Kölner Geschichten rund ums immer wertlosere Geld

Als sie mit der Arbeit für das Buch begannen, konnten Dr. Werner Schäfke und der Marzellen Verlag noch nicht ahnen, wie aktuell das Thema „Inflation“ beim Erscheinen des Werkes sein würde. Heute stellte der ehemalige Direktor des Kölnischen Stadtmuseums am neuen Standort des Museums das Buch „Die Große Inflation 1914 bis 1924. Eine Kölner Geldgeschichte“ vor. Darin erzählt er nicht nur ein spannendes 100 Jahre zurückliegendes Kapitel der Kölner Stadtgeschichte mit vielen einzelnen Geschichten rund ums immer wertlosere Geld. Er gibt auch interessante Einblicke in die Dynamik der Geldentwicklung und deren Folgen für die Menschen, die auch in der heutigen Zeit zum Nachdenken anregen. „Die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Großen Inflation sind zum deutschen Trauma geworden“, erklärt Werner Schäfke. „Jeder von uns hat es noch heute. Vielleicht ist das die Ursache dafür, dass man sich mit dieser immer noch offenen Verletzung mit Blick auf Köln kaum beschäftigt hat.“  

Einblick in die Lebenswelten der Menschen

Diese Lücke füllt der Historiker nun mit seinem Buch. In neun Kapiteln berichtet er etwa vom Kleingeldersatz, der nötig wurde, weil das Metall des Kleingelds für Rüstungszwecke eingezogen worden war. So kamen auch ungestempelte Briefmarken werbewirksam eingetütet als Zahlungsmittel in den Umlauf. Ein Bericht der Preisprüfungsstelle zeigt auf, wie das Wucher- und Schiebertum bekämpft werden sollte. Und Schäfke erzählt Geschichten, die Einblicke in die Lebenswelten der Menschen geben – etwa die von dem Mann, der für einen Koffer voll Geld beim Metzger eine Fleischwurst kaufen wollte, oder die von Louise Straus-Ernst, der ersten Ehefrau von Max Ernst, die für ihre in bar ausgezahlte Mitgift in Höhe von einigen zigtausend Mark lediglich ein Straßenbahnticket kaufen konnte. Ein eigenes Kapitel ist dem damaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer und seiner Strategie „Schulden machen zur richtigen Zeit“ gewidmet. Die Stadt Köln nahm in dieser Zeit etwa für den Bau der Messe oder für die Hafenanlagen in Niehl schnell investierte Kredite auf, die bald kaum noch etwas wert waren.  

Unterstützung durch Freunde des Kölnischen Stadtmuseums

Der Verein Freunde des Kölnischen Stadtmuseums hat das Buchprojekt unterstützt, dessen Herstellungskosten auch aufgrund inflationär zunehmender Preise für Papier und Druck immens gestiegen sind. „Fragen von Inflation und Geldentwertung sind Themen, die hautnah bei den Menschen sind. Das war in den Kriegs- und Nachkriegszeiten 1914 bis 1924 so und ist in den heutigen Tagen nicht anders. Dr. Schäfke zeigt dies eindringlich am Beispiel Köln“, erklärt Jürgen Roters, ehemaliger Oberbürgermeister und Vorstand des Vereins. „Gerade in einer Phase der Neuaufstellung halten wir Freunde des Kölner Stadtmuseums die Unterstützung des Museums für besonders wichtig; und zwar nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch in der fachlichen Begleitung der Reform“. „Geschichte wiederholt sich (nicht). Es ist wichtig, daraus zu lernen und die richtigen Schlüsse zu ziehen“, so Frank Tewes, Geschäftsführer des Marzellen Verlags, der das Buch in diesem Sommer herausgebracht hat. "Die Erinnerung an die ‚Große Inflation‘ ist heute zu einem dunklen Schatten der Vergangenheit geworden“, ergänzt Werner Schäfke. „Ein klarer Blick auf diese Epoche hilft vielleicht, ein neues Drama zu verhindern."

Werner Schäfke
Die Große Inflation 1914 bis 1924
Eine Kölner Geldgeschichte

192 Seiten, 19,95 €
Marzellen Verlag Köln 2022
ISBN 978-3-937795-70-6
www.marzellen-verlag.de

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