Die Pläne würden massiv in die Grundrechte der gesamten europäischen Bevölkerung eingreifen und eine dystopische Überwachungsinfrastruktur etablieren. Statt tatsächlich den Schutz von Kindern, also Prävention und Opferschutz in den Mittelpunkt ihrer Maßnahmen zu stellen, setzt die Kommission auf eine vermeintliche „technische” Lösung, die Überwachung in demokratiegefährdendem Umfang ermöglicht.
Die Kampagne „Chatkontrolle stoppen” wendet sich entschieden dagegen und fordert von den politisch dafür Verantwortlichen von diesen Plänen Abstand zu nehmen.
Tom Jennissen, von der Digitalen Gesellschaft e.V.: "Wir fordern die gesamte Bundesregierung und insbesondere das verhandlungsführende Bundesinnenministerium auf, entschieden gegen die dystopischen Pläne zur Chatkontrolle einzutreten. Sie muss endlich ihren Einfluss im Europäischen Rat geltend machen, um die Verordnung zu verhindern."
Julia Witte, von Digitalcourage e.V.: "Die Überwachungsinfrastruktur, die nötig wäre, um den Vorschlag der Kommission umzusetzen widerspricht den grundlegenden Werten unserer Gesellschaft. Wenn keine unbeobachtete Kommunikation mehr möglich ist, ist das eine Katastrophe."
Frank Spaeing, von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD): "Das Bundesinnenministerium muss sich – nachdem selbst Kinderschutzorganisationen die Sinnhaftigkeit der EU-Pläne zur Chatkontrolle verneint haben (und um den Schutz der Kinder geht es bei diesen Maßnahmen ja scheinbar) – auf die eigenen Aussagen im Koalitionsvertrag besinnen, nach denen die Koalitionäre Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation und eine Identifizierungspflicht ablehnen, und sich aktiv dafür einsetzen diese Verordnung zu verhindern.“
Zum Hintergrund:
Im Mai hat die EU-Kommission einen Verordnungsentwurf zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch vorgelegt. Der Vorschlag sieht unter anderem vor, Kommunikations- und Hostingdiensteanbietern dazu zu verpflichten, sämtliche Inhalte aller Nutzenden nach verdächtigem Material zu durchleuchten und Verdachtsfälle an eine zentrale Stelle weiterzuleiten. Das würde bedeuten, dass beispielsweise Messengerdienste wie WhatsApp oder Signal private Chats aller Nutzer:innen durchsuchen müssten. Auch Maßnahmen wie verpflichtenden Alterskontrollen oder Netzsperren werden vorgeschlagen.
Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommunikation ist im Verordnungsvorschlag ausdrücklich nicht ausgenommen. Das Durchleuchten verschlüsselter Kommunikation ist aber technisch nur möglich, wenn die Verschlüsselung insgesamt gebrochen oder untergraben wird – etwa indem das eigene Gerät mittels Technologien wie Client-Side-Scanning zur Überwachung genutzt wird.
Da sämtliche elektronische Kommunikation – von Messengerdiensten über E-Mail bis zur Sprachtelefonie (betreffend "Grooming") – sowie Hosting betroffen sein kann, würde dies zu einem faktischen Ende des elektronischen Brief- und Fernmeldegeheimnisses führen. Umsetzbar wäre dies nur durch den Aufbau einer umfassenden technischen Infrastruktur, die nicht nur fehler- und missbrauchsanfällig ist, sondern auch jederzeit um weitere Deliktsfelder erweitert werden kann.
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