„Es gibt keinen gerechten Krieg“

In seinem Bericht vor der in Magdeburg tagenden 13. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) über die Friedensarbeit der EKD hat ihr Friedensbeauftragter, der mitteldeutsche Landesbischof Friedrich Kramer, vor polarisierenden „Schwarz-Weiß-Mustern“ gewarnt.
 
Differenzierung und Vielstimmigkeit gerade auch in friedensethischen Fragen seien immer schon Kennzeichen der evangelischen Kirche. „Diese zuzulassen und auszuhalten, ist eine ihrer großen Stärken. Als Kirche können und müssen wir ein Vorbild dafür sein, wie mit dieser Vielstimmigkeit bis hin zu gegensätzlichen Sichtweisen konstruktiv umgegangen werden kann“, so Kramer.
 
Ähnlich hatte sich vor der Synode in Ihrem Ratsbericht am Vortag auch die EKD-Ratsvorsitzende und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, geäußert. Eine Rolle der Kirche sei „Dilemmata zu formulieren, wo es vermeintlich nur richtig oder falsch gibt. Ich halte dies für eine immens wichtige, ja friedenstiftende christliche Freiheit, die wir ergreifen müssen“, gab Kurschus zu bedenken.
 
Recht auf Selbstverteidigung
Eine Reduzierung der friedensethischen Debatte auf die Fragen der Waffenlieferungen werde der Komplexität der Problematik nicht gerecht, sagte auch Kramer und warb für eine differenzierte friedensethische Debatte.  „Wir kommen nicht schuldlos aus diesen Fragen heraus, weil der Krieg selbst das Böse ist. Es gibt keinen gerechten Krieg. Und die dringende Frage ist, wie wir aus dem ungerechten Krieg in einen gerechten Frieden kommen können.“
 
Kramer unterstrich die volle Solidarität mit der Ukraine und deren Selbstverteidigungsrecht. Zugleich erinnerte er in seinem Bericht an die Pflicht, den leidenden und flüchtenden Menschen der Ukraine beizustehen, sie mit Hilfsgütern, Unterkünften und bei der Aufklärung und Ahndung der Kriegsverbrechen zu unterstützen. Ebenso bestehe eine Verantwortung gegenüber Menschen im globalen Süden und Osten, die unter den Folgen des Krieges gegen die Ukraine leiden. „Als Christenmenschen haben wir eine Verantwortung und müssen uns dafür einsetzen, Not und eine extreme Zunahme des Hungers abzuwenden“, betonte Kramer.
 
In der Debatte über den Bericht wurde unter anderem die Notwendigkeit betont, Fragen von Krieg, Flucht und Klima stärker zusammenzudenken, vor isolationistischen Positionen gewarnt und hervorgehoben, dass der Vernichtungskrieg nicht nur zum Ziel habe, ein Land zu erobern, sondern dabei auch Kultur, Sprache und Identität zerstört.
 
Friedenswerkstatt
Der Rat der EKD hatte die Konferenz für Friedensarbeit im März 2022 beauftragt, ein Konzept für die Weiterentwicklung der friedensethischen Grundsätze der EKD vorzulegen. Daraufhin hatte diese eine Friedenswerkstatt gegründet, um einen breiten Konsultationsprozess anzustoßen.
 
Der gesamte mündliche Bericht des Friedensbeauftragten, Landesbischof Friedrich Kramer, ist unter
https://www.ekd.de/bericht-ueber-die-friedensarbeit-in-der-ekd-muendlich-76079.htm zu finden.
 
EKD-Synode
Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist neben Rat und Kirchenkonferenz eines der drei Leitungsorgane der EKD. Sie tagt vom 6. bis 9. November in Magdeburg. Nach der Grundordnung der EKD besteht die 13. Synode aus 128 Mitgliedern. Zu den Aufgaben der Synode gehören die Erarbeitung von Kundgebungen und Beschlüssen zu Fragen der Zeit sowie die Begleitung der Arbeit des Rates der EKD durch Richtlinien. Die Synode berät und beschließt aber auch den Haushalt und die Kirchengesetze.
 
Geleitet wird die Synode vom Präsidium unter dem Vorsitz von Präses Anna-Nicole Heinrich. Sie ist zugleich Mitglied des 15-köpfigen Rates der EKD. Vorsitzende des Rates der EKD ist Annette Kurschus. Die EKD ist die Gemeinschaft von 20 lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen. 19,7 Millionen evangelische Christinnen und Christen in Deutschland gehören zu einer der 12.900 Kirchengemeinden.
 
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