Kommunen stehen zu ihrer Verantwortung, sie gehen organisatorisch und finanziell in Vorleistung. Städte und Gemeinden müssen zur Erfüllung dieser Aufgaben aber von den anderen staatlichen Ebenen ausreichende Unterstützung bekommen. Die Europäische Union, der Bund und der Freistaat sind in der Pflicht und müssen zu ihrer Verantwortung stehen.“

Die Unterbringungskapazitäten der Städte sind begrenzt und immer mehr Städte gelangen an das Limit. Die Anmietung oder Schaffung neuer Kapazitäten gestaltet sich immer schwieriger. Pannermayr: „Der Bund muss schnell geeignete Liegenschaften für staatliche Unterkünfte zur Verfügung stellen. Darüber hinaus braucht es deutlich mehr Anstrengungen und eine dauerhafte Förderung des Bundes im sozialen Wohnungsbau. Wenig hilfreich sind in diesem Zusammenhang Äußerungen von Bundesfinanzminister Lindner, dass der Bund schon genügend geleistet habe und nun die Länder am Zug seien. Der Bund hat mit dem im Sommer 2022 erfolgten Rechtskreiswechsel der Ukraine-Geflüchteten aus dem Asylrecht in die Zuständigkeit der Jobcenter für Unsicherheiten bei der Unterbringung und Kostenverlagerungen bei der Krankenhilfe auf die Kommunen gesorgt. Seither sind auch die Zahlen der Asylbewerber wieder gestiegen. Da darf sich die Bundesebene nicht einfach entziehen. Es braucht jetzt klare Zusagen für eine stärkere finanzielle Unterstützung. Diese Mittel müssen laufend an die Dynamik der Situation angepasst und verstetigt werden.“

Neben der Unterbringung erbringen Kommunen vielfältige Integrationsleistungen, die sich langfristig in kommunalen Haushalten niederschlagen. Die Kommunen dürfen nicht mit den Kosten allein gelassen werden: Aus den Mitteln für Familienpolitik müssen die Kommunen zur Schaffung von zusätzlichen Kindertagesplätzen Geld erhalten. Für Kinder und Jugendliche sind Kitas und Schulen die erste Integrationsinstanz. Darüber hinaus entstehen Kosten für Jugendsozialarbeit, Schulsozialarbeit, Sprachkurse, Integrationsangebote und Berufsbildung. Alles das kostet Geld für die Kommunen und bedeutet einen zusätzlichen Personalaufwand in Kindertagesstätten, Schulen, Jugendämtern und Sozialämtern.

Der Städtetag fordert zudem eine Perspektive, um den Zugang von Zuwanderern besser zu steuern. Der Bund muss auf die EU einwirken, dass die Außengrenzen stärker überwacht, die Einreise besser kontrolliert und illegale Migration effektiver verhindert werden. Für Geflüchtete und Asylbewerber, die in die EU kommen, müssen schnellere Verfahren zur Feststellung von Bleiberechten und wirksame Mechanismen zur angemessenen Verteilung auf die Mitgliedsstaaten eingerichtet werden. Der Bund muss die Asylverfahren beschleunigen und Menschen ohne Bleiberecht müssen konsequent in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden.

Pannermayr: „Gerade bei schwierigen Themen und in angespannten Zeiten kommt es auf die sprachliche Disziplin an. Die rhetorische Intonierung in Fragen von Asyl und Flucht muss den komplexen Sachverhalten ebenso wie den betroffenen Menschen gerecht werden.“ Auf viele Fragen kann es keine einfachen Antworten und schnelle Lösungen geben. Alle Ebenen müssen ihren Beitrag zur Lösung leisten, meint Pannermayr: „Die Europäische Union muss Menschen in Not eine Perspektive für den Aufbau eines vernünftigen Staatswesens in ihrer Heimat geben. Denn niemand verlässt gerne seine Heimat und begibt sich in die Hände von Schleusern. Auch wenn sie kaum Aussicht auf Anerkennung als Asylbewerber haben, sind diese Menschen oft von bitterer Not und Verzweiflung getrieben.“

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