Die Zukunft der Dialyse liegt zu Hause

Auf dem 13. Kölner KfH-Heimdialysekongress am 22./23. April stand der Wandel der nephrologischen Behandlung zu mehr Heimdialyse und somit die Fortschritte auf dem Gebiet der Dialyse zu Hause im Mittelpunkt. Der vom gemeinnützigen KfH ausgerichtete medizinische Fachkongress mit diesmal 16 Vorträgen, einem Workshop-Block und einer Podiumsdiskussion ist der einzige seiner Art in Europa, der sich ausschließlich mit den Heimverfahren befasst; rund 300 Fachleute aus der Nephrologie aus Europa und den USA nahmen vor Ort oder digital an der Hybridveranstaltung teil.

Neu-Isenburg/Köln, 26.04.2022. In Deutschland sind mehr als 80.000 chronisch nierenkranke Menschen auf ein Nierenersatzverfahren angewiesen. Dank der Dialyse können diese Patientinnen und Patienten überleben. Viele von ihnen hoffen auf eine Nierentransplantation. Neben der meist dreimal in der Woche erforderlichen Dialyse in einem Zentrum ist die Dialyse auch zu Hause möglich. Zum Einsatz kommen dabei die Peritonealdialyse über das körpereigene Bauchfell oder die Heimhämodialyse. Allerdings sind beide Behandlungsarten in Deutschland im internationalen Vergleich unterrepräsentiert, obwohl die Heimdialyseverfahren die bestmögliche Lebensqualität bei gleichwertiger Qualität der Behandlung ermöglichen. „Nur etwas über sechs Prozent der Betroffenen werden derzeit mit Heimdialyseverfahren behandelt, im KfH liegt der Anteil immerhin bei zehn Prozent“, berichtete Dr. Benno Kitsche, Beauftragter des KfH-Vorstandsvorsitzenden zur Weiterentwicklung und Förderung der Heimdialyse. Der wissenschaftliche Leiter des Kongresses ist sicher: „Die Heimdialyse ist keine Nische und wird deutlich an Bedeutung gewinnen.“

Auf die geringe Verbreitung hatte im Herbst 2021 die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) mit einem 10-Punkte-Plan zur Stärkung der Heimdialyse reagiert. DGfN-Präsident Prof. Dr. Hermann Pavenstädt (Münster) kündigte beim KfH-Heimdialysekongress eine Informationskampagne an, um die Patientinnen und Patienten in einfacher Sprache und standardisiert über sämtliche Nierenersatzverfahren aufzuklären. Weitere Punkte des Plans sind beispielsweise die Durchführung aller Dialyseverfahren während der fachärztlichen Aus- und Weiterbildung und die Einführung eines Dialyseregisters zur Erfassung der Behandlungsgüte. Pavenstädt sagte: „Der 10-Punkte-Plan ist wohlüberlegt, aber wichtig ist der Wille zur Veränderung.“ Die Nephrologinnen und Nephrologen sollten ihren Patientinnen und Patienten die Heimdialyse als erste Alternative anbieten.

KfH-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. med. Dieter Bach möchte „die Heimdialyse rekultivieren und nach vorne entwickeln“. Um ihren Anteil sukzessive zu steigern, benötige man „die Haltung, die ökonomischen Randbedingungen und neue technische Optionen“. Bach ist überzeugt: „Die Heimdialyse gibt uns die Chance zu variieren, zu individualisieren, und die Patientinnen und Patienten fordern dies mit Recht ein.“ Er erinnerte auch an den ökologischen Fußabdruck der Dialyse. Man müsse sich Gedanken über weniger CO2-Emissionen, einen geringeren Wasserverbrauch und einen geringeren Transportaufwand zu den Zentren machen. „Alles Argumente für die Heimdialyse“, so Bach.

Für den Paradigmenwechsel könnte vor allem die Entwicklung kleinerer, mobiler und wasser- sowie energiesparender Dialysegeräte sorgen. Sie sind zu Hause und auch unterwegs auf Reisen einsetzbar und weisen den Weg zur „grünen Dialyse“ mit erheblich reduziertem Wasser- und Stromverbrauch. Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Medizin berichteten in Köln von ihren guten Erfahrungen mit nur rund 30 bis 35 Kilogramm schweren Geräten sowie der Entwicklung noch kompakterer, bald tragbarer Dialysemaschinen. An solchen „künstlichen Nieren“ auf Mikrochipbasis arbeitet beispielsweise der niederländische Ingenieur Prof. Dr. Fokko Wieringa (Utrecht). Er rechnet damit, dass Anfang 2024 erste Geräte dieser Art auf den internationalen Markt kommen könnten.

Nachdem Vereinigungen nierenkranker Patientinnen und Patienten aus den USA und Europa im vergangenen Jahr gemeinsam die Initiative „The Decade of the KidneyTM“ („Die Dekade der Niere“) ins Leben gerufen haben, um in den kommenden zehn Jahren den Fortschritt in der nephrologischen Behandlung voranzutreiben, zeigte der Kongress in Köln, dass die Nephrologie, die Dialyseversorger und Technologieunternehmen in der Tat vor einem tiefgreifenden Wandel stehen. Heimdialyse-Experte Kitsche ist sicher: „Grüne Dialyse und Heimdialyse bewegen sich aufeinander zu, bedingen einander. Diese Entwicklung führt in eine Zukunft der Nierenersatztherapie, die mehr und mehr zu Hause oder unterwegs stattfinden wird. Es ist nicht mehr die Frage, ob es so kommen wird, sondern wann, wie schnell und wie wir diesen Wandel aktiv mitgestalten werden. Letzten Endes geht es um eine Verbesserung der Therapiemöglichkeiten für chronisch nierenkranke Patientinnen und Patienten.“

Über den KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V.

Das KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V. steht für eine qualitativ hochwertige und integrative nephrologische Versorgung nierenkranker Patientinnen und Patienten. Es wurde im Jahr 1969 gegründet und ist damit zugleich der älteste und größte Dialyseanbieter in Deutschland. In über 200 KfH-Zentren werden rund 19.000 Dialysepatientinnen und -patienten sowie aktuell über 70.000 Sprechstundenpatientinnen und -patienten umfassend behandelt.

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