Das jüngst im Bundestag verabschiedete GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hält Dick für unzureichend: „In diesem Jahr wäre eine große Chance gewesen, die gesetzliche Krankenversicherung zukunftsfest aufzustellen. Seit einigen Jahren geht die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben als Folge einer teuren und verfehlten Gesetzgebung immer weiter auseinander, wodurch das Gesamtdefizit steigt.“ Für 2023 liege der zu erwartende Fehlbetrag für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) bei knapp 17 Milliarden Euro, welcher durch die beschlossenen Maßnahmen allenfalls kurzfristig aufgefangen werden könne. Nachhaltige und langfristige Lösungen bleibe Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach allerdings schuldig, unterstreicht Dick. „Es wird insgesamt schwieriger, eine vorausschauende und solide Haushaltpolitik zu planen. Der erneute Rückgriff auf die Beitragsrücklagen ist unverhältnismäßig und verschärft die finanzielle Situation der Krankenkassen. Es ist daher entscheidend, dass die vom Bundesgesundheitsminister angekündigten Pläne für eine nachhaltige Finanzierung auch tragfähig sind.“
„Bei den jetzt getroffenen Maßnahmen zur kurzfristigen Stabilisierung der GKV-Finanzen sehen wir eine überdurchschnittliche Belastung der Beitragszahlenden. Wir hätten uns ein klares Bekenntnis zur Beitragsstabilität aus Berlin gewünscht. Hier muss die Ampel-Koalition im kommenden Jahr dringend liefern und die GKV mit einer umfassenden Strukturreform nachhaltig entlasten“, ergänzt Monika Lersmacher, alternierende Verwaltungsratsvorsitzende und Versichertenvertreterin. Deutlich benachteiligt sehe sich die AOK Baden-Württemberg bei der sogenannten Regionalkomponente im Risikostrukturausgleich: „Der Gesundheitsfonds wurde eigentlich errichtet, um die Kosten und Lasten innerhalb der GKV fair zu verteilen und eine Risikoselektion bei den Versicherten auszuschließen. Die vor zwei Jahren eingeführte Regionalkomponente führt jedoch dazu, dass dicht besiedelte Metropolregionen deutlich mehr Zuweisungen erhalten – zulasten städtischer und ländlicher Kreise sowie zulasten von Regionen, die, wie Baden-Württemberg, eine vergleichsweise effiziente Versorgungsstruktur aufweisen.“ Die AOK Baden-Württemberg bekomme dadurch jährlich rund 370 Millionen Euro weniger Zuweisungen. „In der aktuellen Diskussion um Beitragssatzerhöhungen sehen wir dieses Ungleichgewicht deutlich zu Tage treten. Kassen, mit Schwerpunkt in Metropolregionen wie Hamburg und dem Ruhrgebiet und einem niedrigen Altersdurchschnitt der Versicherten, profitieren von höheren Zuweisungen für alle Versicherte, und das völlig unabhängig von der tatsächlichen Krankheitslast. Daher stehen diese Kassen weniger im Zugzwang, ihren individuellen Zusatzbeitrag anzupassen“, so Lersmacher. Die Südwestkasse fordere daher, bereits bekannte methodische und konzeptionelle Mängel in der Ausgestaltung der Regionalkomponente zu beseitigen und Wechselwirkungen mit dem Versorgungsgeschehen zu untersuchen. „Nur wenn erfolgreiches Wirtschaften nicht bestraft wird, stärkt der Risikostrukturausgleich auch einen zukunftsgerichteten und nachhaltigen Versorgungswettbewerb zwischen den Kassen“, fasst Lersmacher zusammen.
Bauernfeind: Belastungen der Beitragszahlenden durch Reformen reduzieren
Reformbedarf sieht auch Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, vor allem in der Krankenhausplanung und -struktur: „Größere Krankenhäuser mit vielen verschiedenen Fachgebieten sind leistungsfähiger, können mehr Qualität in der Patientenversorgung bieten und arbeiten wirtschaftlicher als eine Vielzahl kleinerer Krankenhäuser. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die knappen Personalressourcen bei Ärzten und Pflegekräften.“ Im Krankenhausbereich sieht der Kassenchef daher ein großes Effizienzpotential zur Entlastung der Beitragszahlenden bei gleichzeitiger Verbesserung der Gesundheitsversorgung. „Die vor wenigen Tagen vorgestellten Empfehlungen für eine umfassende Krankenhausstrukturreform gehen grundsätzlich in die richtige Richtung und lassen auf eine Krankenhausreform mit einer qualitätsorientierten Neuordnung der Krankenhausstruktur hoffen. Hier kommt es jetzt ganz entscheidend auf die Ausgestaltung und Umsetzung an. Es ist wichtig, dass die Patientinnen und Patienten eine angemessene und qualitativ hochwertige Versorgung bekommen, ohne dass die Belastung für die Beitragszahlenden weiter steigt“, betont Bauernfeind.
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