Der Branchenverband der privaten Busunternehmen hat für den Juni, den ersten Geltungsmonat des 9-Euro-Tickets, eine Mitgliederbefragung durchgeführt und sieht für seine in der Bustouristik und im Fernlinienverkehr tätigen Unternehmen massive Abwanderungsbewegungen.
Demnach verzeichnen 45 Prozent der befragten Touristik-Unternehmen rückläufige Fahrgastzahlen. Bei den Senioren, der Hauptzielgruppe der Bustouristik verzichteten sogar 67 Prozent auf eine Nutzung des beliebten Reisemittels. Gerade im ländlichen Raum, in welchem der Bus oft das einzige öffentliche Verkehrsmittel darstellt, zeichnet sich damit eine nachteilige Entwicklung ab. Dieser erhebliche Rückgang an Fahrgästen stellt nicht nur die mittelständischen Busunternehmen, die ohnehin durch Corona und gestiegene Energiekosten wirtschaftlich schwer betroffen sind, vor große Herausforderungen, sondern schwächt die Struktur der Mobilität in den ländlichen Räumen insgesamt. In der Folge sind dann nicht nur Senioren, sondern auch Schüler, Menschen mit Behinderung, Berufspendler ohne eigenen Pkw, Sportvereine und Klassenfahrten massiv betroffen. Und auch die im Fernverkehr tätigen Busunternehmen mussten erhebliche Fahrgastverluste hinnehmen. Alle Teilnehmenden gaben an, dass die Fahrgastzahlen durch das 9-Euro-Ticket gesunken seien. Bei über 70 Prozent der Unternehmen lagen die Verluste sogar bei über 60 Prozent.
Der bdo begrüßt die durch den 9-Euro-Ticket-Effekt gestiegenen ÖPNV-Fahrgastzahlen, stellt aber gleichzeitig eine Veränderung des Reiseverhaltens auf Kosten der Bustouristik und des Fernbusses fest. Diese Entwicklung war von der Politik weder beabsichtigt noch gewünscht. Dazu erklärte bdo-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard: „Ziel eines durch Steuermittel finanzierten ÖPNV-Billigtickets kann nicht sein, dass sich ohnehin schon umweltfreundliche Verkehrsmittel gegenseitig Fahrgäste abwerben und hierdurch Wettbewerbsverzerrungen zulasten der Reisebusbranche neu etabliert werden. Die gemeinsame politische Aufgabe muss vielmehr sein, den Individualverkehr mit Pkw zu reduzieren, um endlich die Verkehrswende und den Klimaschutz erfolgreich voranzubringen.“
Deshalb fordert der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) von der Politik eine politische Nachjustierung und Einbeziehung der mittelständischen Reisebusbranche bei möglichen Nachfolgeregelungen des 9-Euro-Tickets. Konkret fordert der Verband Wettbewerbsverzerrungen durch die bestehenden unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze zu beheben und für Bus und Bahn gleichermaßen einen einheitlichen reduzierten Satz von 7 Prozent anzuwenden. Zudem muss die Bundesregierung tragfähige Lösungen für die Mobilität in ländlichen Regionen vorlegen. Ohne den wirksamen Ausgleich der gestiegenen Energie- und Personalkosten wird die Verkehrswende nicht gelingen.
„Nach den coronabedingten Liquiditätsengpässen, sowie den massiv gestiegenen Personal- und Energiepreisen ist jetzt eine schnelle und nachhaltige Entlastung und Stärkung des Busmittelstandes durch die Politik gefordert. Nur so können die Busunternehmen nach dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets ihren notwendigen Beitrag zum Erhalt der klimafreundlichen Mobilität in Stadt und Land erbringen“, sagte Leonard heute in Berlin.
Der bdo hat aus den Ergebnissen der Umfrage zwei Grafiken erstellt, die jeweils mit Link zum Download bereitstehen:
Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) e.V. ist der Spitzenverband der deutschen Busbranche und vertritt die Interessen von rund 3.000 privaten und mittelständischen Unternehmen aus den Bereichen Personennahverkehr, Bustouristik und Fernlinienverkehr gegenüber Politik und Öffentlichkeit.
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