Diskussionsbericht „Qualität und Wirtschaftlichkeit von Krankenhausverpflegung gehören auf den Prüfstand“

Jeder, der schon einmal in die Situation geraten ist, zumindest einige Tage in einem Krankenhaus verbringen zu müssen, wird sich erinnern, welche zentrale Rolle in dieser Zeit die Mahlzeiten einnehmen. Frühstück, Mittagessen und Abendessen sind gerade bei längeren Aufenthalten für Patient:innen Höhepunkte des Tages und bieten gleichzeitig Orientierung unter Umständen, die vor allen Dingen das Zeitgefühl schnell negativ beeinflussen.

Gleichzeitig wird die Qualität des Krankenhausessens immer wieder kontrovers diskutiert. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Güte der Speisen als auch auf den mit den Mahlzeiten verbundenen Service als Ganzes. Patient:innen bescheinigen vielen Einrichtungen in Umfragen regelmäßig unzureichende Leistungen, die in Studien1 vor allen Dingen auf knappe finanzielle Mittel zurückgeführt werden. Auch wenn dieses Negativurteil der Situation in vielen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen Unrecht tut sieht es Thomas Beers, geschäftsführender Gesellschafter der ABConcepts GmbH, als dringend erforderlich an, Gemeinschaftsverpflegung im Allgemeinen und Krankenhausverpflegung im Besonderen objektiv auf den Prüfstand zu stellen. „Wir halten es für angebracht, ergebnisoffen zu erörtern, wo Veränderungen möglich, nötig und sinnvoll sind und wie sie praktisch umgesetzt werden können. Dabei muss ganzheitlich betrachtet werden, wie die Verpflegung in Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen in die Therapie und begleitende Prozesse eingebunden ist, welche Auswirkungen Veränderungen haben könnten und wie sie wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar sind.“

Krankenhausverpflegung als Teil der Therapie

Die medizinische Forschung ist sich inzwischen einig, dass die Qualität der Unterbringung und Versorgung in Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen einen wichtigen Beitrag zur Genesung und Gesunderhaltung leisten. In der EFFORT II-Studie des Universitätsspitals Bern aus dem Jahr 20192 belegt die Auswertung von Beobachtungen unter 5.000 Patienten, dass die Qualität der Ernährung sich nachweislich auf das Sterberisiko, auf die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen bei und nach Operationen, auf die Dauer einer notwendigen intensivmedizinischen Behandlung, die Wundheilung und die Dauer der Rekonvaleszenz sowie die Notwendigkeit erneuter stationärer Behandlung auswirkt.

Innovation und Tradition

Während im Hinblick auf Behandlungsmethoden, Medizintechnik und Pharmazie Wissenschaft und Forschung sich kontinuierlich weiterentwickeln und einen wertvollen Beitrag zum Therapieerfolg leisten, scheint sich im Hinblick auf die Verpflegung über Jahrzehnte hinweg wenig verändert zu haben. Berichte aus der Mitte des 20. Jahrhundert zeichnen ein Bild, das mit dem heutigen weitgehend vergleichbar erscheint. Dies beginnt bei der Zusammenstellung der Speisen und setzt sich bei der Organisation Struktur der Mahlzeiten fort.

Bereits vor mehr als 100 Jahren hat man sich dabei Gedanken über die Bedeutung der Ernährung für den Genesungsprozess gemacht, kam jedoch zu einem anderen Schluss als heute. Das Resultat ist bis heute eine eher bescheidene Verpflegung, die auch jenseits konkreter Schonkost eher kalorienarm und im Ergebnis in der subjektiven Wahrnehmung eher abwechslungsarm ausfällt.

Auch im Hinblick auf die zeitliche Planung der Mahlzeiten hält die Krankenhausverpflegung an Traditionen. Das heißt: Frühstück gegen 8 Uhr, Mittagessen gegen 12 Uhr gegebenenfalls ein Snack bzw. Kaffee gegen 15 Uhr und Abendbrot zwischen 17 Uhr und 18 Uhr.

Diese Einteilung kann auch aus ernährungswissenschaftlicher Sicht zumindest diskutiert werden. Auch wenn Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, gibt es doch Hinweise, dass dieser Ablauf nicht zwingend optimal ist. Mediziner betonen dabei, dass hier vor allen Dingen die individuellen Ernährungsgewohnheiten und ein daraus resultierender Biorhythmus berücksichtigt werden sollten. Umfragen zeigen zum Beispiel, dass mehr als 40 Prozent der Deutschen an Werktagen das Abendessen nach 17 Uhr als Hauptmahlzeit bevorzugen. Nur rund ein Drittel pflegt das klassische Mittagessen zwischen 11 Uhr und 14 Uhr einzunehmen3. Diesen Trend spiegelt die Krankenhausversorgung nicht wider.

ABConcepts regt deshalb einen Diskussions- und Veränderungsprozess an, der die positiven Effekte einer Verlagerung der Hauptmahlzeit auf das Abendessen in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt.

Veränderungswille als Win-Win-Option

Krankenhäuser und Pflegeinrichtungen sind heute nicht zuletzt Wirtschaftsunternehmen. Für die Verpflegung bedeutet dies, dass gerade in der Versorgung von gesetzlich versicherten Patienten die Planung oft dem Diktat der Wirtschaftlichkeit unterliegt.

Dem gegenüber stehen Beobachtungen, dass in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen überdurchschnittlich große Mengen an Lebensmittelabfällen anfallen. Exemplarisch zeigen Untersuchungen aus den Niederlanden, dass Krankenhäuser 40 bis 50 Prozent der gekauften Lebensmittel wegwerfen4. Besonders groß sind dabei die Abfallmengen beim Mittagessen. Verantwortliche Faktoren sind hier einerseits die Qualität des Essens und andererseits der Zeitpunkt des Angebots.

„Damit die Qualität des Essens in Krankenhäusern steigt, müssen die erforderlichen Mittel bereitstehen“, weiß Beers. „Nach unserer Auffassung bietet auch ein Umdenken bei der zeitlichen Planung der Mahlzeiten das erforderliche Einsparpotenzial. Zumindest halten wir es für angebracht, zu diesen Möglichkeiten intensiver zu forschen und nicht stur an Gewohnheiten festzuhalten.“

Zwei Faktoren, die signifikant zur Abfallmenge bei der Krankenhausversorgung beitragen, sind die Entlassungs- und Aufnahmeplanung. Das Entlassungsmanagement gehört zu den komplexesten Aufgaben im Krankenhausbetrieb. Wird es nicht sinnvoll mit der Essensplanung verknüpft, kommt es leicht zu Essensbestellungen, deren Abnehmer zum Zeitpunkt der Verteilung bereits das Krankenhaus verlassen haben. Gleiches gilt für das Aufnahmemanagement. Auch die Neuaufnahme von Patienten ist eine Herausforderung für die Essensplanung. So kommt es auch bei den Zugangsessen häufig zu Fehl- und Überproduktion. Diese Effekte ließen sich durch eine Verlegung der Hauptmahlzeit auf die frühen Abendstunden weitestgehend eliminieren – Entlassungen und geplante Neuzugänge finden zu dieser Zeit in der Regel nicht mehr statt.

Einsparungen durch die Reduzierung von Überproduktion können wiederum genutzt werden, um Vielfalt und Qualität der angebotenen Speisen zu erhöhen. Damit wird einerseits ein Beitrag zum Einfluss der Ernährung auf die Genesung geleistet und andererseits auch das Image einer Einrichtung in der öffentlichen Wahrnehmung verbessert. Dabei gilt es zu bedenken, dass neben der medizinisch fachlichen Qualität auch Betreuung, Unterbringung und Verpflegung, gerade bei geplanten Behandlungen, die Entscheidung für ein Krankenhaus beeinflussen.

Digitales Verpflegungsmanagement als zentrales Steuerelement

„Analyse, Steuerung und auch Veränderungen in der Gemeinschaftsverpflegung sind nur mit Hilfe geeigneter Instrumente möglich“, weiß Beers. „Anders ausgedrückt: Der Blick in die Abfalltonne allein reicht nicht aus, um eine sinnvolle Veränderung anzustoßen.“

Die Grundlage für einen möglichen Veränderungsprozess bildet laut ABConcepts eine eingehende Analyse des Status Quo. Neben der Kontrolle von Strukturen und Prozessen gilt es hier auch die individuellen Voraussetzungen in Hinblick auf die Effizienz des Verpflegungsmanagements zu erfassen und auszuwerten. Einerseits zählen hierbei klare Fakten anhand von Daten, wie zum Beispiel der Auswertung des Einkaufs in Relation zum tatsächlichen Verbrauch, andererseits können auch Mitarbeitenden- und Patient:innen-Befragungen gezielt genutzt werden, um Erkenntnisse zu gewinnen.

Um im Rahmen der Analyse erkanntes Optimierungspotenzial auszuschöpfen, sind vor allen Dingen möglichst reibungs- und lückenlose Informations- und Datenflüsse erforderlich. Je kürzer die Wege zwischen unterschiedlichen Prozessen sind, desto einfacher und effizienter lässt sich hier steuern und optimieren. Dies betrifft Aspekte wie das Entlassungsmanagements, die Planung des aktuellen Bedarfs auf verschiedenen Stationen, den Einkauf, die gesamten Großküchenplanung und alle beteiligten Prozessen von der Bestellung durch die Patient:innen bis hin zur Essensverteilung und dem Rücklauf.

„Einrichtungen sollten sich jedoch bewusst sein, dass diese Aufgaben selten in Eigenregie zu bewältigen sind“, betont Beers. Die Implementierung geeigneter Systeme, die Auswertung der erfassten Daten und die Entwicklung geeigneter Konzepte sind ein Zusatzaufwand zur alltäglichen Arbeitsbelastung. Neben den Ressourcen ist aber auch das Know-how erforderlich, um die richtigen Schlüsse zu ziehen, und Maßnahmen zu ergreifen, mit denen Veränderungen reibungslos umgesetzt werden.“

Quellen:

1 https://www.dki.de/sites/default/files/2021-05/Ergebnispr%C3%A4sentation%20Care%20Studie%20Kl%C3%BCh.pdf

2 https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)32776-4/fulltext

3 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1246155/umfrage/tageszeit-der-am-meisten-saettigenden-hauptmahlzeit-wochentag/

4 https://www.fh-muenster.de/…

Über die ABConcepts Verpflegungsmanagement mit System GmbH

Die ABConcepts GmbH ist ein mittelständiges, inhabergeführtes Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen aus Ratingen (NRW).

Das Ziel ist es, gastronomische Verpflegungseinrichtungen im Gesundheitswesen, wie Krankenhäuser, Senioren- oder Rehaeinrichtungen effektiv für die Zukunft aufzustellen und sie dabei kompetent zu unterstützen. Die Bandbreite der Konzeptionen erstreckt sich von der Prozessoptimierung der Verpflegungsbereiche über Machbarkeitsstudien bis hin zur Begleitung von Um- und Neubauprojekten.

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