Themenjahr „Frauen und Künste“

Im Jahr 2022 jährt sich der Geburtstag der Dichterin Anna Louisa Karsch zum 300. Mal.

„Die Karschin“ (1. Dezember 1722 bis 12. Oktober 1791) war eine der wichtigsten und eigenwilligsten Dichterinnen und Briefschreiberinnen ihrer Zeit. Leidenschaftlich warb sie um die Liebe von Johann Wilhelm Ludwig Gleim und ließ sich schließlich auf eine Freundschaft ein. Im Gleimhaus in Halberstadt, dem ersten deutschen Literaturarchiv, befindet sich die größte KarschSammlung mit über 2000 Briefen und Gedichten, dem einzigen überlieferten Porträtgemälde sowie einem vollfigurigen Denkmal.

Karsch gilt als erste ‚freie Autorin‘, also als erste Schriftstellerin im deutschsprachigen Bereich, die von den Einkünften ihrer Dichtung existieren konnte. Ihre spektakuläre Biografie hat schon die Zeitgenossen in Erstaunen versetzt. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnisse wurde sie 1761 in Berlin zur gefeierten Poetin. Sie starb in dem Haus, das ihr der preußische König in Anerkennung ihrer Verdienste hatte bauen lassen.

Ihr Geburtstag ist dem Gleimhaus Anlass, von April 2022 bis April 2023 das Themenjahr „Frauen und Künste“ zu veranstalten. In Ausstellungen und Veranstaltungen wird die vielfältige kulturelle Leistung von Frauen in verschiedenen Jahrhunderten in den Blick genommen. Hierbei geraten neben der Literatur und dem Schreiben die bildende Kunst und auch die Musik in den Blick.

(Zum vollständigen Programm – siehe Anlage)

„Frauen schreiben“

Das Themenjahr startet mit der Kabinettausstellung „Frauen schreiben“ zu außergewöhnlichen Frauen in Gleims Bibliothek und Handschriftensammlung. Oft werden Frauen des 18. Jahrhunderts literarisch ausschließlich mit der Gattung des Briefes in Zusammenhang gebracht. Die Ausstellung dokumentiert die unterschiedlichen Ausdrucksweisen von Frauen in Gleims Umfeld. Der Bogen reicht von Sophie Dorothea Gleim, der Nichte, die Gleim den Haushalt führte und die im Schreiben nur wenig geübt war, bis zur erfolgreichen Romanautorin Sophie von La Roche. Beleuchtet werden anhand ausgewählter Vorläuferinnen aus Frankreich und England Spuren europäischer weiblicher Literaturgeschichte.

„Harzwölfin“

Dorothea Milde – Grafikerin, Wandervogel-Führerin, Hundezüchterin und Quedlinburger Original – hatte ein schweres Leben und war von schwerem Gemüt. „Schwere“ ist auch der Schlüsselbegriff ihrer Kunst. Ihr Werk ist in nur rund 15 Jahren der künstlerischen Tätigkeit entstanden und packt den Betrachter in seiner Expressivität unmittelbar. In der Region ist die Erinnerung an die Künstlerin stets wach geblieben, ihre Kunst allerdings ist bislang weitgehend unentdeckt.

Mit der Ausstellung „Harzwölfin. Der Weg der Quedlinburger Expressionistin Dorothea Milde (1887-1964)“ zeigt das Gleimhaus, das den Nachlass von Dorothea Milde verwahrt, eine umfassende Werkschau. Milde erweist sich als eine der wichtigsten Künstlerinnen, die im Gebiet des heutigen Bundeslandes Sachsen-Anhalt tätig waren. Deutlich wird einmal mehr die Bedeutung des Harzes innerhalb der deutschen Landschaftsmalerei.

Plötzlich Poetin!?

Die Ausstellung stellt das das Leben und das Werk der Dichterin im Kontext der Literaturgeschichte der Zeit vor. Beleuchtet wird hierbei zugleich die Situation von schreibenden Frauen im 18. Jahrhundert. Auch wird das Wirken der Dichterin über den Tod hinaus in den Blick genommen werden; hierzu zählt die weibliche Dichter-Genealogie, die durch Karsch begründet wurde und über die Tochter Caroline Luise von Klencke zur Enkelin Helmina von Chézy führt.

Der Titel „Plötzlich Poetin !?“greift das Phänomen des überraschenden Ruhms zu Beginn der 60er Jahre auf. Doch wird auch gezeigt, dass Karsch diesen Erfolg selbst vorbereitet hat und auch bis ins Alter zu halten versuchte. Die Ausstellung stellt damit übliche Erzählungen zu Leben und Werk der Dichterin infrage, bei denen das Hauptaugenmerk lediglich auf den ersten Erfolgsjahren in Berlin (und Magdeburg) liegt. Das Projekt Karsch300 wird durch das Land Sachsen-Anhalt gefördert.

Das Themenjahr ist nicht nur mit den Ausstellungen und einem Veranstaltungsprogramm verbunden, sondern auch mit zahlreichen Publikationen. Zur Milde-Ausstellung erscheint eine Monografie zu Leben und Werk. Zum Karsch-Jubiläum wird eine Edition mit Briefen und Gedichten  vorgelegt sowie ein Begleitband zur Ausstellung. Ein Themenheft der Zeitschrift „Das achtzehnte Jahrhundert“ ist Anna Louisa Karsch gewidmet.

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