„Wale leiden unter dem Einfluss der Menschen auf das Meer. Sowohl in den Gebieten, in denen sie fressen, sich paaren, gebären und ihre Jungen aufziehen als auch auf ihren Wanderwegen dazwischen sind Wale wachsenden Gefahren ausgesetzt. Durch die industrielle Fischerei, Schiffskollisionen, Schadstoff-, Plastik- und Lärmbelastung, Lebensraumverlust und die Klimakrise werden ihre Wanderwege zu tödlichen Hindernisparcours. Oft sind Wale mehrfachen Bedrohungen ausgesetzt, die negativen Effekte summieren sich und lassen sich nicht getrennt voneinander betrachten“, erklärt Heike Zidowitz, Expertin für den Schutz mariner Arten beim WWF Deutschland. „Die tödlichste Gefahr ist der Beifang in Fischereigeräten, wodurch jedes Jahr schätzungsweise 300.000 Wale, Delfine und Schweinswale sterben.“
Der zusätzliche Druck, den menschliche Aktivitäten im Meer erzeugen, schmälert den Erfolg jahrzehntelanger Schutzmaßnahmen nach dem Ende des Walfangs. Heute gelten sechs der 13 großen Walarten als gefährdet oder stark gefährdet. Zu den am stärksten betroffenen Populationen gehört der vom Aussterben bedrohte Nordatlantische Glattwal, eine Art, die zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten wandert. Ihr Bestand ist mit nur 336 Exemplaren auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren. Schätzungen zufolge verfangen sich 86 Prozent der n. Schon ein einziger Todesfall gefährdet das Überleben dieser Population. Zwischen 2017 und 2021 starben 34 Nordatlantische Glattwale vor den Küsten Kanadas und der Vereinigten Staaten durch Schiffskollisionen und Verfangen in Fischereigeräten.
„Der Bericht enthält einige der bisher umfassendsten Daten über die großräumigen Bewegungen von Walen durch die Weltmeere. Er zeigt uns, dass wir dringend handeln müssen, bevor Arten wie der Nordatlantischen Glattwal vor unseren Augen für immer von der Erde verschwinden. Die Daten liefern uns die nötige wissenschaftliche Grundlage, um wichtige Maßnahmen und nötige Entscheidungen zu ihrem Schutz zu identifizieren und einen Verbund von Schutzgebieten zu schaffen, sodass Wale ungestörter leben können“, erläutert Heike Zidowitz. Dafür braucht es dringend ein neues Konzept mit verstärkter Zusammenarbeit und Ressourcen von nationalen Regierungen, internationalen Organisationen, lokalen Gemeinschaften, der Industrie und Naturschutzorganisationen. Der WWF fordert außerdem, dass der Schutz der Wale Priorität bei den Vereinten Nationen bekommt, die im März 2022 die Verhandlungen über einen neuen Vertrag für die Hohe See abschließen.
Am Ende nutzt der Schutz der Wanderwege nicht nur den Walen. Die Tiere spielen eine entscheidende Rolle für die Gesundheit der Ozeane und unseres globalen Klimas – ein Wal bindet die gleiche Menge an Kohlenstoff wie Tausende von Bäumen. Mit ihren Ausscheidungen unterstützen sie das Wachstum von Phytoplankton, das CO2 bindet und Sauerstoff produziert. „Die menschengemachte Desaster in den Meeren bedroht nicht nur die biologische Vielfalt, sondern damit auch unsere Zukunft auf diesem Planeten“, fasst Heike Zidowitz zusammen.
Hintergrund:
• Zu den sechs bedrohten Großwalarten gehören Finn- und Pottwal (beide laut Roter Liste Status “gefährdet”), Blau-, Sei- und Nordpazifischer Glattwal (alle “stark gefährdet”) und der Nordatlantische Glattwal (“vom Aussterben bedroht”)
• 2500 Pottwale leben im Mittelmeer insgesamt, 200-250 davon im östl. Mittelmeer. Im östlichen Mittelmeer sind die Wale durch Schiffsunfälle besonders bedroht – bis zu 50 Prozent der gestrandeten Pottwale haben Narben von Schiffsschrauben oder Schiffen.
• 347 besenderte Buckelwale durchquerten auf ihren Wanderungen nationale Gewässer von 28 Ländern, bei mehr als der Hälfte der Ortungen hielten sich die Tiere in internationalen Gewässern auf. 18.942 Kilometer legte ein einzelner Buckelwal innerhalb von 265 Tagen zurück. Er wanderte von den antarktischen Nahrungsgründen vor die Küsten Kolumbiens, wo die Jungtiere geboren werden.
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