Mindestmengen bei Knie-TEP: Höhere Fallzahlen bringen mehr Behandlungsqualität

In einer Reihe von Prüfaufträgen, die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erteilt hat, geht es um die Frage, ob bei bestimmten Operationen ein Zusammenhang zwischen der Menge der pro Krankenhaus erbrachten Leistung und der Qualität des Behandlungsergebnisses nachweisbar ist. Für Totalendoprothesen des Kniegelenks (Knie-TEP) liegt nun der Rapid Report des IQWiG vor.

Demnach gibt es sowohl auf der Ebene der Klinik als auch auf der ärztlichen Ebene positive Zusammenhänge zwischen Leistungsmenge und Behandlungsqualität in Bezug auf zahlreiche Zielgrößen: Je höher die Fallzahlen für die Implantation einer Knie-TEP, desto seltener treten schwere Komplikationen auf. Krankenhausaufenthalte sind kürzer, es kommt seltener zu Wiederaufnahmen ins Krankenhaus und erneuten Operationen am Kniegelenk. Außerdem sind die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die Überlebenschancen der Patientinnen und Patienten besser, wenn mehr als 50 Knie-TEP pro Jahr in einem Krankenhaus durchgeführt werden.

Eine Studie zur konkreten Versorgungssituation in Deutschland liefert überdies Hinweise darauf, dass nach Einführung von Mindestfallzahlen für Knie-TEP mindestens kurzfristig weniger Wundinfektionen oder postoperative Blutungen auftreten.

Zahl der Knie-TEP steigt und Alter der Operierten sinkt

Häufige Ursache für den vollständigen Austausch des Kniegelenks (Knie-TEP) ist eine schwere degenerative Veränderung des Gelenks (Gonarthrose), die oft mit Schmerzen und eingeschränkter Beweglichkeit einhergeht.

Mit mehr als 193 000 Fällen im Jahr 2019 in Deutschland gehört die Knie-TEP zu den 20 häufigsten Operationen bei stationär behandelten Patientinnen und Patienten, allerdings mit starken regionalen Schwankungen. Die Anzahl von Betroffenen im Alter von unter 60 Jahren wächst kontinuierlich und damit auch die Anzahl von erneuten Eingriffen (Revisionen), insbesondere nach Erstimplantaten bei unter 50-Jährigen.

Die derzeit gültige jährliche Mindestmenge für die Implantation von Knie-TEPs pro Standort eines Krankenhauses liegt bei 50. Für diesen Rapid Report betrachtet das IQWiG nur die erstmalige Implantation einer Knie-TEP. Auf den Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Qualität bei einer Teilendoprothese (unikondyläre Schlittenprothese) und bei Revisionseingriffen am Knie geht das Institut in separaten Berichten ein.

Relativ viele Studien, aber mit eingeschränkter Datenqualität

Insgesamt 18 Studien lieferten Daten zum Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge auf der Krankenhaus- oder Arztebene und der Behandlungsqualität bei Implantation einer Knie-TEP. Die Studienergebnisse haben zwar nur eine eingeschränkte Aussagekraft, vor allem, weil es sich überwiegend um retrospektive Beobachtungsstudien auf der Basis von Routine- und/oder Registerdaten handelt. Im Vergleich mit früheren IQWiG-Berichten zu Mindestmengen bei unterschiedlichen operativen Eingriffen gibt es zur Knie-TEP aber mehr Studien, die nicht nur auf Krankenhaus-, sondern auch auf Arztebene einen Zusammenhang von Leistungsmenge und Behandlungsqualität untersuchten und zeigen. Außerdem liefern drei Studien verwertbare Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität.

Höhere Fallzahlen bringen bessere Behandlungsergebnisse

Jeweils auf beiden Ebenen, Krankenhaus und Ärztin/Arzt, zeigt sich ein Zusammenhang von Leistungsmenge und Behandlungsqualität bei mehreren Zielgrößen in den Studien: Mit steigenden Fallzahlen kommt es beispielsweise seltener zu Komplikationen während oder direkt nach der Operation und auch längerfristig (nach sechs Monaten). Wundinfektionen und Lungenentzündungen treten seltener auf. Außerdem ist die gesundheitsbezogene Lebensqualität (z. B. Beweglichkeit und Selbstständigkeit) besser, je häufiger eine Knie-TEP implantiert wurde. Der Krankenhausaufenthalt ist dann auch kürzer und es kommt seltener zu Wiederaufnahmen sowie erneuten Eingriffen wie Amputation, Gelenkversteifung (Arthrodese) oder Entfernen der Knie-TEP (Exzision) mit anschließender Erneuerung des eingesetzten Kniegelenks (Revision).

In drei Studien wurde die gesundheitsbezogene Lebensqualität mit validierten Erhebungsinstrumenten untersucht und bei einzelnen Aspekten der Lebensqualität (z. B. Gelenkfunktion, Beweglichkeit) ein positiver Zusammenhang zwischen der Fallzahl und der Behandlungsqualität sowohl auf Ebene der Krankenhäuser wie auch auf Ebene der behandelnden Ärztinnen und Ärzte festgestellt.

Auswirkungen einer Mindestfallzahl in der Versorgung

Anders als in den bisherigen IQWiG-Berichten zu Mindestmengen bei unterschiedlichen operativen Eingriffen gibt es zur Implantation der Knie-TEP eine Studie, die die Auswirkungen einer Mindestfallzahl auf die Behandlungsqualität in der realen Versorgung in deutschen Krankenhäusern zusammengeführt hat: Nach Einführung der Mindestfallzahl von 50 Eingriffen pro Krankenhaus und Jahr verringerte sich die Anzahl von Patientinnen und Patienten mit postoperativen Blutungen oder Hämatomen in der Operationswunde am Knie. Auch bei Wundinfektionen zeigt sich ein Zusammenhang, allerdings ist hier ein zeitlicher Effekt (Periodeneffekt) nicht ausgeschlossen, weil sich schon vor Einführung der Mindestfallzahl eine Verbesserung abgezeichnet hatte.

Zum Ablauf der Berichtserstellung

Der G-BA hatte das IQWiG im März 2021 beauftragt, den Bericht zum Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Qualität des Behandlungsergebnisses bei der Durchführung von Knie-TEP in einem beschleunigten Verfahren als „Rapid Report“ zu erarbeiten. Zwischenprodukte wurden daher nicht veröffentlicht und nicht zur Anhörung gestellt. Dem Auftraggeber ist dieser nun veröffentlichte Rapid Report am 3. Februar 2022 zugegangen.

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