Die deutsche Autorin, die in Kanada lebt, hat mit Sierra Clara ihren zweiten Roman über Frauenschicksale unserer Zeit geschrieben. Ihre sensible Heldin Clara entwickelt schon als Kind ein Gespür für das, was in den Köpfen der Menschen vorgeht, die ihr und ihrer Mutter begegnen. . Während man Höhen und Tiefen mit Clara durchlebt, schlüpft man als Leser*in regelrecht in ihre Haut, von der ihre Mutter sagt, sie sei „wie Kakao mit Milch und Honig“. Als Flugbegleiterin liebt Clara es, Horizonte zu überqueren, und das auch im übertragenen Sinne. Sie entlarvt die Unterschiede, die wir zwischen den Menschen sehen, als reines Produkt unserer Angst.
Anfang der neunziger Jahre siedeln sich Clara und ihre alleinstehende Mutter Sabine in einem Allgäuer Dorf an. Karin Eger, die selbst im Allgäu gelebt hat, verleiht dem alpinen Idyll eine heilende Oberfläche, doch darunter bilden sich die Machtstrukturen ab. Männer geben die Moral vor. Sie nehmen sich Übergriffe auf weibliche Körper heraus, nur um die Frauen dann zu beschämen. Im Erwachsenenalter findet Clara heraus, dass sie genau dieser traurigen Tradition entspringt, die ihre Fäden über die Weltmeere spannt.
Aufgewachsen in einer Unternehmerfamilie mit einem Vater, der auf seinen Erfolg fokussiert und für sie unerreichbar war, hat Karin Eger in ihrem Leben immer wieder mit Gefühlen der Wertlosigkeit zu kämpfen gehabt. Sich in eine Schwarze Frau zu versetzen war wie ein Multiplikator ihres eigenen Erlebens, dem Gefangensein zwischen Wänden von Glaubenssätzen, die das patriarchalische Konzept unserer Welt stärken. Clara gelingt es, das zu durchschauen, und sich zumindest aus dem inneren Käfig zu befreien.
Eine der Lektorinnen des Romans, Anne Paulsen, empfand die Darstellung, wie Frauen in die Vorstellungen der Gesellschaft gepresst werden, als „so treffend, dass es schmerzt“. Die 18-Jährige Sameya Moro, die das Manuskript aus der Sicht einer Schwarzen jungen Frau gegengelesen hat, die ebenfalls in Bayern aufgewachsen ist, erkannte ihre eigenen Erlebnisse von Ausgrenzung wieder. Sie hält den Roman Sierra Clara für aktueller denn je.
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