Heute ist es ruhig auf der Eberbacher Intensivstation. Ein Mann liegt in einem der Zimmer und unterhält sich mit seiner Ehefrau, die zu Besuch gekommen ist. Schläuche und Geräte sind nicht zu sehen. Einige Betten warten unter Folie im Eingangsbereich der Station auf ihren Einsatz. In dieser Stille sieht es fast so aus, als hätte es COVID hier in Eberbach nie gegeben. Aber eben nur fast.
Wer genau hinschaut, entdeckt die Spuren der Pandemie: In einem der Räume hängen Atemschutzmasken, deren Visier über einen Schlauch mit einem Filter am Bauchgurt verbunden ist. Mit ihnen haben die Pflegekräfte monatelang unter Hochdruck gearbeitet. Im Pausenraum steht ein einzelner Stuhl; gemeinsam essen ist noch nicht erlaubt. Es sind diese vermeintlich kleinen Dinge, die Kristin Ulrich zu schaffen machen. Sie sehnt sich nach Normalität. Denn zu ihrer Arbeit gehört für sie nicht nur der Umgang mit Patienten, sondern auch das Krafttanken im Gespräch mit ihren Kollegen; mit ihrer Ersatzfamilie, wie sie sie nennt.
Beim Gang über den Flur strahlt Ulrich eine selbstbewusste Ruhe aus, die sie in zehn Jahren Berufserfahrung aufgebaut hat. Ursprünglich war nicht die Pflege ihr Ziel. Für ihre Zukunft hatte sie am Anfang ihrer Berufskarriere andere Pläne. Ein Wirtschaftsstudium wollte sie absolvieren – vielleicht auch Chemie oder Physik. Doch sie folgte dem Rat ihrer Mutter, die damals sagte: „Frag doch mal im Krankenhaus, du kannst doch gut mit Menschen.“ Und heute hat Ulrich keinen Zweifel, dass es die richtige Entscheidung war: „Ich bin froh, dass Plan A nicht funktioniert hat. Plan B ist perfekt. Hier gehöre ich hin.“
Was Intensivfachpflege für sie so perfekt macht, ist das Wissen, dass Sie Menschen, denen es wirklich schlecht geht, helfen kann: „Aus einem auf fremde Hilfe angewiesenem Wesen wird hier wieder ein richtiger Mensch.“ Auf die psychische und körperliche Belastung im Job angesprochen, sagt sie: „Es ist ein Kampf, ja. Es ist aber auch immer wieder ein Sieg.“
Dass die Arbeit in der Intensivfachpflege bisweilen sehr kräftezehrend und herausfordernd sein kann, liegt für Ulrich in erster Linie nicht am Beruf selbst. Sie sagt, wenn auf einmal der Fachkräftemangel besiegt wäre, könnte es jeder in diesem Beruf bis zur Rente schaffen. Denn dann gäbe es die Chance auf eine gesunde Work-Life-Balance, kein Arbeiten bis über die Belastungsgrenze hinaus.
Für ihre persönliche Work-Life-Balance liebt Ulrich es, mit ihren Hunden rauszugehen. „Einfach hören, was die Natur gibt. Nur das Rauschen der Blätter im Wind, ein Bach, der im Hintergrund plätschert“, sagt sie und ergänzt mit einem Lachen: „Das klingt jetzt aber esoterisch.“
Wer in der Intensivfachpflege arbeiten möchte, absolviert zunächst eine Pflege-Ausbildung und kann sich nach zweijähriger Berufserfahrung in einer wiederum zweijährigen Weiterbildung spezialisieren. Den Unterschied zur Pflege auf einer Normalstation sieht Ulrich in der Verteilung der Kapazitäten: „Ich habe keine 15 Patienten, sondern zwei oder drei, die meine volle Energie brauchen.“ Außerdem sei sie durch die Notwendigkeit des schnellen Handelns und durch die enge Zusammenarbeit mit den Ärzten enger an der Medizin. Zudem sei die Medikamentengabe, die medizinisch-therapeutische Pflege sowie die Arbeit an und mit den medizinischen Geräten umfangreicher als auf der Normalstation. Das liegt laut Ulrich daran, dass der Patient im akuten Krankheitszustand ist und mehr Zuwendung und Zeit erfordert.
Berufsanfänger sollten laut Ulrich Spaß daran haben, sich stetig weiterzubilden. Sie unterstreicht, was ein Lehrer zu ihr sagte: „Nach der Ausbildung fängt die Ausbildung an.“ Für diesen Beruf sei es deshalb wichtig, neben Wissbegierde und Interesse an der Medizin eine gewisse Reife und viel Einfühlungsvermögen mitzubringen. Den Interessenten solle außerdem bewusst sein, dass es in diesem Beruf um Menschenleben gehe und deshalb Verantwortungsbewusstsein, Kompetenz und Expertise eine große Rolle spielten. „Wenn es dein Wunsch ist, probiere es aus“, motiviert sie den potenziellen Nachwuchs.
Über die Verantwortung für ein Menschenleben, die sie in ihrem Arbeitsalltag immer wieder trägt, spricht Kristin Ulrich sachlich. Sie sagt, sie habe ihre Checkliste, die sie abarbeite: Was muss ich noch dokumentieren? Welche Medikamente muss ich noch geben? „Wenn ich die Punkte auf der Liste abhaken kann, habe ich alles getan, was in meiner Macht steht. Der Rest ist Schicksal.“ Medizin und Schicksal – zwei weitere Gegensätze, die Kristin Ulrich in ihrem Beruf täglich unter einen Hut bringt.
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