Dr. Finn Viehberg Leiter des WWF Büro Ostsee sagte: „Leider kennen wir auch mehr als zwei Wochen nach dem mutmaßlichen Beginn des gigantischen Fischsterbens die Ursache noch immer nicht. Doch offensichtlich wurde das Ökosystem Oder massiv beschädigt. Weitere Belastungen durch Bauarbeiten zur Vertiefung des Flussbetts oder für Staustufen für die Schifffahrt und die damit verbundene Mobilisierung von im Sediment lagernden Giftstoffen wie z.B. Schwermetallen müssen unterbleiben. Vordringlichstes Ziel sollte jetzt die Regenerierung und Renaturierung der Oder durch naturnahe Maßnahmen sein.“
Gestoppt werden müsse u.a. der Ausbau der Grenzoder, den Deutschland und die Republik Polen 2015 vereinbart hatten. Auf polnischer Seite haben die Bauarbeiten, die eine Einengung und Vertiefung des Flusses bezwecken, bereits begonnen. Sie führen aus Expertensicht zu einem Verlust der flusstypischen Dynamik, wertvoller Lebensräume und zahlreicher Arten. Das Vorhaben wird derzeit beklagt. Gerichtsbeschlüsse hierzu müssten sofort umgesetzt werden. Auch im Oberlauf der Oder in Polen gibt es Planungen für eine weitere Kanalisierung des Flusses.
Dr. Finn Viehberg sagte: „Angesichts von Rekorddürren und des katastrophalen Wassermangels gewinnt die ökologische Widerstandsfähigkeit der Oder zunehmend an Bedeutung. Die Pegelstände der Oder sind in diesem Dürresommer so extrem niedrig, dass das Flusswasser und die Ufer noch sensibler auf Umweltveränderungen reagiert. Wenn darüber hinaus toxische Substanzen in das Wasser gelangen, gibt es keine Rückzugsräume für das Leben im Fluss mehr. Auch im Mündungsbereich der Ostsee reichern sich Giftstoffe und Nährstoffe an.
Und auch für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels bzw. für den Wasserrückhalt in der Landschaft sind intakte Flüsse zentral: Mit der weiteren Einengung und Vertiefung des Flussbetts fließt Wasser jedoch noch schneller ab und die den Fluss umgebende Landschaft trocknet noch mehr aus.“
Piotr Nieznański vom WWF Polen sagte:
“Die Ereignisse an der Oder zeigen, dass die Belastbarkeit von Flussökosystemen an ihre Grenzen stößt. Die Oder braucht, wie viele andere Flüsse in Europa, Maßnahmen zur Verbesserung ihres ökologischen Zustands und zur Stärkung ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel sowie zur Wiederherstellung ihrer natürlichen Selbstreinigungskräfte. Die Oder muss jetzt erforscht, diagnostiziert und saniert werden. Der von der polnischen Regierung als Lösung des Problems angekündigte Fischbesatz in der Oder zeigt zudem, dass sie den Fluss und sein Ökosystem überhaupt nicht versteht. Expertenteams, nicht Politiker, Bürokraten oder Journalisten, sollten entscheiden, wie das Ökosystem der Oder wiederhergestellt werden kann. Wir brauchen jetzt eine starke Konsolidierung der wissenschaftlichen Gemeinschaft und die Nutzung der Erfahrungen von Experten mit anderen Flüssen, um der Oder zu helfen. Zumal die Oder ein internationaler Fluss ist und Entscheidungen über sie gemeinsam mit der Tschechischen Republik und Deutschland getroffen werden sollten.”
Der WWF Deutschland ist Mitglied des „Aktionsbündnis lebendige Oder“, in dem sich zehn deutsche Umwelt- und Naturschutzorganisationen zusammengeschlossen haben. Länderübergreifend arbeiten deutsche, polnische und tschechische Umweltorganisationen – darunter auch der WWF Deutschland und der WWF Polen – im Bündnis „Zeit für die Oder“ zusammen.
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