Digitale Präventionsangebote sind sinnvolle Ergänzung
Um eine möglichst niedrigschwellige Präventionsstruktur aufzubauen, sollten klassische und digitale Angebote zur Prävention künftig Hand in Hand gehen. Denn verglichen mit analogen Leistungen bieten digitale Angebote einige Vorteile und können dadurch Lücken in der Versorgungslandschaft schließen. So sind digitale Leistungen einfacher zugänglich und können unabhängig von den Versorgungsstrukturen vor Ort jederzeit und überall in Anspruch genommen werden.
Digitale Programme sind heute bereits Bestandteil des Alltags zahlreicher Bürger:innen. Allerdings werden bislang bei Weitem nicht alle Versicherten erreicht, die von Präventionsmaßnahmen profitieren können. Um die Mehrwerte von Primär- sowie Sekundärprävention für die Versicherten und unser Gesundheitssystem zukünftig besser nutzen zu können, muss die Inanspruchnahme durch folgende Änderungen einfacher gestaltet werden:
1. Barrieren abbauen
a. Aktuell gilt bei der Inanspruchnahme eines Präventionsangebotes, dass im Regelfall die Versicherten für die Kosten in Vorleistung gehen müssen. Diese Regelung stellt für viele Menschen eine Hürde für die Inanspruchnahme präventiver Leistungen dar, beispielsweise aufgrund des bürokratischen Aufwandes oder für Familien mit geringem Einkommen. Für digitale Angebote sollte dieses Prinzip durch eine direkte Kostenübernahme seitens der Krankenversicherungen ersetzt werden.
b. Nach wie vor ist es für Patient:innen und Leistungserbringer:innen schwer, übersichtliche Informationen über alle zur Verfügung stehenden Präventionsangebote einzuholen.
Dies sollte durch eine zentrale, online abrufbare versicherungsübergreifende Auflistung gelöst werden. Diese Liste sollte dabei digitale und analoge Angebote erkennbar unterscheiden
2. Transparenz schaffen
a. Mit den gesetzlichen Krankenversicherungen, Rentenversicherungen und Unfallversicherungen sind unterschiedliche Kostenträger im Bereich Prävention eingebunden.
Das kann bei potenziellen Nutzer:innen von Präventionsmaßnahmen zu Unklarheiten über inhaltliche Schwerpunkte, Zuständigkeiten oder die Kostenübernahme führen. Es braucht daher eine gute Koordination sowie einen optimierten Informationsfluss insbesondere zwischen Kranken- und Rentenversicherungen.
b. Der Anstieg lebensstilbedingter Erkrankungen wie Adipositas oder Typ II Diabetes mellitus macht deutlich, dass ein wesentliches Ziel der Prävention bislang noch nicht erreicht wurde:
die Krankheitsvermeidung. Noch immer existieren zahlreiche Versorgungslücken in der Prävention, die identifiziert und beseitigt werden sollten. Die Identifikation von "unmet medical needs" muss mithilfe von Forschungsvorhaben und systematischer Auswertung von Gesundheitsdaten vorangetrieben werden. Nur bei einer klaren Definition von Versorgungslücken kann zielgerichtet und transparent über die Allokation der Finanzierung entschieden und ein bedarfsgesteuerter Einsatz neuer medizinischer Technologien erreicht werden.
3. Anreize setzen
a. Um die qualitativ hochwertige Beratung von Patient:innen zu evidenzbasierten Präventionsmaßnahmen zu fördern, bedarf es zusätzlicher zielgerichteter Unterstützungsmaßnahmen durch Leistungserbringer:innen (z. B. Ärzt:innen, Therapeut:innen und Apotheker:innen). Diese sollten regelmäßig evaluiert werden.
b. Ebenso sollten zusätzliche Anreize für die Förderung von Präventionsangeboten durch Krankenkassen gesetzt werden. Dies könnte durch ein höheres Budget erfolgen, das für Präventionsmaßnahmen zur Verfügung gestellt wird und abgerufen werden muss.
Prävention kann dazu beitragen, die Entstehung von Krankheiten gänzlich zu vermeiden oder die Krankheitsschwere zu verringern. Patientenorientierte Präventionsangebote senken somit nicht nur die Anzahl der Primärerkrankungen, sie sorgen auch für weniger Begleit- und Folgeerkrankungen, wie beispielsweise der DAK-Versorgungsreport 2018* für Diabetes zeigte.
Einfach zugängliche Präventionsmaßnahmen können folglich Leid und Lebenseinschränkungen zahlreicher Menschen mindern und die Belastung für das Gesundheitssystem reduzieren. Mit den beschriebenen Änderungen sollten nun die Strukturen geschaffen werden, damit künftig noch mehr Menschen von digitalen und analogen Präventionsangeboten profitieren können.
*Storm, Andreas (Herausgeber), Versorgungsreport Diabetes mellitus2, Beiträge zur Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung (Band 24)
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