Die vergessenen Nichtwähler: Ein Rückblick auf die Landtagswahl im Saarland

Bei den ersten Analysen und Kommentaren zum Ausgang der Landtagswahl im Saarland wurden die Nichtwähler wie so oft nicht berücksichtigt. Dabei überstieg der Anteil der Nichtwähler (einschließlich der ungültigen Stimmen) mit 39,4 Prozent den Wähleranteil der als großer Wahlsieger gefeierten SPD mit 26,4 Prozent (bezogen auf alle Wahlberechtigten) deutlich.

Im Vergleich zur Bundestagswahl im September letzten Jahres stieg die Zahl der Nichtwähler (einschließlich der ungültigen Stimmen) um über 63 Prozent von 181.555 auf 293.897. Während die „Partei der Nichtwähler“ im Vergleich zur Bundestagswahl einen großen Anstieg zu verzeichnen hatte, erhielten alle anderen Parteien bei der Landtagswahl weniger Stimmen als bei der Wahl im September letzten Jahres.: Die Linke erhielt 29.411 Stimmen weniger (ein Wählerschwund von 70,4 % innerhalb eines halben Jahres), die FDP 44.327 (ein Minus von 66,7 %) und die AfD 31.911 (ein Wählerrückgang von 55,3 %). Und die sonstigen kleinen Parteien büßten 10.426 Stimmen (ein Rückgang um 17,8 %).

Aber auch der Wahlsieger SPD konnte nicht alle Wähler vom September letzten Jahres wieder dazu bewegen, bei der Landtagswahl ihre Stimme den Sozialdemokraten an der Saar zugeben: Die SPD erhielt im März 16.978 Stimmen weniger als im September (ein Mobilisierungsdefizit von 6,7 %). Am geringsten war der Stimmenrückgang noch bei der CDU mit einem Minus von 5.978 Stimmen (ein prozentualer Rückgang von 3,4 %) – und das trotz der geringen Sympathien des abgewählten Ministerpräsidenten Tobias Hans und des Sympathiebonus‘ von Anke Rehlinger. Daher dürfte es ein Fehler der Bundes-CDU gewesen sein, die Saar-CDU im Wahlkampf nicht offensiv zu unterstützen.

Dass die SPD bei der Landtagswahl weniger Stimmen als bei der Bundestagswahl erhalten hat, ist auch deshalb erstaunlich, weil im Saarland die Spaltung des linken Wählerlagers in die SPD und eine wegen der Beliebtheit von Oskar Lafontaine im Saarland extrem starken Linke aufgrund der inzwischen eingetretenen Schwäche der Linke überwunden wurde. Doch auch der Anteil des gesamten „linken“ Wählerlagers (einschließlich der Grünen) ist zwischen September 2021 und März 2022 von 33.7 Prozent (bezogen auf alle Wahlberechtigten) um 8 Prozent auf 31 Prozent geschrumpft. Insgesamt ist das „linke“ Wählerlager aus SPD, Linke und Grünen an der Saar bei dieser Landtagswahl – mit Ausnahme der Landtagswahl 2004 – so schwach wie noch bei keiner Bundestags- oder Landtagswahl seit 1983. Aber auch das „bürgerliche“ Wählerlager aus CDU und FDP ist bislang bei noch keiner Wahl so schwach gewesen wie bei dieser Landtagwahl, bei der nur noch 20 von 100 Wahlberechtigten der CDU oder der FDP ihre Stimme gegeben haben. Auch die früheren Wähler der CDU, die bei der Bundestagwahl aus Frust über den Kanzlerkandidaten der Union der FDP ihre Stimme gegeben hatten, sind nicht wieder zur CDU zurückgekehrt, sondern dürften ins Lager der Nichtwähler abgewandert sein und haben somit entscheidend zur Schwächung des bürgerlichen Wählerlagers beigetragen.

Das Ergebnis der Wahl im Saarland dürfte – abgesehen von der geringen Größe des Landes – auch aufgrund der weiteren Schwächung nicht nur des bürgerlichen, sondern trotz des Regierungswechsels im Land auch des linken Wählerlagers keinerlei Signalwirkung auf die kommenden Landtagwahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen mit völlig anders gelagerten Rahmenbedingen vor Ort haben.

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