Der anwesende Ministerialrat Klaus Fingerhut vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium verwies auf eine Umfrage des Zentralverbands des Handwerks, wonach 80 Prozent der Handwerksunternehmen von gestörten Lieferketten und gestiegenen Beschaffungspreisen betroffen seien. „Wir erleben gerade eine Ökonomie der Knappheit, das wirft viele Fragen auf“, so Fingerhut. Bund und Land steuerten dagegen an: Die Strom- und Gaspreisbremse sowie Gasabschlagszahlungen für Dezember würden durch das eigene Landesliquiditätsprogramm ergänzt.
„Auch mit der nun startenden Krisenberatung für kleinere Unternehmen leistet das Land einen wichtigen Beitrag, um Betriebe durch die Krise zu führen“, dankte Hauptgeschäftsführer Georg Hiltner dem Landesvertreter.
Bei aller Unsicherheit hob Kammerpräsident Rottler auch die Chancen für das Handwerk in der aktuellen Situation hervor: „Wir wollen Teil der Lösung sein. Wir haben das Knowhow, die Energiewende voranzutreiben.“ Das könne allerdings nur mit ausreichend geschulten Fachkräften gelingen, betonte er. Umso erfreuter berichtete Rottler von steigenden Ausbildungszahlen in den energierelevanten Berufen wie Elektriker und Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Handwerk werde ein wichtiger Player bei der Gestaltung der Zukunft sein.
Vergabepolitik wichtig für Erhalt des Standorts
Damit das Handwerk seine Expertise erfolgreich einbringen kann, sind aus Sicht der Handwerkskammer allerdings faire Rahmenbedingungen notwendig. So verabschiedeten die Vollversammlungsmitglieder ein politisches Statement, in dem sie forderten, dass Kommunen bei öffentlichen Bauvergaben fair und verantwortungsvoll handeln sollten: In der Regel komme der günstigste Anbieter zum Zuge. Bei der Vergabe sei darauf zu achten, dass Mindestlöhne und allgemeinverbindliche Tarifverträge auch bei Nachunternehmen und Verleihunternehmen eingehalten werden. Auch forderten die Handwerksvertreterinnen und –vertreter, dass vor dem Hintergrund der aktuell unvorhersehbaren Preissteigerungen beim Material auch kommunale Auftraggeber Stoffpreisgleitklauseln in Verträgen einbeziehen sollten. Öffentliche Aufträge dürften für das Handwerk nicht zum Draufzahlgeschäft werden, heißt es in dem Statement.
Qualität im Handwerk nachhaltig sichern
Hauptgeschäftsführer Georg Hiltner präsentierte im Rahmen der Vollversammlungssitzung unter anderem die Wirtschaftsplanung der Handwerkskammer für das kommende Jahr. „Ziel ist, unsere Bildungshäuser auch in schwierigen Zeiten zu sichern und zu modernisieren sowie das gesamte Leistungsspektrum der Handwerkskammer zu erhalten“. Für mehr Qualität im Handwerk müssten auch die Zulassungsvoraussetzungen zur Meisterprüfung überdacht werden, forderte Raimund Kegel als Geschäftsführer des Berufsbildungsausschusses. Die Vollversammlungsmitglieder sprachen sich in einer Empfehlung mehrheitlich dafür aus, dass Gesellinnen und Gesellen zunächst ein bis zwei Jahre Erfahrungen im Beruf sammeln sollten, bevor sie die Meisterschule besuchten. Laut Statistik halten sich bereits jetzt die meisten an diese Empfehlung: Im Durchschnitt liegen im Handwerk knapp sieben Jahre zwischen Gesellenabschluss und Meisterprüfung.
Ehrung für Karola Ausländer
Am Ende der Vollversammlungssitzung wurde Friseurmeisterin Karola Ausländer aus Tuttlingen für ihr langjähriges Engagement in verschiedenen Handwerksgremien wie Innung, Gesellen- und Berufsbildungsausschuss geehrt. Nach über 20 Jahren als Obermeisterin der Friseurinnung Tuttlingen schied sie im Frühjahr aus dem Amt aus und erhielt hierfür bereits die silberne Ehrennadel der Handwerkskammer Konstanz.
Das Handwerk ist mit seinen vielen kleinen und mittleren Betrieben das Herz der deutschen Wirtschaft. Zum Bezirk der Handwerkskammer Konstanz, der die Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar, Tuttlingen, Rottweil und Waldshut umfasst, gehören annähernd 13.000 Handwerksunternehmen mit etwa 70.000 Beschäftigten und über 4.000 Auszubildenden.
Die Handwerkskammer vertritt nicht nur die Interessen ihrer Mitglieder, sondern bietet ihnen auch eine umfassende Beratung an, etwa zur Fachkräftesicherung, Aus- und Weiterbildung, Betriebswirtschaft, Unternehmensführung, Recht, Umweltschutz und Technologie.
Außerdem ist die Handwerkskammer ein großer Bildungsanbieter mit Bildungsakademien in Singen, Rottweil und Waldshut sowie der gemeinsam mit der IHK betriebenen Beruflichen Bildungsstätte in Tuttlingen.
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