Nicht alle Kinder lernen gleich schnell
Wie in allen Lebensbereichen machen Kinder auch beim Lesen und Schreiben unterschiedlich schnell Fortschritte. Dafür gibt es verschiedene Gründe, zum Beispiel die genetische Veranlagung, das Hör- und Sehvermögen oder das soziale Umfeld. „Die volle Rechtschreibfähigkeit ist bei den meisten Kindern zwischen acht und neun Jahren erreicht“, so Solveig Haw, Gesundheitsexpertin der DKV. Eltern müssen sich also nicht sofort Sorgen machen, wenn ihr Nachwuchs beim Lesen- und Schreibenlernen etwas langsamer vorankommt. Liegen die ABC-Schützen aber für längere Zeit auffällig hinter dem Durchschnitt zurück, kann es sich um eine Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) handeln.
LRS erkennen
Anzeichen, die auf eine LRS hinweisen können, gibt es viele. „Dazu gehören beispielsweise eine niedrige Lesegeschwindigkeit, Probleme beim Textverständnis, eine unleserliche Handschrift und generelle Schwierigkeiten beim Schreiben von Buchstaben, Wörtern und Sätzen“, so Haw. Eltern, die derartige Auffälligkeiten bei ihrem Kind beobachten, sollten zunächst mit dem Klassenlehrer sprechen und andere mögliche Ursachen wie eine Hör- oder Sehschwäche ausschließen. Bestätigen sich die Beobachtungen, ist ein Gang zum Kinderarzt oder einem Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie ratsam. Dieser stellt anhand eines ausführlichen Testverfahrens eine medizinische Diagnose. Dabei werden unter anderem Schulleistungen und Lernstand, Gesamtentwicklung und Folgeprobleme sowie Rahmenbedingungen und äußere Faktoren berücksichtigt.
Indirektes Symptom: Verhaltensauffälligkeiten
Für betroffene Kinder ist eine LRS auch eine seelische Belastung. Viele zeigen daher zusätzlich Verhaltensauffälligkeiten als indirekte Symptome. „Um ihr Defizit zu kompensieren, sind einige von ihnen beispielsweise besonders aggressiv oder laut“, erläutert die Gesundheitsexpertin der DKV. Aber auch Schlafstörungen, Schulangst oder Bauchschmerzen sind keine Seltenheit. Langfristig kann eine Lese-Rechtschreib-Schwäche zudem eine Beeinträchtigung des Selbstbewusstseins, sozialen Rückzug oder depressive Verstimmungen zur Folge haben.
Behandlungsmöglichkeiten
Umso wichtiger ist, dass eine Lese-Rechtschreib-Schwäche möglichst früh diagnostiziert wird. „Eine frühe Förderung zeigt meist schnell Wirkung, das ist gut für das Selbstvertrauen des Kindes“, so die DKV Expertin. Auf der Website des Bundesverbands Legasthenie und Dyskalkulie (BVL) finden Eltern beispielsweise qualifizierte Lerntherapeuten in der Nähe. Darüber hinaus stehen ihnen hier geeignete Förderprogramme und Lernsoftware zur Verfügung, die den Lernfortschritt ihres Kindes zusätzlich unterstützen. „Wichtig ist, dass sich die Therapie an den Fähigkeiten des Kindes orientiert“, erläutert Haw. Im Verlauf der Behandlung entwickelt der Therapeut eine individuell passende Lernstrategie und fördert die seelische Stabilität des Kinds. Häufig kommen dabei beispielsweise rhythmische Lesehilfen oder Computerprogramme zum Einsatz. Übrigens: Ist eine LRS ärztlich diagnostiziert, besteht die Möglichkeit, in der Schule einen sogenannten Nachteilsausgleich zu erwirken, durch den die Lehrer die LRS bei der Leistungsbewertung berücksichtigen. Das reduziert bei betroffenen Kindern Druck und Versagensängste.
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