Es geht um §5c ISchG Abs. 2, Satz 4: „Bereits zugeteilte überlebenswichtige intensivmedizinische Behandlungskapazitäten sind von der Zuteilungsentscheidung ausgenommen“, heißt es im Gesetzestext. Wer also schon in einem Bett liegt, wird mit Sicherheit behandelt. Wenn nur noch ein Bett in ganz Deutschland frei ist, wird unter all den Patienten entschieden, die derzeit in der Notaufnahme oder den Normalstationen als intensivpflichtig eingeschätzt werden – die aber eventuell viel größere Überlebenschancen haben als einige der Patienten, die bereits auf den Intensivstationen in Behandlung sind. „Diese ‚First-come-first-serve‘-Vergabe von Intensivmedizinressourcen lehnen wir strikt ab, ebenso wie die Möglichkeit eines simplen Losverfahrens“, erklärt Prof. Uwe Janssens (rechtes Foto), der für die DIVI vor zwei Jahren als Präsident und Sprecher der DIVI-Arbeitsgruppe Ethik federführend an der medizinischen Leitlinie zur Triage beteiligt war, wie auch an der formulierten Stellungnahme der Taskforce COVID-19 Leitlinien.
Keine Auswahl nach dem Prinzip ‚First-come-first-serve‘
„Deutlich gesagt: Das jetzt gesetzlich formulierte Verbot einer Ex-Post-Priorisierung wird unweigerlich zu mehr vermeidbaren Todesfällen führen!“, ist Janssens überzeugt. Denn dieses Verbot werde sich jetzt auch deutlich auf den Alltag eines Intensivmediziners auswirken: „Das Verbot der Ex-Post-Priorisierung wird es – und das nicht nur unter Pandemiebedingungen – Ärztinnen und Ärzten deutlich erschweren, Therapiezieländerungen im klinischen Alltag umzusetzen.“ Das aber wiederum ist gelebte Praxis in der Intensivmedizin.
„Ich bin mir sicher, dass aus Sorge vor zivil-, straf- sowie aus berufsrechtlichen Konsequenzen gebotene Therapiezieländerungen nicht mehr vorgenommen werden.“ Die derzeitig vorgesehene Gesetzgebung setzt dieses medizinethisch gebotene Handeln indirekt außer Kraft.“
Zahlreiche Experten unterschiedlicher Disziplinen haben den Gesetzesentwurf genau analysiert und ihre Kritik auf vier Punkte gebracht“, so DIVI-Präsident Marx. „Die DIVI fordert deshalb die Berücksichtigung dieser im Triage-Gesetz, wenn wir auch hoffen, dieses niemals anwenden zu müssen.“
Die 1977 gegründete Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) ist ein weltweit einzigartiger Zusammenschluss von mehr als 3.900 persönlichen Mitgliedern und 19 Fachgesellschaften aus Anästhesiologie, Chirurgie, Innerer Medizin, Kinder- und Jugendmedizin sowie Neurologie und Neurochirurgie. Ihre fächer- und berufsübergreifende Zusammenarbeit und ihr Wissensaustausch machen im Alltag den Erfolg der Intensiv- und Notfallmedizin aus.
Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24.12.1953 und ist damit ein nicht-wirtschaftlicher Verein gemäß § 21 ff BGB.
Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) e.V.
Gebäude 91
66421 Homburg Saar
Telefon: +49 (30) 40005607
Telefax: +49 (30) 40005637
http://www.divi.de