Suizid & Trauer: Totschweigen hilft Angehörigen nicht weiter

Es sind erschreckende Zahlen. Durch Suizid sterben in Deutschland mehr als dreimal so viele Menschen als durch Verkehrsunfälle. Im Jahr 2020 nahmen sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 9.206 Menschen das Leben. Das sind mehr als 25 Personen jeden Tag.

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Suizide gestiegen, insgesamt jedoch sind sie rückläufig. Das – immerhin – ist die gute Nachricht. Denn im Jahr 1980 schieden zirka 50 Personen jeden Tag aus dem Leben.

Die Ursachen für Selbsttötungen

Wie groß müssen Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit sein, den Schritt der Selbsttötung zu gehen? Psychische Erkrankungen wie Psychosen, Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen und Depressionen gehören zu den Hauptgründen für Suizide. So ging laut Studien bei etwa der Hälfte der betroffenen Menschen eine Depression voraus. 

Das heißt nicht, dass immer eine psychische Erkrankung die Ursache ist. Das Fachnetzwerk Nationales Suizidpräventionsprogramm (NaSPro) weist darauf hin, dass "im Vergleich zum Durchschnitt der Gesamtbevölkerung bei Männern, älteren Menschen, Menschen mit gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung und jungen Frauen mit Migrationshintergrund ein erhöhtes Suizid-Risiko besteht."

So sind zum Beispiel etwa 75 Prozent der Menschen, die sich das Leben nehmen, hierzulande Männer.

Suizid: Das verdrängte Thema

Etwa 60.000 Menschen müssen jedes Jahr allein in Deutschland den Verlust eines Menschen aus ihrem sozialen Umfeld verkraften. Denn nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind im Schnitt mindestens sechs Personen von jedem Suizid betroffen.  

Doch noch immer wird viel zu wenig über die Trauer der Angehörigen gesprochen. 

Totschweigen hilft den Angehörigen nicht weiter

Denn um ihre Trauer bearbeiten zu können, ist für die Angehörigen totschweigen keine gute Strategie. Diese Sprachlosigkeit und das Umschiffen des Themas hilft nicht weiter. Das führt dazu, dass sich betroffene Zugehörige allein, einsam und völlig isoliert fühlen.  

Es ist paradox: Niemand im Umfeld spricht mit ihnen darüber. Dabei haben doch alle von dem Suizid erfahren und reden untereinander sehr wohl davon. Aber leider „hinter vorgehaltener Hand“. 

Spekulationen, Gerüchte, Halbwahrheiten 

Und nicht selten führt bei ihnen die Suche nach einer Erklärung dazu, dass Spekulationen, Gerüchte und Halbwahrheiten in die Welt gesetzt werden. Die Folge: Geschwister, Eltern, Lebenspartner fühlen sich geradezu stigmatisiert.

Viel besser ist es, über den Verlust offen zu sprechen. Und im besten Fall gemeinsam mit anderen zu trauern und die Gefühle bewusst miteinander zu teilen.

Was viele Betroffene nicht wissen: „Der Trauerprozess kann nach einem Suizid erschwert sein und mehrere Jahre dauern“, heißt es beim Fachnetzwerk NaSPro.

Was sich Betroffene wünschen

Stefanie Leister, Trauerbegleiterin und nach dem Suizid ihrer Schwester selbst betroffen, hat andere betroffene Geschwister gefragt, was sie sich im Umgang mit ihnen wünschen. 

In einer Schriftenreihe für Agus (Angehörige um Suizid) schreibt sie in dem Beitrag „Trauer erwachsener Geschwister nach Suizid von Bruder oder Schwester“ über Antworten, die sie bekommen hat. 

Da heißt es zum Beispiel: „Ich finde es immer schön, wenn man mit dem Thema nicht umgehen würde wie mit einem über Generationen weitergegebenen Porzellangeschirr. Ich persönlich biete auch immer an, dass man mich ruhig direkt darauf ansprechen kann.“

Oder: „Ich wünsche mir, dass man mich direkt anspricht und nicht hinter meinem Rücken tuschelt.“ Oder auch: „Ich wünsche mir, dass Freunde den Mut haben, den ersten Schritt zu machen und die Initiative ergreifen.“

Weil Sie die gleiche Sprache sprechen!

Sie haben keine professionelle Unterstützung und kennen niemanden, der diesen ersten Schritt geht und mit dem Sie ohne Scheu über das Thema reden könnten? 

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