Finanzsektor in die Pflicht nehmen

Am 01. Dezember wollen die EU-Regierungen ihre gemeinsame Position zum Vorschlag der EU-Kommission für die EU-Richtlinie für unternehmerische Sorgfaltspflichten im Bereich der Nachhaltigkeit festlegen. Mit dieser Richtlinie soll erreicht werden, dass Unternehmen in ihren Wertschöpfungsketten Menschenrechte achten und die Umwelt nicht schädigen. Mehrere Länder, darunter Frankreich, Italien und Spanien, drängen in den Vorverhandlungen darauf, den Finanzsektor als Ganzes auszuklammern. Aufgrund der Hebelwirkung, die Finanzunternehmen auf alle anderen Wirtschaftssektoren haben, fordern Nichtregierungsorganisationen hingegen, dass der gesamte Finanzsektor umfassend in die EU-Richtlinie für unternehmerische Sorgfaltspflichten einbezogen wird. Nur so werden die Regeln in der EU in Übereinstimmung mit den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenreichte sowie den OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen gebracht. 

Doch nicht nur Frankreich fordert bei den Finanzakteuren Ausnahmen für Finanzinvestoren. Auf deutscher Seite haben im Vorfeld die Bundesministerien für Justiz und Finanzen gebremst. Sie konnten durchsetzen, dass Deutschland zumindest Finanzinvestitionen ausschließen will. „Auch institutionelle Investoren können durch ihre Investitionen, wenn auch indirekt, zu schweren Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung beitragen“ betont Jutta Albrecht von Brot für die Welt. „Die Bundesregierung sollte dem Rechnung tragen und in den kommenden Verhandlungen auf die Bremser einwirken, damit der gesamte Finanzsektor in die Pflicht genommen wird.“

Die Beispiele für Finanzdienstleistungen für Unternehmen oder Projekte, bei denen Menschenrechte verletzt werden, wurden von Nichtregierungsorganisationen immer wieder dokumentiert. Sie reichen von Arbeitsrechtsverletzungen wie unbezahlte und exzessive Überstunden, Kinder- oder Zwangsarbeit, Landvertreibungen für Infrastrukturprojekte bis zur Produktion von Streubomben. „Wichtig ist auch, dass Finanzinstitute, wie alle anderen Unternehmen auch, zur regelmäßigen Überprüfung menschenrechtlicher Risiken verpflichtet werden. Eine einmalige Risikoüberprüfung wird insbesondere mehrjährigen Finanzierungen nicht gerecht“ erklärt Ulrike Lohr vom SÜDWIND-Institut.

Dass freiwillige Industriestandards nicht ausreichen, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern macht Gertrud Falk von FIAN Deutschland deutlich. „In Kambodscha verleihen Mikrofinanzinstitutionen, die sich freiwilligen Standards zum Kund*innenschutz verpflichtet haben, armen Bevölkerungsgruppen Kleinkrediten zu hohen Zinsen und Gebühren. Wenn sie diese nicht zurückzahlen können, werden sie von den Instituten häufig genötigt, Land zu verkaufen, das für ihre Ernährung von zentraler Bedeutung ist.“

Dustin Schäfer von urgewald unterstreicht: „Jedes Investment geht mit Risiken einher. Deshalb muss insbesondere der Finanzsektor endlich für die menschenrechtlichen Risiken in die Verantwortung genommen werden.“ Effektiver Menschenrechtsschutz erfordert dabei Politikkohärenz. Die EU-Richtlinie kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.

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