Eine klimafreundliche Luftfahrt mit alternativen Antrieben braucht nicht nur innovative Fluggeräte, sondern auch eine entsprechende Infrastruktur. Darüber tauschten sich auf der ILA Berlin Expertinnen und Experten aus. So stellte die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) Auszüge ihrer neuen Regularien für Vertiports vor. Dabei handelt es sich um Landeplätze für Flugtaxis, die unter entsprechenden Vorkehrungen auch in Innenstädten denkbar sind. Eine trichterförmige Konstruktion könnte umliegende Gebäude und Freiflächen schützen. Dass die elektrisch betriebenen Fluggeräte sehr leise sind, bedeute einen wichtigen Fortschritt für die innerstädtische Nutzung.
Der Flugzeugbauer Airbus arbeitet gleich an mehreren elektrisch betriebenen Modellen wie beispielsweise an dem Experimentalfluggerät „Vahana“, das auch autonom fliegen kann, oder dem „CityAirbus“. Damit sie zum Einsatz kommen können, arbeitet der Flugzeughersteller auch an einer Landeplatz-Infrastruktur. Dabei sei es wichtig, dass Vertiports in ein Cluster eingebunden werden, wie das Unternehmen anhand seiner Aktivitäten in der brasilianischen Metropole Sao Paolo verdeutlichte.
Bestehende Flugplätze nutzen
Als Entwickler elektrisch angetriebener Fluggeräte denkt das Unternehmen Lilium die notwendige Infrastruktur gleich mit. Seine leisen und klimaschonenden Jets eignen sich sowohl für den Transport von Personen als auch von Frachten. Eine Möglichkeit zum Starten und Landen können laut Marvin König, Manager Government Relations and Public Affairs Europe Markets, der Bau kommerzieller Vertiports sein. Ein Upgrade bestehender Flugplätze wäre ebenso denkbar wie Landeplätze auf privaten oder in der Hand von Unternehmen befindlichen Grundstücken. Lilium ist zudem in engem Austausch mit großen Flughäfen.
Wie sich Vertiports in einen bestehenden Großflughafen integrieren lassen, zeigte Ivonne Kuger, VP Corporate Development, Munich Airport International in ihrer Präsentation. Ein Ökosystem aus Start-ups, Universitäten und technischen Unternehmen macht Bayern zu einem wichtigen Zentrum für AAM. Eine Integration von Vertiports sei an mehreren Orten auf dem Flughafen denkbar. Wichtig sei dabei jedoch, dass die Vertiports nicht den bestehenden Flugbetrieb stören.
Die Bundeswehr und die Weltraum-Dimension
Seit dem 13. Juli des letzten Jahres gibt es das Weltraumkommando der Bundeswehr. Die Aufgaben und Herausforderungen dieser jüngsten, im niederrheinischen Uedem stationierten Einrichtung der Bundeswehr stellte der Kommandeur, Generalmajor Michael Traut, auf der ILA Berlin vor.
„Weltraum wichtig er ist sehr“ – mit diesem Zitat von Meister Yoda aus dem Star-Wars-Epos begann Generalmajor Traut seinen Vortrag auf der Defence Forum Air Stage in Halle 3 und hatte damit bereits ein schmunzelndes Auditorium. Doch die Aufgaben des neuen Kommandos im großen, doch nicht unendlichen Weltraum sind angesichts neuer Akteure und vor allem neuer Bedrohungen sehr ernst. Als so aktuelle wie drastische Beispiele nannte Traut den gezielten Abschuss eines eigenen Satelliten durch russische Kräfte im November 2021, dessen Trümmer nun eine Gefahr für andere Weltraumakteure wie etwa das Starlink-Netzwerk darstellen. So sei es nahezu unmöglich, neben allen 5.000 aktiven Satelliten auch 30.000 größere und 700.000 winzige Weltraumschrottobjekte in einem aktuellen Lagebild im Blick zu behalten. Und am ersten Tag des Krieges gegen die Ukraine wurden im Zuge der beabsichtigten Beeinträchtigung der Kommunikation ukrainischer Einrichtungen auch Transponder westlicher Windkraft-Anlagen zerstört. „Die Grenzen zwischen militärisch und zivil sind im Weltraum fließend, und es gibt so gut wie keine Regulierung – das ist der neue Wilde Westen“, so Traut. Doch das neue Kommando stelle sich den Aufgaben der unterschiedlichen Sicherheitsbedrohungen aktiv, wobei neben dem Schutz eigener Systeme und deren Datenauswertung auch der Austausch mit ähnlichen Einrichtungen befreundeter Nationen im Mittelpunkt stehe. Je digitaler unsere Gesellschaft sich entwickele, desto Weltraum-abhängiger werde sie auch und müsse vor mehr Gefahren geschützt werden. Hierfür arbeitet das Weltraumkommando auch eng mit dem Kommando Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr zusammen.
KMU im Fokus der ILA Berlin
Die ganze Vielfalt kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), die im International Suppliers Center vertreten sind, wurde am zweiten Tag der ILA Berlin bei fünf Kurzpräsentationen auf der ISC Stage in Halle 1 eindrucksvoll präsentiert.
Toolcraft (Halle 1/220) aus dem bayerischen Georgensgmünd ist ein spezialisierter Dienstleister für 3-D-Druckverfahren, der auch individuell ausgearbeitete Turn-Key-Roboterlösungen und damit die gesamte Prozesskette von der Idee über die Fertigung bis zum qualifizierten Präzisionsbauteil in den Bereichen CNC Zerspanung, Additive Fertigung sowie im Spritzguss und Formenbau anbietet. Teil der Unternehmensphilosophie sind zudem das virtuelle Training der Kunden und eine intensive Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern sowie Hochschulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen.
Im hessischen Bensheim ist Proxivison (Halle 1/360) Lieferant für Innovationen in der Optoelektronik für OEM-Kunden und Endverbraucher. Das Unternehmen verfügt über besondere Expertise im Bereich UV-Solar-Blind-Detektoren, die im militärischen Bereich, aber auch bei der Inspektion von Hochspannungsleitungen zum Einsatz kommen. Die Geräte zeichnen sich durch besonders kleine Bauweise und geringes Gewicht aus und sind vollständig digital kontrollierbar.
Astrofein aus Adlershof (Halle 6/260) entwickelt, produziert und testet Komponenten und Systeme für die Raumfahrt. Schwerpunkte des KMU sind Kleinsatelliten, Lageregelung, Strukturen, Mechanismen und Nutzlasten. ASTROFEIN ist einer der weltweit führenden Hersteller von Reaktionsrädern mit intelligenter Steuerelektronik zur Lageregelung von Satelliten mit bis zu sechs Tonnen Masse. Die 90 Mitarbeiter entwickeln, produzieren und integrieren die Systeme vollständig inhouse, wobei ein 100-m²-Reinraum zur Verfügung steht.
Im brandenburgischen Wildau ist X2E Aerospace Technologies (Halle 3/462) beheimatet, ein besonders vielseitiges Unternehmen, dass sich der Luftfahrt-Datensammlung und-verarbeitung verschrieben hat. Ein eigens entwickelter Daten-Logger kann bis zu drei Gigabit pro Sekunde aufzeichnen. Daneben werden Entwicklungs- und Herstellungsdienstleistungen, die Erprobung an Bord eines eigenen, in Strausberg stationierten Forschungsflugzeugs angeboten sowie Themen rund um unbemannte Flugsysteme (UAS) bearbeitet.
Dessia aus dem französischen Antony hat ein spezielles Software-basiertes Tool zur Effizienzsteigerung von Entwicklungsprozessen entwickelt, das bereits bei einigen Unternehmen im Luftfahrt- und Automotivebereich erfolgreich zum Einsatz kommt. Das Programm eignet sich vor allem zur Beschleunigung von Entscheidungen, wenn verschiedene Entwicklungsstränge evaluiert werden sollen.
Die Megatrends der deutschen und europäischen Raumfahrt auf der ILA Berlin
Dr. Anna Christmann, Koordinatorin der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt umriss in ihrer Keynote zu den SPACE MEGATRENDS auf der ILA Space Day Conference am 23. Juni den großen Nutzen, den Raumfahrtprogramme der Menschheit seit Jahrzehnten bringen und warf einen Blick auf die Möglichkeiten für Deutschland und Europa, um bei anstehenden Projekten dabei zu sein. Diese Megatrends diskutierte im Anschluss ein hochrangig besetztes Panel weitgehend einvernehmlich.
„Space for Earth“ ist das Motto des Raumfahrt-Pavillons in Halle 6 auf der ILA Berlin. Auch in den Augen von Frau Dr. Christmann ist der Nutzen von Raumfahrtprogrammen für die Menschheit unbestritten, und sie nannte Wetterbeobachtung und Navigationssatelliten als allgegenwärtige Anwendungen. Gerade im Angesicht der Klimakrise helfe die Raumfahrt etwa mit dem Gravity Recovery and Climate Experiment GRACE, bei dem die Wasserverteilung auf der Erde bestimmt wird. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit der Wirtschaft vor dem Hintergrund der Kommerzialisierung des Weltraums („New Space“) könne dank neuer und flexibler Akteure (etwa Startups mit Mikrolaunchern und Kleinsatelliten) Programme potentiell kostengünstiger gestalten.
Der Staat als Auftraggeber
„Wir wollen Wettbewerbe gestalten, bei denen der Staat als Ankerkunde Nutzlastaufträge vergibt“, kündigte Christmann an. Zudem solle Nachhaltigkeit auch bei der Raumfahrt eine Rolle spielen und Weltraumschrott durch aktives De-Orbiting stärker vermieden werden. „Bei all dem wird technologische Souveränität zwar immer wichtiger, aber wir müssen auch nicht alles alleine machen. Europa muss durch signifikante Beiträge und enge Zusammenarbeit die Raumfahrt aktiv mitgestalten“, so Christmann.
Nicht den Anschluss verlieren
Exzellenz bewiesen laut dem Generaldirektor der europäischen Raumfahrtagentur ESA, Dr. Josef Aschbacher, Deutschland und Europa derzeit etwa mit dem genauesten Navigationssystem der Welt, Galileo, sowie bei der Erdbeobachtung mit Kopernikus. Europas dürfe aber vor dem Hintergrund steigender Budgets in den USA und China nicht den Anschluss verlieren. Dazu müssten klare Zielsetzungen definiert werden, ergänzte Walther Pelzer, DLR-Vorstandsmitglied und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur: „Der Nutzen des Programms muss im Vordergrund stehen – Unabhängigkeit kann ein Wert an sich sein, aber Europa hat kein Interesse, sich an einem neuen Space Race zu beteiligen, wie es sich zwischen den USA und China abzeichnet.“
Den großen Nutzen der Raumfahrt vermitteln
Laut SPD-MdB Sebastian Roloff nehme die Öffentlichkeit den Nutzen von Raumfahrtprogrammen noch nicht richtig wahr: „Sie muss wissen, was Raumfahrt tatsächlich leistet.“ Marco R. Fuchs, BDLI-Vizepräsident Raumfahrt und Vorstandsvorsitzender der OHB, ergänzte: „Klimawandel und Dekarbonisierung haben die großen Linien in der Raumfahrt unterstrichen. Aber andere europäische Länder wie Italien oder Frankreich machen heute schon mehr und investieren Krisenmittel – Deutschland darf nicht zurückfallen!“
Raumfahrt-KMU bei großen Programmen adäquat beteiligen
Den Beitrag kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) zu den Raumfahrtprogrammen unterstrich schließlich Sebastian Scheiding, CEO Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH: „Wir sind nicht klein: über 100 KMU mit zusammen 2000 Mitarbeitern repräsentieren 20 Prozent der deutschen Raumfahrtindustrie. Bei den großen Themen und Programmen sollten die KMU und ihre Zulieferer mit bedacht werden – idealerweise mit ebenfalls 20 Prozent.“ Große Volumina generiere neben dem Umweltmonitoring auch die Telekommunikation
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