Noch seien die wirtschaftlichen Folgen insgesamt nicht absehbar. Sicher sei aber schon jetzt: „Probleme werden sich in der Energieversorgung, durch Sanktionsrückwirkungen von Lieferkettenunterbrechungen oder durch den Ausfall von Produktionsstätten ergeben“, so der Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht: „Dieser Krieg ist eine Gefahr für die europäische Friedens- und Sicherheitsordnung, auf deren Basis wir bisher erfolgreich wirtschaften. Deutsche Unternehmen gehören bislang zu den aktivsten ausländischen Investoren in Russland, wenngleich mit deutlich nüchternerer Betrachtung ihrer Perspektiven in den letzten Jahren. Die internationale Staatengemeinschaft muss energisch dafür eintreten, dass die russische Invasion in der Ukraine ein schnelles Ende findet, und sie wird um wirksame Wirtschaftssanktionen nicht herumkommen. Auf nationaler Ebene muss die Bundesregierung alles dafür tun, dass die Energieversorgung in Deutschland unter den neuen politischen Rahmenbedingungen gesichert bleibt. Aber wir müssen uns im Klaren sein, Sanktionen treffen auch Denjenigen, der die Sanktionen veranlasst, will sagen, auch wir in Deutschland werden unter den Auswirkungen der Sanktionen zu leiden haben.“
Der Jahresbericht der Handelskammer wirft den Blick auf die Entwicklungen im Jahr 2021. Im vergangenen Jahr hat sich die Wirtschaft im Land Bremen nach dem corona-bedingten Einbruch im Jahr 2020 um -7,0 Prozent auch 2021 nur langsam erholt. In der ersten Jahreshälfte stieg das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt in Bremen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um +1,2 Prozent. Damit war die wirtschaftliche Dynamik im Land Bremen deutlich geringer als im Bundesdurchschnitt (+2,9 Prozent).
Der Druck auf die Wirtschaft kam im zurückliegenden Jahr wie schon in 2020 durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie, sagte Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht bei der Vorstellung des Jahresberichts 2021: „Die in der zweiten Jahreshälfte 2021 wieder stark ansteigenden Inzidenzzahlen und die damit verbundenen Einschränkungen insbesondere für ohnehin stark betroffene Bereiche wie Hotellerie, Gastronomie, Teile des Einzelhandels sowie die Tourismus- und Veranstaltungswirtschaft bedeuteten für viele Unternehmen unverändert große Probleme. Dazu machten der Wirtschaft insbesondere der immer größere Fachkräftemangel sowie große Herausforderungen auf nationaler und internationaler Ebene zu schaffen. Gemeint sind hier vor allem Belastungen durch stark steigende Energie- und Rohstoffpreise, unverändert gestörte Lieferketten und immer höhere Transportkosten – Probleme, die durch die aktuelle Ukraine-Krise mit Sicherheit spürbar verschärft werden.“ Der von Russland entfesselte Krieg in der Ukraine werde erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen, so der Handelskammer-Präses.
Präses Eduard Dubbers-Albrecht betonte, dass trotz der anhaltenden Pandemie in Bremen und Bremerhaven entschlossen daran gearbeitet werden müsse, die Weichen für eine zukunftsorientierte Entwicklung des Bundeslandes zu stellen: „Mehr denn je müssen diese Entscheidungen auf wirtschaftliche Robustheit angelegt sein. Die aktuelle Krise in der Ukraine führt uns deutlich vor Augen, dass wirtschaftliche Stabilität und sichere Energieversorgung in der kommenden Zeit maßgeblich sein werden für die Zukunft unseres Landes.“ Zugleich müsse weiter an den zentralen Zukunftsthemen gearbeitet werden. International wie auch vor Ort seien dies beispielsweise die Chancen des Klimaschutzes. Bremen könne besonders im Bereich der Wasserstofftechnologie profitieren, und zwar auch durch seine Stellung als starker Hafenstandort. Präses Eduard Dubbers-Albrecht betonte: „Bremen und Bremerhaven müssen sich gemeinsam mit dem norddeutschen Wirtschaftsraum in der sich ändernden Wettbewerbssituation positionieren. Dazu gehören die großen Infrastrukturvorhaben wie der Bau der Küstenautobahn A20, die Optimierung der Schienenanbindung und eine zukunftsorientierte Positionierung der norddeutschen Häfen.“
Neben dem Fachkräftemangel nannte Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger die nach wie vor bestehenden Lieferengpässe sowie die starken Preissteigerungen die größten Hemmnisse für die Wirtschaftsentwicklung 2022: „Die pandemiebedingten Einschränkungen und die weiterhin bestehenden Lieferengpässe werden einen konjunkturellen Aufschwung weiterhin verzögern. Hinzu kommen die rasant steigenden Preise für Energie und Rohstoffe, die durch den Krieg in der Ukraine weiteren Schub erhalten.“ Es sei absehbar, dass Unternehmen nicht umhinkommen, die Preissteigerungen im Einkauf an die Kunden weiterzugeben. Der Hauptgeschäftsführer weiter: „Die Europäische Zentralbank muss verhindern, dass es zu einer gefährlichen Lohn-Preis-Spirale kommt.“
Im zurückliegenden Jahr waren die Lieferengpässe besonders gravierend für das Produzierende Gewerbe. Eine Umfrage der Handelskammer ergab, dass 38 Prozent dieser Unternehmen von Produktionsausfällen betroffen waren. Insgesamt lag der Industrieumsatz im Land Bremen im Jahr 2021 auf dem Niveau des Vorjahres und damit weiterhin um knapp -22 Prozent unter dem Ergebnis des Vorkrisenjahres.
Insbesondere die stark von den Einschränkungen betroffenen Bereiche wie Gastronomie, Tourismus- und Veranstaltungswirtschaft sowie Teile des Einzelhandels mussten starke Rückschläge verkraften. So hatte die Gastronomie in der Umsatzentwicklung ein Minus von -10,2 Prozent. Etwas besser zeigte sich die Situation in der Hotellerie mit einem Zuwachs um +15,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Allerdings lag der Umsatzeinbruch im Vorjahr bei -51,5 Prozent. In einzelnen Bereichen des Einzelhandels gingen die Umsätze um knapp 20 Prozent zurück, so zum Beispiel in den Ladengeschäften der Fachhändler für IT-, Kommunikations- und Unterhaltungselektronik.
Erfreulicher zeigte sich die Entwicklung in den bremischen Häfen. Trotz der massiven Störung der internationalen Logistikketten legte der Güterumschlag im Jahr 2021 um +4,8 Prozent zu und übertraf sogar das Vorkrisenjahr um +0,4 Prozent. Der Umschlag im Containerverkehr stieg um +5,2 Prozent und lag damit um 3,3 Prozent über dem Niveau von 2019.
Erfreulich robust erwies sich in der Pandemie der Arbeitsmarkt. Nach einem nur leichten Rückgang der Beschäftigung im Jahr 2020 stieg 2021 die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs bis Ende Juni um +1,2 Prozent. Der Beschäftigungsstand lag damit sogar um +0,7 Prozent über dem Vorkrisenniveau. Die Zahl der Arbeitslosen ging im Land Bremen im Dezember 2021 im Vergleich zum Vorjahresmonat um -11,4 Prozent zurück, die Arbeitslosenquote sank im selben Zeitraum um -1,2 Prozentpunkte auf 9,9 Prozent und lag damit nur knapp über der Quote des entsprechenden Vorkrisenzeitraums.
Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger: „Dieses Zahlen machen deutlich, wie gut in der Pandemie die Wirtschaftshilfen und das Instrument der Kurzarbeit gegriffen haben. Es wird jetzt aber wichtig sein, dass wir möglichst bald wieder in einen normalen Zustand übergehen. Staatliche Unterstützung darf nicht zu einem dauerhaften Instrument werden.“
Den vollständigen „Jahresbericht 2021“ finden Sie im Anhang und im Internet unter www.handelskammer-bremen.de/jb2021.
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