500 Jahre Täuferbewegung
Im Jahr 2025 jährt sich zum 500. Mal die erste Gläubigentaufe, die als Beginn des reformatorischen Täufertums und der mit ihm verbundenen täuferischen Kirchen, wie Mennoniten, Baptisten und Siebenten-Tags-Adventisten, gilt. Seit dem Jahr 2020 nähern sich Mitglieder aus verschiedenen freikirchlichen und landeskirchlichen Gemeinden unter dem Motto „gewagt!“ dem Täufergedenken in Themenjahren an. Eine Tagung des Vereins für Freikirchenforschung und der Theologischen Hochschule Elstal widmete sich der Frage nach der Bedeutung des täuferischen Erbes für die heutige Zeit.
Der baptistische Pastor Jens Stangenberg (Bremen) hob in seinem Vortrag hervor, dass die Täufer des 16. Jahrhunderts durch ihre kritische Haltung zum Bestehenden charakterisiert waren. Bei allem kritischem Hinterfragen stellten sie jedoch stets die Versöhnung in den Mittelpunkt. Die Täufer, so Stangenberg, lebten eine „Wir-Gestalt“ des Glaubens: lebensfördernd, friedensstiftend und das Miteinander der Menschen in den täuferischen Gemeinden stärkend. Keine zentrale institutionelle Instanz habe Vorgaben gemacht. Dies förderte die Mündigkeit und war, so Stangenberg, im positiven Sinne „Anarchie“.
Auch die blinden Flecken sehen
Dass auch die „blind spots“ einer Vergangenheit zur Sprache kommen müssen, darauf wies die Historikerin Astrid von Schlachta (Hamburg/Weierhof) hin. Die Mennoniten, heutzutage eine überzeugte Friedenskirche, standen in der Vergangenheit nicht immer zu ihrem Friedenszeugnis. Häusliche Gewalt, Unterstützung des Krieges beziehungsweise der Dienst an der Waffe gehörten immer wieder und spätestens seit dem 19. Jahrhundert überwiegend zum mennonitischen Leben.
Dazu zählte auch systemische Gewalt, wie einige Fälle sexuellen Missbrauchs in der neueren Zeit ans Tageslicht gebracht hätten. Joel Driedger (Karlsruhe) verdeutlichte dies am Fall des mennonitischen Theologen John Howard Yoder.
Kirche neu denken
Eine vom Vorsitzenden des Vereins für Freikirchenforschung, Andreas Liese (Bielefeld), geleitete Podiumsdiskussion rückte aktuelle freikirchliche Bünde und Neugründungen in den Mittelpunkt, die sich an den historischen Täufern orientierten. In Österreich und in Schweden etwa seien unterschiedliche Freikirchen in Bünden vereint und in Großbritannien verstehe sich das „Anabaptist Mennonite Network“ nicht als Institution, sondern als Netzwerk. Im aktuellen Verlust der gesellschaftlichen Position der Christen sehen dessen Mitglieder die Chance, Kirche neu zu denken und „Ballast“ abzuwerfen.
Aufarbeitung der täuferischen Geschichte
Ein letzter Programmpunkt der Tagung widmete sich der Aufarbeitung der täuferischen Geschichte von Verfolgung und Martyrium im ökumenischen Kontext. Andrea Strübind (Oldenburg) und Lothar Triebel (Bensheim) zeigten anhand der Dialoge, die zwischen verschiedenen lutherischen, katholischen und mennonitischen Verbänden abgehalten wurden, dass trotz aller Bereitschaft zum Gespräch und zum gegenseitigen Verständnis die Täufer immer noch eine „Sonderrolle“ einnehmen. Es sei in den Augen der „großen“ Kirchen keineswegs eine Selbstverständlichkeit, sie zum pluralen Spektrum der Reformation zu zählen. Uwe Swarat (Elstal) sprach den Umgang mit den Verurteilungen der Täufer in der „Confessio Augustana“ von 1530 an. Es bleibe abzuwarten, welche Debatten darüber in den Jahren bis 2030 entstehen werden.
Die Tagung in Elstal habe deutlich gemacht, wie präsent das täuferische Erbe im Bewusstsein heutiger Kirchen und Gesellschaften sei. Allerdings hätte die Tagung auch gezeigt, wie interessegeleitet Geschichtsschreibung sei und dass Geschichte deshalb immer wieder neu geschrieben werden müsse.
Verein für Freikirchenforschung (VFF)
1990 gründeten Theologen und Historiker aus verschiedenen Freikirchen den Verein für Freikirchenforschung. Initiator war Professor Dr. Robert Walton, seinerzeit Direktor des Seminars für Neue Kirchen- und Theologiegeschichte der Theologischen Fakultät der Universität Münster. Heute hat der Verein Mitglieder aus 27 Denominationen. Fach- und Laienhistoriker aus zwölf Ländern gehören ihm an. 180 Einzelpersonen und 21 Institute arbeiten zusammen, um wissenschaftliches Arbeiten im Rahmen der Freikirchenforschung zu fördern.
Der VFF befasst sich mit theologischen und kirchengeschichtlichen Themen aus freikirchlichen Blickwinkeln. Er fördert wissenschaftliches Arbeiten im Rahmen der Freikirchenforschung. Dazu unterhält der Verein auch eine freikirchliche Fachbibliothek, die ihren Standort an der Theologischen Hochschule der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Friedensau bei Magdeburg hat.
Darüber hinaus möchte der VFF Freikirchen bei der sachgerechten Archivierung von Quellenmaterial und beim Auf- und Ausbau von Archiven unterstützen. Tagungsbeiträge und Forschungsberichte werden im Jahrbuch des Vereins für Freikirchenforschung veröffentlicht.
Weitere Informationen: www.freikirchenforschung.de.
Theologische Hochschule Elstal
Die Theologische Hochschule Elstal ist eine durch das Land Brandenburg staatlich akkreditierte kirchliche Hochschule in Trägerschaft des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden K.d.ö.R. Sie hat im Jahr 2007 nach der Begutachtung durch den Wissenschaftsrat die institutionelle Akkreditierung als Fachhochschule erhalten und ist 2013 erfolgreich institutionell reakkreditiert worden. Damit hat sie das Recht, staatlich anerkannte Hochschulabschlüsse zu verleihen.
Die Theologische Hochschule Elstal bietet drei akkreditierte Studiengänge mit staatlich anerkannten Studienabschlüssen an: Bachelor-Studiengang Evangelische Theologie, Master-Studiengang Evangelische Theologie und Master-Studiengang Diakonie und Sozialtheologie.
Weitere Informationen: https://www.th-elstal.de/
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