Eine große Aufgabe unter erschwerten Bedingungen, wie der Vorsitzende des Gesamtverbands Pressegroßhandel (GVPG) darlegte. So seien der Presse-Absatz und -Umsatz 2022 bislang um mehr als zehn Prozent zurückgegangen. „Das gab es noch nie“, so Nolte. Zugleich haben die Grosso-Betriebe mit explodierenden Kosten zu kämpfen. Die Ausgaben für Treibstoff und teilweise auch für Personal seien deutlich zweistellig gestiegen. Nolte: „Das geht an die Substanz.“
Zum Thema machte Frank Nolte auch die Verhandlungen zwischen Presse-Grosso und Verlagen über eine neue Branchenvereinbarung. Ziel sei es, verbindliche Regelungen für die Zusammenarbeit zu treffen. In der Vergangenheit habe man regelmäßig erhebliche Margenkürzungen hinnehmen müssen, gleichzeitig seien die Anforderungen an die Leistungen stetig gestiegen. „Das können wir uns schlicht und einfach nicht mehr leisten. Wir müssen als Grossisten ganz klare Kante zeigen“, so der GVPG-Vorsitzende. Einem sogenannten „Cost-plus-Modell“, das sich die Verlage wünschen, „werden wir uns nicht beugen“.
Zumal viele Verlage im Vergleich zum Presse-Grosso bessere Ergebnisse und Renditen sowie dank Digitalisierung ganz andere Chancen hätten. Nolte adressierte deutliche Worte an die Verhandlungsdelegation der Verlage und nannte deren Vorstoß in Richtung des Kartellamts „einen Frontalangriff auf das Grosso und unser Pressevertriebssystem“. Dagegen werde man sich mit allen, auch juristischen Mitteln wehren. Sein Appell: „Stecken Sie nicht das Haus an, in dem wir gemeinsam sitzen. Zündeln Sie nicht an einem funktionierenden System, das allen Verlagen und Titeln offensteht, und das weiterhin weltweit als vorbildlich gilt.“ Nolte sagte, das Grosso habe ein Angebot unterbreitet, das Umsatzrückgänge und Kostensteigerungen fair verteilt.
All das im Sinne einer gemeinsamen Anstrengung, dass Print weiterhin ein elementarer Bestandteil der Medienvielfalt bleibt. Für eine funktionierende Gesellschaft sei „eine Presseversorgung in der Fläche wichtig, der ländliche Raum darf nicht benachteiligt werden“, betonte der hessische Finanzminister Michael Boddenberg in seinem Grußwort. Mit Blick auf die Verhandlungen zwischen Verlagen und Presse-Grosso hielt er sich mit einer Wertung zurück, betonte aber die Relevanz mittelständischer Strukturen und plädierte für einen „Wettstreit um die besten Ideen“.
Solche präsentierte Oliver Wurm den rund 230 Teilnehmern der Jahrestagung en masse. In einem kurzweiligen Vortrag über Trends im Print-Business zeigte der Journalist und Medienunternehmer, wie kreativ Publishing im Jahr 2022 sein kann. Wurm hat zum Beispiel das Grundgesetz als Magazin und Gedichte im Zeitschriftenformat herausgebracht, regionale Sticker-Alben entwickelt und mehrere Sportpublikationen, zum Beispiel über Fußball-Idol Diego Maradona. „Dafür werde ich oft gelobt, aber vom Markt nicht immer belohnt“, so Wurm. Er wünscht sich noch mehr gemeinsame Ideen und feuerte bei seinem Auftritt die Menschen im Vertrieb an. „Die Kiosk-Besitzer sind unsere Helden.“ Dass derzeit so viele Verlage mit Sonderheften an die verstorbene Queen erinnern, überrascht Wurm nicht, aber: „Ich hätte Charles gemacht.“
Torben Sieb, Vertriebsleiter des Spiegel-Verlags, berichtete über die bitteren Lektionen nach dem Relotius-Skandal und zurückgewonnenes Vertrauen beim Publikum. 2021 war laut Sieb eines der wirtschaftlich besten Jahre des Verlags. Die Leser-Erlöse, sowohl in Print als auch digital, machen inzwischen zwei Drittel des Gesamtumsatzes aus. Das wiedererlangte Geschäftsniveau ermögliche nun „umsichtige Verstärkungen für publizistische Ausbauten“. Ein funktionierendes Pressevertriebssystem sei dem Verlag wichtig.
Am Nachmittag schlossen sich Vorträge von „Kicker“-Chefredakteur Jörg Jakob, Bianca Pohlmann, CEO Funke Zeitschriften, sowie ein Talk zum Award „Bester Presseshop“ an. In der Runde wirkten mit Maria Akhavan, Verlagsleiterin „Rundschau für den Lebensmittelhandel“, Daniel Ludorf, Leiter eines Rewe-Markts in Heppenheim, und seine fürs Pressesortiment zuständige Fachkraft Anja Schramm sowie Frank Nolte, der fürs Presse-Grosso in der Jury sitzt. Zum Abschluss des öffentlichen Teils der Jahrestagung stellte Sebastian Reimann, Chefredakteur „Deutsche Verkehrszeitung“, Zukunftstrends in der Logistik vor.
Der GESAMTVERBAND PRESSEGROSSHANDEL tritt für einen diskriminierungsfreien Vertrieb von Zeitungs- und Zeitschriftensortimenten ein. Er leistet einen wesentlichen im öffentlichen Interesse stehenden Beitrag zur Pressefreiheit und –vielfalt. Zu seinen Kernaufgaben zählen praxisnahe Services im Bereich Marketing, Key Accounting und Datenmanagement sowie klassische Verbandsfunktionen wie Public Affairs, Öffentlichkeitsarbeit und Recht. www.pressegrosso.de
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