„Es ist nicht überall so düster, wie es scheinen mag“

Die Zeiten für Anleger bleiben herausfordernd: Die Corona-Pandemie ist noch nicht ausgestanden, die Inflationsraten erreichen neue Höhen, die globale Zinswende ist ausgehend von den USA eingeleitet, gleichzeitig verdüstert der Krieg in der Ukraine die Konjunkturaussichten insbesondere für Europa. „Das aktuelle Umfeld ist von hoher Unsicherheit geprägt“, sagt Carsten Gerlinger, Managing Director und Head of Asset Management bei Moventum AM. „Dennoch ist die Situation nicht überall so düster, wie sie scheinen mag.“

Noch vor Kurzem bewegte sich die Weltwirtschaft wieder in Richtung Normalität: Die vierte Covid-Welle schien allmählich überwunden, die Verspannungen in den Lieferketten lösten sich und es wurde ein anhaltend kräftiges Wachstum bei schrittweise abflauender Inflation erwartet. Mit der russischen Invasion in die Ukraine kommen nun neue Belastungen: „Es droht eine deutliche Abschwächung der Weltwirtschaft bei hohen Inflationsgefahren – Stichwort Stagflation – bis hin zu einer Rezession“, sagt Gerlinger.

„Durch den Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Auswirkungen erwarten wir für die kommenden drei Monate eine anhaltende Verunsicherung der Aktienmärkte“, sagt Gerlinger. Hierbei ist Europa stärker betroffen als andere Regionen. Aufgrund der Nähe zu Russland und den starken wirtschaftlichen Verflechtungen leidet der Kontinent unter dem Energie- beziehungsweise Rohstoffpreisanstieg. Es ist zu erwarten, dass der ökonomische Schaden in Europa am stärksten ist. „Wir reduzieren Europa von Über- auf Untergewichtung“, so Gerlingers Fazit.

Innerhalb Europas bleibt der britische Aktienmarkt attraktiv. In den vergangenen Jahren ist er deutlich zurückgeblieben. Aufgrund seiner Indexschwergewichte – Banken, Healthcare und Rohstoffe – zeigen sich hier nun aber große Chancen: Banken profitieren von steigenden Zinsen. Healthcare ist eine defensive und konjunkturunabhängige Branche und bietet Aufholmöglichkeiten. Und in Bezug auf Rohstoffe ist festzustellen, dass der britische Aktienmarkt mittlerweile ein höheres Rohstoffproxy aufweist als die Emerging Markets. „Daher gewichten wir UK-Aktien nun leicht über“, erklärt Gerlinger.

Die Vereinigten Staaten wiederum liegen weit vom Kriegsgeschehen entfernt, ihre Wirtschaft dürfte unter dem Konflikt weniger leiden als die Europas. Im ersten Halbjahr 2022 sollte die US-Wirtschaft noch genügend positiven Rückenwind haben. Die Unternehmensgewinne weisen größtenteils immer noch eine erfreulich stabile, aufwärtsgerichtete Entwicklung auf. Die US-Notenbank hat im März zwar ihren ersten Zinsschritt nach oben vollzogen und weitere fortlaufende Zinserhöhungen angekündigt. Doch sollten diese Schritte mittlerweile in den Aktienkursen größtenteils eskomptiert sein. Selbst Growth-Werte, welche in den vergangenen Monaten deutlich unter dem Renditeanstieg litten, hatten sich zuletzt stabilisiert. „Insgesamt“, schließt Gerlinger, „bleiben US-Aktien im Vergleich zwar hoch bewertet. Wir halten sie aber dennoch weiter für attraktiv, nicht zuletzt vor dem Hintergrund anhaltend positiver Unternehmensdaten und einem erfreulichen Gewinnwachstum.“

Die Emerging Markets werden ebenfalls weniger stark vom Ukraine-Krieg belastet. Zwar ist für Russland eine scharfe Rezession zu erwarten. Das Land spielt jedoch im Schwellenländerindex MSCI-EM mit einer Gewichtung von rund drei Prozent eine untergeordnete Rolle. Emerging Markets haben sich in den vergangenen Wochen deutlich stabilisiert und konnten zuletzt aufgrund ihres Rohstoffproxys outperformen. „Wir erwarten mindestens stabile Rohstoffpreise und erhöhen unsere Gewichtung in den Emerging Markets auf neutral“, so Gerlinger. „Aufgrund der verbesserten wirtschaftlichen Situation in Asien und der Rohstofflastigkeit Südamerikas stufen wir diese beiden Regionen als attraktiv ein.“

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