Erkrankt ein Patient an einer Leukämie, ist eine Stammzelltransplantation oft seine letzte Hoffnung. „Hierbei spielen die Gewebemerkmale seiner weißen Blutkörperchen, den Leukozyten, die wichtigste Rolle“, sagt Dangrieß. „Diese HLA-Merkmale von Spender und Empfänger müssen möglichst ideal zusammenpassen. Dabei sind sie so individuell wie ein Fingerabdruck.“ Deshalb untersuchen die Mitarbeiter des Labors für Transplantationsimmunologie im Institut für Humangenetik am UKJ in einem ersten Schritt die Gewebemerkmale des Patienten ganz genau. Anschließend wird im engsten Familienkreis nach einem Spender gesucht. Denn die Wahrscheinlichkeit, vor allem unter Geschwistern einen passenden Spender zu finden, liegt bei 25 Prozent. Gelingt dies nicht, kommt die Sucheinheit am Jenaer Uniklinikum ins Spiel, die die Medizinisch-technische Assistentin mit Fachkompetenz Immungenetik im Jahr 2007 im Jenaer Institut für Transfusionsmedizin mitgegründet hat. Seit 2017 gehört die Sucheinheit zur Klinik für Innere Medizin II und befindet sich seitdem nicht nur in fachlicher, sondern auch in räumlicher Nähe zu den hämatologischen Patienten der José-Carreras-Transplantationseinheit am UKJ.
Über die Datenbank des Zentralen Knochenmarkspender-Registers Deutschland (ZKRD) sucht die Koordinatorin erst unter den deutschlandweit 10 Millionen registrierten Stammzellspendern, dann weltweit nach einem Spender. Solche Suchaufträge nach nicht verwandten Spendern, den sogenannten Fremdspendern, erhält sie dabei nicht nur von den Jenaer Hämatologen und Pädiatern, sondern auch aus Erfurt und Zwickau. Denn in Mitteldeutschland gibt es neben der Sucheinheit in Jena nur noch eine weitere in Dresden. Jährlich startet sie gemeinsam mit ihrem Team bestehend aus Felix Mertin, dem ärztlichen Leiter der Sucheinheit, und ihrer Kollegin Diana Kleiber etwa 75 Suchaufträge. „Und damit beginnt für uns dann die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen“, so Dangrieß. Denn zwischen Spender und Empfänger sollten zehn von zehn Gewebemerkmalen übereinstimmen. Außerdem prüft die Koordinatorin auch andere Merkmale der Spender wie Geschlecht, Vorerkrankungen oder die Blutgruppe – und das alles im Wettlauf mit der Zeit. „Dennoch vergessen wir nie, dass die Datenbank kein Warenhaus ist. Da steckt Leben dahinter. Das sind Menschen, die einfach toll sind“, sagt sie. Menschen, wie Cornelia Dangrieß und Felix Mertin selbst, denn sie sind auch registriert. Das gehöre sich einfach, sind die beiden überzeugt.
„Während des gesamten Suchprozesses handeln wir stets nach dem Vier-Augen-Prinzip und prüfen die eingegebenen Daten doppelt, um Fehler auszuschließen und Verzögerungen zu vermeiden“, versichert Felix Mertin, der auch selbst bereits Stammzellen gespendet hat. „Außerdem stehen wir in engem Austausch mit den zuweisenden Ärzten und den Transplanteuren des Mitteldeutschen Krebszentrums.“ Dangrieß` Ziel: Den Transplantationsmedizinern möglichst zwei bis drei passende Spender vorschlagen. Das schafft sie für mehr als 85 Prozent der Patienten – und zwar innerhalb von dreieinhalb Wochen. Damit ist sie sogar schneller als die vom ZKRD vorgegebenen sechs Wochen. „Vor allem dank der schnellen Bearbeitungszeiten und zuverlässigen Befunde unseres Labors sowie der guten Zusammenarbeit mit den Spenderdateien“, sagt Dangrieß bescheiden. Aber auch, weil sie mit Herzblut und viel Empathie dabei ist.
Welcher Spender letztendlich für den Patienten ausgewählt wird, entscheiden immer die Leiter des Transplantationsprogramms. „Und dabei vertrauen wir voll und ganz auf den Befund der Spendersuche unserer Sucheinheit“, bestätigt Prof. Dr. Inken Hilgendorf, Sektionsleitung Stammzelltransplantation an der Klinik für Innere Medizin II am UKJ. Der Suchauftrag in der Sucheinheit wird erst geschlossen, wenn die Stammzelltransplantation erfolgt ist. Erst dann kann sich auch Cornelia Dangrieß sicher sein, die richtige Nadel gefunden zu haben.
Hintergrund: Was ist eine Sucheinheit?
Deutschlandweit gibt es 19 Sucheinheiten, die passende Stammzellspender für Blutkrebspatienten suchen. Meist sind sie an einem Uniklinikum angegliedert. Als organisatorische Einheit stehen sie in engem Kontakt mit den behandelnden Ärzten, dem HLA-Labor und dem Zentralen Knochenmarkspende-Register Deutschland (ZKRD), um einen unverwandten, geeigneten Spender für den Betroffenen zu finden. Jährlich werden in Deutschland etwa 3.800 Fremdspendersuchen durchgeführt. Weltweit sind aktuell mehr als 40 Millionen Spender registriert.
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