Aus insgesamt 30 Anträgen wählte die Jury – bestehend aus Petra Müller, Geschäftsführerin Film- und Medienstiftung NRW, Mirko Derpmann, Kreativdirektor Scholz & Friends Agenda, und dem Vorsitzenden Wim Wenders – fünf Projekte aus. Ausschlaggebend bei ihrer Entscheidung waren die stoffliche Originalität und eine überzeugende visuelle Konzeption.
Juryvorsitzender Wim Wenders: "Die Jury des Wim Wenders Stipendiums der Film- und Medienstiftung NRW hat auch in diesem neunten Jahr die unterschiedlichsten Einreichungen gesichtet, insgesamt 30 aus ganz Deutschland. Wir zeichnen vielversprechende Projekte mit existentiellen und zeitgenössischen Themen aus, damit die Filmemachenden die Zeit haben, ihre Filmsprache und ihre Inhalte zu erforschen, um deren erzählerische Möglichkeiten voll entfalten zu können. Herzlichen Glückwunsch an die Stipendiat:innen 2022 und vielen Dank an alle Bewerber:innen für Ihr Vertrauen!"
"Das Doppelleben einer türkischen Mutter, Zwischenwelten von Leben und Tod, ukrainische Familien-Traumata, die Lebenswelt philippinischer Arbeiter:innen auf Kreuzfahrtschiffen und ein nach einem Suizidversuch im Koma liegender Teenager: In diesem Jahr waren die Ideen der Antragsteller:innen inhaltlich wie formal außergewöhnlich vielfältig – dystopisch und surreal, oftmals hybrid – aber stets eigenwillig und besonders", so Petra Müller , Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW. "Erfreulich, dass so viele Frauen ihre filmischen Ideen eingereicht haben. Wir wünschen allen Stipendiat:innen viel Erfolg bei der Entwicklung ihrer Stoffe."
Zu den ausgewählten Projekten 2022:
„Heute ist Mutter gestorben“ von Cem Kaya
True Crime Story über das Schicksal einer entwurzelten Frau, 25.000 Euro
Mit seinem filmstiftungsgeförderten Dokumentarfilm „Aşk, Mark ve Ölüm – Liebe, D-Mark und Tod“ über die Musik der ersten türkischen Migrantengeneration in Deutschland gewann Cem Kaya den Publikumspreis in der Sektion Panorama der Berlinale. In „Heute ist Mutter gestorben“ begleitet der Filmemacher zwei Teenager, die im Laufe der Recherche zur Todesursache ihrer Mutter auf das tragische Doppelleben der türkischen Witwe stoßen.
„Sol“ von Su-Jin Song
Surrealer Coming-of-Age-Film zwischen Live-Action und 2D/3D-Animation, 20.000 Euro
Die in Düsseldorf lebende Autorin, Regisseurin und Produzentin (autumn song production) Su-Jin Song ist ifs-Absolventin und hat einen Master in Game Development and Research am Cologne Game Lab absolviert. Kein Wunder also, dass sie für „Sol“ eine hybride Form aus Live-Action und animierter Welt wählte. Sol liegt nach einem Suizidversuch im Koma. Der Film steigt in die Tiefen ihres Unbewussten hinab und stellt Themen wie Mutter-Tochter-Beziehung, gesellschaftlichen Druck und psychische Probleme von Teenagern in den Fokus.
„Zum Knochen“ von Simon Steinhorst, Hannah Stragholz, Olivia Schröder von Lüttichau
Zwei Menschen in der Zwischenwelt von Leben und Tod gehen einen Tauschhandel ein, 20.000 Euro
KHM-Absolvent und Schauspieler Simon Steinhorst gründete 2018 zusammen mit der Künstlerin (Meisterschülerin von Katharina Grosse) sowie Animatorin Hannah Stragholz das Studio Corallo in Köln. Ihr von der Filmstiftung geförderter Kurzfilm „Doom Cruise“ erhielt eine Lola in Gold beim Deutschen Kurzfilmpreis 2021. Das Drehbuch schrieb die in Berlin lebende Autorin und Bühnenbildnerin Olivia Schrder von Lüttichau. Mit ihrem künstlerischen Animationsfilm „Zum Knochen“ folgt das Trio nun zwei Menschen in die Zwischenwelt von Leben und Tod, von Existenz und Nicht-Existenz. Einer will leben, der andere sterben. Beide gehen einen verhängnisvollen Tausch ein…
„Geschichten in der Dunkelheit“ von Tatjana Kononenko
Über ein ukrainisches Trauma in Zeiten des Krieges, 20.000 Euro
Der Begriff Holodomor beschreibt die von vielen als Völkermord Josef Stalins bezeichnete Hungersnot in der Ukraine, der 1932-33 Millionen von Menschen zum Opfer fielen. Er ist auch das Thema der Regisseurin Maryanna Nenko, die einen Film über das verschwiegene Trauma ihrer Familie nach den Holodomor-Ereignissen vorbereitet, als in ihrem Heimatland der Krieg ausbricht. Soweit die Filmidee der in Berlin und Tiflis lebenden ukrainischen Filmemacherin Tatjana Kononenko, die gleich zwei Traumata ihres Heimatlandes behandelt – ein vergangenes und ein aktuelles. Kononenko hat Medien und Kommunikation an der UDK Berlin studiert und Filmregie an der DFFB.
„Below Deck“ von TÒ SU alias Martina Mahlknecht und Martin Prinoth
180°-Hybrid über philippinische Arbeiter:innen auf Kreuzfahrtschiffen, 15.000 Euro
Das deutsch-italienische Filmemacher:innen-Duo TÒ SU (rätoromanisch für aufnehmen, aufzeichnen, dokumentieren), die Hamburger Bühnenbildnerin und Künstlerin Martina Mahlknecht und der HfbK-Absolvent Martin Prinoth, tauchen in ihrem Hybrid aus Dokumentar- und Spielfilm in die unbekannte Welt der philippinischen Niedriglohnarbeiter:innen auf Kreuzfahrtschiffen ein. Der Film erzählt von den Träumen und Ängsten der Unter-Deck-Crew in der boomenden Sehnsuchtsindustrie Kreuzfahrt.
Wim Wenders Stipendium
Das Wim Wenders Stipendium der Film- und Medienstiftung NRW wurde erstmals 2014 gemeinsam mit der Wim Wenders Stiftung vergeben. Seither wurden 41 Stipendien mit einer Gesamtfördersumme von knapp 900.000 Euro verliehen. Über die Vergabe entscheidet eine Jury, bestehend aus Wim Wenders (Vorsitz), Filmstiftungs-Geschäftsführerin Petra Müller und Mirko Derpmann (Scholz & Friends), im Rahmen eines zweistufigen Auswahlverfahrens. Nach einer Vorauswahl werden die Kandidat:innen eingeladen, ihre Projekte vor der Jury zu präsentieren. Neben inhaltlichen Kriterien geht es vor allem auch um die überzeugende formale und visuelle Gestaltung der Projektideen.
10 Jahre Wim Wenders Stiftung
Die Wim Wenders Stiftung wurde 2012, also vor genau zehn Jahren, auf Initiative von Wim und Donata Wenders in Düsseldorf gegründet, mit der engagierten Hilfe des Landes NRW, der Stadt Düsseldorf, der Kulturstiftung der Länder sowie von privaten Zustiftern und dank der Vernetzung und Beratung durch Petra Müller, Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung. Die Wim Wenders Stiftung fördert den Erhalt und die Präsentation sowie die Verbreitung des filmischen, photographischen, künstlerischen und literarischen Lebenswerks von Wim Wenders und sucht den Dialog mit nationalen und internationalen Kultur- und Bildungseinrichtungen sowie mit Forschung und Lehre. Daneben widmet sich die Stiftung in der Geburtsstadt des Filmemachers verschiedenen Aspekten der Nachwuchsförderung und der Filmbildung.
Praemium Imperiale für Wim Wenders
Als einer der wichtigsten Repräsentanten des zeitgenössischen Kinos wird Wim Wenders am 18. Oktober in Tokio mit dem „Praemium Imperiale“ der Japan Art Association geehrt. Die Auszeichnung, auch japanischer „Nobelpreis der Künste“ genannt, wird seit 1989 auf Anregung des japanischen Kaiserhauses in Andenken an Prinz Takamatsu (1905-1987) vergeben. Neben seinem filmischen Werk erwähnen die Verleiher des Preises in ihrer Entscheidungsbegründung insbesondere die Arbeit der Wim Wenders Stiftung für junge Filmschaffende.
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