Seit September 2020 ist in der BG Unfallklinik Murnau ein sogenanntes VEMO-System mit insgesamt fünf Intensivbetten im Einsatz. VEMO ist die Abkürzung für Very Early Mobilization. Dieses innovative robotische Assistenzsystem wird zur Mobilisierung der Patientinnen und Patienten eingesetzt, und zwar bereits auf der Intensivstation. Dank des Systems können kritisch-kranke, darunter auch beatmete Patientinnen und Patienten, ganz nach ihrer individuellen Konstitution therapiert werden. Dabei werden sie bis zu 70° aufgerichtet und die Beine – unterstützt mit künstlicher Intelligenz – bewegt.
Das Besondere ist, dass die Mobilisierung ohne aufwändige Umlagerung direkt im Patientenbett stattfindet und von ein bis zwei Personen initiiert werden kann. Gefährliche und aufwändige Transfers von Schwerstbetroffenen auf separate Therapiegeräte können so vermieden werden. Auch das Verletzungsrisiko von Pflegefachkräften sowie Therapeutinnen und Therapeuten wird reduziert, da ihre körperlich anstrengende Arbeit vom System unterstützt wird.
Die Therapie wird also direkt ins Patientenbett gebracht und konnte in einem speziellen Fall sogar bei einem schwerkranken Covid-19-Patienten eingesetzt werden, der künstlich beatmet und über Wochen an der ECMO* angeschlossen war. Anfang November 2021 infizierte sich der Patient – ein sportlicher, ungeimpfter 53-jähriger Mann – mit dem Corona-Virus und erkrankte rasch an einer Covid-19-Pneumonie. Ende November 2021 wurde durch eine Verschlechterung der Atmungssituation die Intubation und künstliche Beatmung notwendig. Die Lunge war derart stark geschädigt, dass ein Lungenversagen eintrat und eine ECMO-Therapie notwendig wurde. Deswegen wurde der Patient Anfang Dezember 2021 aus einem anderen Krankenhaus in das Intensivzentrum der BG Unfallklinik Murnau verlegt.
Sowohl durch die Schwere als auch durch die Dauer der Erkrankung verlor der Patient einen großen Teil seiner Muskelmasse und es bildete sich eine gravierende ICU-Acquired-Weakness (ICUAW) aus. Das bedeutet, der Patient konnte sich nicht mehr selbst bewegen, weder Beine noch Arme und Hände. In diesem Zustand wurde Ende Dezember mit der Mobilisierung mit Unterstützung des VEMO-Systems begonnen. Die Therapie wurde täglich für etwa 30 Minuten durchgeführt, wobei der Patient eine Gesamtanzahl von ca. 1000 Schritten erreichte. Bereits nach wenigen Therapien stabilisierte sich die Lungenfunktion und der Patient konnte Anfang Januar 2022 von der ECMO entwöhnt werden. Die ICUAW bildete sich zurück und mittlerweile wagt der Patient schon die ersten Stehversuch vor dem Krankenbett. Eine herkömmliche Mobilisation in dieser Situation mit künstlicher Beatmung und ECMO-Therapie ist nur durch einen extrem hohen Personaleinsatz möglich. Mit dem Einsatz des VEMO-Roboters kann den Patientinnen und Patienten bereits in einer sehr frühen Phase der Rehabilitation eine hervorragende Mobilisation angeboten werden. Das ist gerade im Hinblick auf den langfristigen Behandlungserfolg und die spätere berufliche Wiedereingliederung von Bedeutung.
Der Patient, seine Angehörigen und das ganze Team der Intensivstation sind erleichtert über die Genesungsfortschritte. Der Einsatz innovativer Behandlungsmethoden bewährt sich seit fast 70 Jahren an der BG Unfallklinik Murnau und wird auch in Zukunft zur bestmöglichen Versorgung von mehrfach- und schwerstverletzten Patientinnen und Patienten zum Einsatz kommen.
*ECMO steht für Extrakorporale Membranoxygenierung = Lungenersatzverfahren
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