Die deutsche Wirtschaft steht vor einer Zeitenwende, fürchtet die Förderbank KfW: Besonders der Fachkräftemangel und eine mäßige Produktivitätsentwicklung bedrohen den deutschen Wohlstand. Neue IW-Berechnungen beziffern, welche Einbußen schon in 2023 zu erwarten sind: Demnach kosten der Ukrainekrieg und alle damit verbundenen wirtschaftlichen Bedrohungen rund 175 Milliarden Euro an Wertschöpfung. Das entspricht preisbereinigt etwa 4 ½ Prozent des BIP. Für die Berechnung wird die aktuelle Lage mit einem kontrafaktischen Konjunkturverlauf verglichen, also einer Welt, in der es keinen Krieg und damit keine hohen Energiepreise oder Lieferengpässe gibt. Die direkten Wohlstandsverluste lassen sich somit auf 2.000 Euro je Einwohner beziffern.
595 Milliarden Euro Verluste seit Pandemiebeginn
Schon in den vergangenen drei Jahren mussten die Deutschen enorme Wohlstandsverluste hinnehmen, wie die Berechnungen zeigen: Bereits auf das Pandemiejahr 2020 entfiel infolge von Lockdowns und Unsicherheit ein Wertschöpfungsverlust von 175 Milliarden Euro. 2021 ergab sich ein weiterer BIP-Verlust von 125 Milliarden Euro, für 2022 dürften sich Einbußen auf knapp 120 Milliarden Euro belaufen haben. Insgesamt summieren sich die Produktionsausfälle somit bis Ende 2023 auf 595 Milliarden Euro.
Deutschland weiter im Krisenmodus
Dabei lassen sich vor allem drei verschiedene kriegsbedingte Probleme identifizieren:
- Zum einen ist Energie nach wie vor unsicher, Unternehmer befürchten Störungen und Notlagen, beispielsweise bei kritischen Infrastrukturen.
- Hinzu kommen hohe Kosten, nicht nur für Strom und Gas, sondern auch für Vorleistungen und Rohstoffe – das bedroht die Wettbewerbsfähigkeit. „Nicht alle Kosten lassen sich an Käufer weitergeben“, sagt IW-Konjunkturchef Michael Grömling. Die Folge: Unternehmen entscheiden sich im Zweifel gegen geplante Investitionen.
- Gleichzeitig belastet die Situation aber auch Käufer: Private Haushalte fragen weniger Güter nach, der Kauf des nächsten Autos wird aufgeschoben, wenn er nicht unumgänglich ist.
„Die Situation ist nach wie vor sehr fragil“, sagt IW-Ökonom Michael Grömling. „Die Ausnahmesituation wird uns auch in den kommenden Monaten beschäftigen und den Wohlstand belasten.“
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